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Douglas Burgum spricht über ERP und CRM

26.03.2004
Der frühere Great-Plains-Chef und heutige Senior Vice President von Microsoft und dort Chef des Bereichs Microsoft Business Solutions (MBS) stand unseren Kollegen von der "Computerworld" am Rande der Hausmesse Convergence 2004 in Kissimmee, Florida, Rede und Antwort zur Zukunft der vier vom Redmonder Konzern aufgekauften ERP-Produktlinien sowie der hauseigenen CRM-Software.

CW: Können Sie uns einen Anhaltspunkt geben, wie groß Microsoft im Vergleich zu Wettbewerbern wie SAP und Peoplesoft ist?

BURGUM: Wir sind sicher im Wachstumsmodus, und unserer Position würde ich nicht im Vergleich zum Wettbewerb abstecken. Das meiste Geschäft machen wir heute mit kleinen und mittleren Kunden, und die von ihnen erwähnten Anbieter zielen auf Großkunden. Unsere Wettbewerber finden sich hauptsächlich im stark fragmentieren Small- und Midmarket, wo wir besonders stark sind und unsere Marktstellung ausbauen.

Firmen wie Siebel und SAP bewegen sich jedoch in diesen Bereich. In diesem Markt agiert Great Plains seit über 20 Jahren, und die Enterprise-Player steigen gerade erst ein. Sie versuchen sich als Neueinsteiger in einem Segment, wo wir längst Channel-Partnerschaft etabliert, eine große installierte Basis, viele ISVs (Independent Software Vendors) und für diesen Markt optimierte Produkte haben.

CW: Bieten Sie, so wie Siebel, auch gehostete CRM-Lösungen an?

BURGUM: Wir arbeiten im Hosting-Bereich seit einiger Zeit lang mit Surebridge zusammen. So etwas wollen aber nicht 100 Prozent des Marktes. Die Kunden, die CRM selbst betreiben wollen, sind deutlich in der Mehrheit.

CW: Wird sich die Verspätung von Longhorn auf Ihre Produktentwicklung auswirken?

BURGUM: Ja, das beeinflusst unsere Planung. Wir greifen auf die Neuerungen in Longhorn zurück. Wichtig ist aber, es von der Veröffentlichung von "Green" [Codename für Microsofts nächste Generation von Unternehmenssoftware] abzukoppeln. Wir werden auf den Schultern von Longhorn stehen, das eine neue Benutzerschnittstelle, ein neues Dateisystem und alle Vorteile eines neuen Betriebssystems bringt. Darauf setzen wir auf, und wir können alle Tools aus Longhorn Visual Studio und das .NET-Tool-System nutzen.

Ein Bereich für Verbesserungen wird die Möglichkeit sein, schnelle Anpassungen auf Kundenebene vorzunehmen und diese Veränderungen gleichzeitig in neue Produktversionen zu übernehmen. Das ist so eine Art "Heiliger Gral". Außerdem wird das Error-Reporting-Tool "Dr. Watson" in Green eingebaut, aber auch in die vorhandenen Versionen von Solomon und Axapta.

Kunden-Feedback in Echtzeit und deutlich verbesserte Möglichkeiten zum Customizing sollten für die Anwender in geringeren Kosten resultieren. Wenn Sie heute ein System haben, das Druck und Rechnungslegung erledigt, verbringt der Kunde 80 Prozent seiner Zeit mit den 20 Prozent der Transaktionen, die Sonderfälle darstellen. Wir wollen den kleinen und mittleren Anwendern helfen, intelligente Workflows in der realen Welt der Prozesse zu wirklich geringen Kosten zu erzielen.

In punkto Green gibt es ein weit verbreitetes Missverständnis, nämlich dass unsere wirtschaftliche Zukunft darin besteht, die bestehenden Produktlinien abzulösen. In Wirklichkeit befinden sich aber ausgereifte ERP-Produkte an ihrem profitabelsten Punkt. Wir stehen voll hinter unseren bestehenden Lösungen und wollen unsere Kunden nicht zum Umstieg auf Green nötigen.

Wir versuchen nicht, diese Produkte zu Green zu machen, sondern den Anwendern eine Option mit gesicherter Zukunft zu bieten. Und wenn neue Kunden am Ende eines Jahrzehnts ein schickes neues Green-Ding wollen, dann können sie das haben. Die Anwender werden zehn Jahre Zeit haben, sich für die Migration zu entscheiden, und wenn sie das tun, soll der Migrationspfad so einfach wie möglich sein. Es gibt keine Zwänge. Es wird irgendwann ein Green geben, aber das wird nicht ein einziges Produkt sein.

Hat Oracles Versuch, Peoplesoft zu übernehmen, Sie beeinflusst?

BURGUM: Das ist für uns kein Thema.

CW: Seit rund einem Jahr sind Sie im CRM-Markt aktiv. Wie ist der Stand der Dinge?

BURGUM: Was die Kundenseite angeht hervorragend. Wir haben 1400 Kunden gewonnen, und wenn Sie den Midmarket kennen, das Produkt setzt Active Directory und Exchange Server voraus, ist der Vertrieb eine komplexe Angelegenheit. Hinsichtlich der Akzeptanzkurve haben wir ein gutes Gefühl. Version 1 war eine neue Codebasis, neue Technik mit tollen Möglichkeiten, und der Erstling war bereits stark und stabil. Version 1.2 [auf diesem Stand startete die in Deutschland verkaufte Version] ist kein kleines Update, sondern das Ergebnis von einem Jahr Entwicklung. Stabilität und Leistung wurden nochmals verbessert. Wir arbeiten hart an der Version 2.0, die in einem Jahr herauskommt, und denken, wir sind auf dem richtigen Weg.

CW: Können Sie etwas zum Thema Integration sagen?

BURGUM: Die Branche kann einen besseren Job machen, was das Zusammenspiel und die Integration verschiedener Produkte angeht. Vor allem bei Geschäftsanwendungen, wo viele Kunden noch nach dem Kauf so hohe Kosten haben, dass es schwer ist, damit einen Return on Investment zu erzielen. Eine Richtung unserer Forschung und Entwicklung ist deshalb, die Produkte besser interoperabel zu gestalten und schon "out of the box" eine intuitive Schnittstelle und engere Verzahnung zu bieten.

Wir bekommen von unseren Kunden starkes Feedback: Sie wollen, dass wir mehr aus dem herausholen, was wir bereits haben, anstatt mehr Funktionalität hinzuzufügen. Das wollen wir in jedem Fall adressieren.

Die Fragen stellte Marc Songini. Übersetzung (tc)