Probleme lassen sich nur durch konzertierte Aktion der Notenbanken lösen:

Dollarkapriolen und kein Ende in Sicht

08.03.1985

MÜNCHEN (aw) - Wer sein Geld in den vergangenen drei Jahren in US-Dollar angelegt hatte, mußte sich in den zurückliegenden Wochen an Dollarkapriolen gewöhnen. Vermögensverwalter und Anlageberater verfielen je nach Disposition in Freudentaumel oder Depression.

Mittlerweile hat der Dollar jedem - den Baissiers und den Haussiers - recht gegeben. Nach dem Rekordniveau von 3,478 Mark rutschte die US-Währung an einem Tag in der Spitze um 20 Pfennig. Die Bundesbank intervenierte mit Hilfe der US-Notenbank massiv. Erstmals mischten sich die amerikanischen Wahrungshüter spürbar ein. Dies trotz zuvor anderslautender Absichtserklärungen des US-Präsidenten Ronald Reagan.

Bei einem täglichen Devisenhandelsvolumen von etwa 100 Milliarden Dollar ist diese Wahrung durch Entscheidungen der Frankfurter Bundesbank nicht dauerhaft zu beeinflussen. So unterhält die Bundesbank lediglich Reserven von elf Milliarden Dollar, die noch fünf Jahre reichen sollen. Nur die Hilfe des Federal Reserve Board (US-Notenbank) hat nach wochenlanger überschäumender Euphorie für den Dollar zu der scharfen Abwärtsreaktion führen können.

Aufgrund des großen Optimismus für die US-Wahrung haben auch jene gekauft, die bisher nicht an einen weiteren Aufstieg glauben wollten. Die Intervention der Notenbanken traf daher auf "übergekaufte Märkte". Die Dollar wurden auf den Markt geworfen, als die Käufer befriedigt waren.

Dollarhausse gefährdet Existenz der Farmer

Fundamental begründbares Interesse an einem Dollarkurs unter 3,50 Mark haben die USA durchaus. Die Existenz der amerikanischen Farmer ist gefährdet. Wirtschaftlich und politisch wichtiger als der Export von Industriegütern ist die Ausfuhr von Agrarprodukten aus den USA. Die US-Wirtschaft verzeichnete einen Zuwachs des Bruttosozialprodukts im vierten Quartal 1984 von 4,9 Prozent. Und dies trotz des hohen Dollarkurses.

Die Konjunktur in den USA funktioniert ohne ausländische Nachfrage. Anders sieht es im Agrarbereich aus. Stark gewachsene Verschuldung der Farmer bei stark gesunkenen Farmlandpreisen und Erträgen (Deflation, aber auch Notverkäufe) führt zu einer wachsenden wirtschaftlichen Anspannung der US-Farmer. Der Transportwegenachteil der europäischen Landwirte ist durch den Wechselkursvorteil ausgeglichen.

Bei einem Dollar, der sich dauerhaft bei 3,50 Mark oder höher einpendelt, könnte sich die EG im Agrarbereich bei aggressivem Marketing ohne Staatshilfe sanieren. Die Konsequenzen für die US-Regierung wären nicht zu übersehen. Eine weitere Verschärfung des Verteilungskampfes in den Agrargebieten zöge katastrophale politische Folgen nach sich.

Was in den nächsten Tagen geschehen wird, läßt sich heute nur schwer voraussagen. Die Chance der Notenbanken, verunsicherte Anleger und Spekulanten durch ein erneutes Wechselbad zu Verkäufen des Dollars zu treiben, könnte durchaus genutzt werden. Der US-Dollar wird sich aber per Saldo zwischen 3,15 und 3,35 halten.

1978 begann eine Konsolidierungsphase. Sie dauerte zweieinhalb Jahre. Auch diesmal wird die Trendumkehr nicht von heute auf morgen erfolgen.