One-Stop Shopping Center für DDP-Systeme:

Distributed Processing: IBM legt höheren Gang ein

29.06.1979

MÜNCHEN (CW) - Spät, vielleicht sogar zu spät hat IBM die Chance erkannt, die im Distributed Processing (DDP)-Geschäft liegt. Dieses Resümee zieht IDC aus einer Beobachtung des US-Marktes. Jetzt versuche der Marktführer, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Sein Rezept: Allen alles bieten und dabei die Schlagkraft der hauseigenen Marketing-Organisation nutzen. Die IDC-Marktforscher kommen zu einer zurückhaltenden Beurteilung des IBM-Vorhabens. Hier die leicht gekürzte Übersetzung des IDC-Berichtes:

Während der zurückliegenden Jahre hatte der Distributed Data Processing-Markt stetige Zunahmen zu verzeichnen. Noch 1975 belief sich der Installationswert solcher Anlagen, die auf dem DDP-Sektor eingesetzt waren, auf rund 50 Millionen Dollar. Ende 1978 war dieser Wert auf über 1,1 Milliarden Dollar gestiegen.

Dieser rasche Erfolg ist hauptsächlich auf die Anstrengungen der Minicomputer-Hersteller zurückzuführen. Den Zugang zum Markt verschafften sie sich, indem sie Problemlösungen anboten, und als dann viele Anwender bei sich den Bedarf entdeckten, einige Arbeiten auf kleinere Rechner zu verlagern, standen die Minis bereit. Die Mini-Anbieter hatten taugliche Systeme zum richtigen Zeitpunkt parat: Und dies verhalf der dezentralen Datenverarbeitung zu einem gelungenen Start.

Distributed Processing lange verschmäht

Während der Minicomputer-, Terminal-, sogar die Small Business-Computerhersteller mit Nachdruck darangingen, den ganzen DDP-Bereich zu durchdringen, hielt IBM sich deutlich zurück. Erst im Oktober 1978, Jahre nachdem andere Hersteller bereits erfolgreich DDP-Netzwerke implementierten, kündigte IBM mit der Serie 8100 seinen Einstieg in diesem Markt an; inzwischen steht IBM schon mitten drin. Längst hatte Distributed Processing sich etabliert und war weiterhin bei den Anwendern "angekommen". Tatsächlich hatte IBM die Worte "Distributed Processing" bis zur Ankündigung der 8100 öffentlich nie verwendet.

Zugegeben, einige IBM-Produkte waren auch schon zu diesem Zeitpunkt in DDP-Systemen eingesetzt; dies war jedoch nicht so, weil IBM sie als solche offerierte; vielmehr entschieden Anwender sich für eine derartige Implementierung.

Aufgrund von IBMs passiver Rolle haben heute die Minicomputer-Hersteller, in zweiter Linie auch die Terminal- und Small Business-Computerproduzenten den Löwenanteil an installierten DDP-Systemen. Gleichwohl ist IBM dabei, verlorene Zeit aufzuholen, und hat schon zu erkennen gegeben, daß es auf DDP-Gebiet zu den marktbestimmenden Größen gehören will - auch wenn dies vielleicht unter dem IBM-Begriff "Cooperative Network Processing" läuft.

Doppelstrategie

Interessant zu beobachten war das Ausmaß, in dem es zwischen der Data Processing Division und der General Systems Division von IBM zu Überschneidungen am DDP-Markt kam. Ursprünglich widmete die Data Processing Division sich dem größeren Anwender, während die General Systems Division sich auf kleinere Kunden konzentrierte. Mit der Zeit aber verwischten sich die Grenzen zwischen den EDV-Anlagen für die potentiellen Kunden beider Geschäftsbereiche mehr und mehr.

Die Data Processing Division brachte das System 8100 und die 4300-Familie; die General Systems Division offerierte das System /38 und lockte mit Mengenrabatten für Serie /1-Rechner. Indem jedes dieser vier Produkte auf eine spezifische Aufgabenstellung ausgerichtet ist, bietet es eine mögliche Alternative in der Organisation eines DDP-Netzwerks. In der Tat, mit seinen verschiedenen - jetzt als DDP-Systeme bezeichneten - Produkten kann IBM den Anwendern eine reichhaltige Auswahl präsentieren.

