Down oder out - Hauptsache richtig

03.04.1992

Die IBM geht bei OS/2 auf das Avon-Beraterprinzip über: Jeder Big-Blue-Mitarbeiter soll das PC-Betriebssystem seinem Nachbarn über den Gartenzaun verkaufen - als ob es ums schiere Überleben ginge (Seite 4). Welch ein Kontrast: Nicht, daß vielen Alt-IBMern das OS/2-Schicksal wirklich unter die Haut ginge - dafür verstehen sie zuwenig vom PC-Geschäft, korrekt: Sie wollen es nicht verstehen - , aber wie viele ES/9000-Großrechner heuer ausgeliefert wurden, darüber bekommt man von dem Mainframe-Marktführer nur vage Aussagen. Zufriedenstellend wird die Shipment-Rate nicht gewesen sein, wir tippen auf "beängstigend gering" - gemeint ist: Angst verbreitend unter den Großrechner-VBs. Daß die IBM bestimmte 3090-Aufrüstungen ab Herbst '92 aus dem Vertrieb nimmt, um den Kunden die Migration auf die Nachfolgesysteme ES/9000 nahezulegen (Seite 1), mag als Hinweis genügen. Müßig wäre es auch, über die Abhängigkeit der IBM-Großkunden von der /370-Systemsoftware zu lamentieren, müßig schon allein deshalb, weil offenbar kein Leidensdruck da ist.

Ein Mann wie Suns Scott McNealy schert sich wenig darum, was in den Köpfen der IBM-Oberen vorgeht. Nicht Leidensdruck ist sein Marketing-Thema, sondern Spaß - Spaß am Workgroup Computing, etwas, das die Mainframes nicht verstehen. In diesem Punkt versteht auch McNealys Kompagnon Andreas von Bechtolsheim keinen Spaß: "Den möchte ich sehen, der heute noch rechtfertigen kann, einen Mainframe zu kaufen - das ist eine sehr, sehr kostspielige Entscheidung."

Natürlich könnte McNealy und von Bechtolsheim ("Den möchte ich sehen ...") geholfen werden, doch sie lehnen jede Hilfe ab. Warum soll man dem Kunden "Magic MIPS" verkaufen, fragen sie, wenn es mit exzellenten und preiswerten Produkten auch geht, in einem Open-Systems Markt, versteht sich, in dem Leistung zählt, weil sie vergleichbar wird. Herstellervereinigungen? Fusionen? Strategische Allianzen? Augenwischerei, findet McNealy. "Bestellungen der Kunden sind mir die liebsten Partnerschaften" - so seine Devise.

Sun profitiert vom Downsizing, wie IBMs Mainframe Mountain vom Workstation-Wasser ausgewaschen wird: Noch ist Rightsizing, wie Sun es nennt, ein Nullsummenspiel - für die Mitarbeiter der Mainframer ein schwacher Trost. Ihre Unternehmen sind überbewertet, etliche tausend Leute zuviel an Bord, so das traurige Fazit. Outsourcing bekommt vor diesem Hintergrund einen bitteren Beigeschmack. Es ist ja nahezu ausschließlich die /370-Welt betroffen. Es wäre indes töricht, darin nur ein Problem der IBM zu sehen. Wie die Downsizing-Aufgabe (McNealy: die große Herausforderung) bewältigt werden kann, dafür hat auch der Sun-Chef keine Patentrezepte (Seite 7).