Web

Disney will Go.com zum Mickey-Maus-Portal umbauen

02.02.2000
Neuanfang als Nischenanbieter

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wieder einmal kündigt Disney eine neue Internet-Strategie an. Go.com soll nun nicht mehr den Portalen Aol.com und Yahoo Konkurrenz machen, sondern als Unterhaltungskanal im Internet eine Marktnische besetzen.

Bisher bescherten die Online-Aktivitäten dem Medienkonzern Disney nicht den gewünschten Erfolg. Anfangs versuchte das Management, aus eigener Kraft das neue Medium für sich zu erobern. Es blieb beim Versuch. Im letzten Jahr übernahm das Unternehmen den Portalbetreiber Infoseek und gründete daraufhin mit Go.com ein eigenes Unternehmen für seine Internet-Aktivitäten. Im Januar letzten Jahres ging das Web-Portal Go.com, in dem bekannte Disney-Marken wie der Nachrichtensender ABC und der Sportkanal ESPN eingeflochten wurden, online, doch blieb das Besucheraufkommen hinter den Erwartungen zurück. Unter der Liste der meistgenutzten Sites in den USA, die das amerikanische Marktforschungsunternehmen Media Metrix herausgibt, lag Go.com im Dezember 1999 auf Platz sechs mit etwas über 21 Millionen Besuchern. Konkurrent Yahoo, derzeit an zweiter Stelle hinter AOL, bringt es auf fast das Doppelte.

Nun will Disney sein Portal umbauen. War der Anbieter bisher bestrebt, einen ähnlichen Funktionsumfang wie der Konkurrent Yahoo zu bieten, sprich News, Suchfunktion und eine Reihe von Zusatzdiensten wie beispielsweise einen kostenlosen E-Mail-Service, soll nun die Unterhaltung in den Vordergrund gestellt werden - weg vom Universalportal hin zum Nischenanbieter. Das neue Internet-Angebot soll den Surfern vor allem Filme und Musik präsentieren, beispielsweise Comic-Produktionen. Für Charlene Li, Analystin des Marktforschungsunternehmens Forrester Research, war dieser Schritt überfällig. Sie vertritt die Ansicht, dass sich Anbieter, die im Schatten von Aol.com und Yahoo stehen, nur durch Spezialisierung am Markt halten können.

Darüber hinaus reagierte das Disney-Management mit dem Richtungswechsel auf die Übernahme des Mediengiganten Time Warner sowie des Musikanbieters Emi durch AOL. Wie Disney hat Time Warner Schwierigkeiten, seine Inhalte über das Internet zu vermarkten. Mit AOL steht nun eine geeignete Vermarktungsplattform und vor allem das nötige Know-how zur Verfügung.

Schwierigkeiten bereitet Disneys Internet-Tochter auch der Konkurrent Goto.com. Dieser hatte im Februar 1999 den Medienkonzern verklagt, da das Go.com-Logo dem von Goto.com täuschend ähnlich sieht. Ein Gericht in San Franzisko untersagte Disney nun die weitere Verwendung des Markenzeichens in TV-Werbespots und auf seiner Website. Seit dem Richterspruch verziert nun ein neues Logo die Site des Comic-Produzenten.

Außerhalb der USA ist Go.com noch nicht in Erscheinung getreten. Beim Klick auf den Link "Go International Sites" gelangt der Surfer beispielsweise zum deutschen Infoseek-Portal, das von WSI Webseek Infoservice betrieben wird. Diese Firma wurde 1998 von Axel Springer Verlag, Deutsche Telekom, Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck sowie der Infoseek Corp. gegründet.