Vier DDP-fähige Systeme

Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, daß es zahlreiche Wege gibt, Intelligenz zu dezentralisieren, und daß keine einzelne Methode für alle die beste ist. Unterschiedliche Anwender werden unterschiedlich an die Sache herangehen - unter Beachtung ihrer jetzigen und zukünftigen Belange. Mit dem Angebot der 8l00, der 4300, der Serie /1 und des Systems /38 hofft IBM eine attraktive und taugliche Alternative für Pläne aller Art zu besitzen, die Anwender hinsichtlich ihres endgültigen DDP-Konzepts haben können.

Obwohl alle vier als DDP-Systeme eingesetzt werden können, behalten sie doch ihre spezielle Identität. Gewiß - die 8100 soll in erster Linie das Standard- DDP-System für die Industrie werden; die 4300, Serie /1 und System /38 aber sind hauptsächlich für andere Aufgaben als die der dezentralen Datenverarbeitung vorgesehen. Hauptzweck der 4300-Rechner ist beispielsweise das Ablösen kleinerer /370-Installationen. Außerdem zielen sie auf die Superminis, die mit Erfolg in traditionelle IBM-Märkte eingebrochen sind.

Preise und Vertriebsorganisation als Waffe

Mit extremen Kampfpreisen hofft IBM Wettbewerber wie Digital Equipment und Data General ausschalten zu können. Zudem bedroht die 4300 mit ihrem hohen Preis-/Leistungsverhältnis die IBM-steckerkompatiblen Hersteller wie Magnuson und Itel. Hauptaufgabe der Serie /1 ist der Wettbewerb mit den traditionellen Minicomputern.

Dadurch, daß die 4300 zwar als DDP-Flaggschiff fungiert, dem Anwender die Tür zu anderen Organisationsformen dezentraler Datenverarbeitung aber offengehalten wird, macht IBM sich zu einem DDP-Warenhaus, das alle Ansprüche befriedigt ("one-stop shopping center"). IBM dürfte ein äußerst unbequemer Wettbewerber auf diesem Markt sein; man braucht sich nur den Umfang seiner Vertriebs- und Service-Organisation anzusehen. Dies gibt dem Giganten einen definitiven Vorteil gegenüber dem kleineren Mitbewerber.

Aufholjagd über schwere Hürden

Dennoch hat IBM viele Hürden zu überwinden - eine der höchsten dabei ist der späte Start in der späte Start in den Markt und die hohe Produktqualität, die Hersteller wie Digital Equipment, Hewlett-Packard, Datapoint und Four-Phase bieten. Anbieter wie diese haben die Schar der Anwender über Jahre hinweg beliefert und dabei solide Reputation erworben. Viele Beobachter sind gespannt, ob IBM aufholen kann. Andere betrachten die IBM-Strategie eher als defensiv denn als offensiv; diese Leute vermuten, daß IBM gezwungen war, zum jetzigen Zeitpunkt in den DDP-Markt zu gehen, wollte es nicht völlig ins Hintertreffen geraten.

Dafür spricht auch, daß es in den zurückliegenden Monaten viele Produkt-Ankündigungen gegeben hat, in den Augen vieler Anwender aber die angegebenen Auslieferungstermine exorbitant weit in die Zukunft reichen. Eine Entscheidung dürfte oft genug schon dann ins Haus stehen, wenn der Kunde auf IBM einfach nicht mehr warten kann: Die ersten 8100-Rechner werden beispielsweise nicht vor dem dritten Quartal des laufenden Jahres ausgeliefert, und selbst diese werden hauptsächlich Basis-Hardware darstellen, ohne die meisten der wichtigen Software-Features vorweisen zu können.

"Roten Faden" für die Output-Gestaltung

MÜNCHEN (pi) - Vorschläge für die Gestaltung von EDV-Formularen hat die Siemens AG in einer Broschüre zusammengestellt.

In der reich bebilderten Schrift, die seit kurzem allen Siemens-Kunden und Interessenten zur Verfügung steht, werden die wesentlichen Grundsätze für Gestaltung von lesbaren und verständlichen Datenerfassungsbelegen, Dateneingabebelegen und Datenausdrucken abgehandelt. Dabei kommen die geeigneten Papier- und Schriftarten ebenso zur Sprache wie die verschiedenen Drucktechniken oder die Nachbearbeitung von Endlosvordrucken.

Nach Angaben von Siemens wurden alle Aussagen "möglichst anlagen- und herstellerneutral" gehalten.