Diskussionen ueber Business Re-Engineering Groupware '93: Anbieter von Workflow-Produkten koalieren Von Michael Wagner

20.08.1993

*Michael Wagner promoviert ueber objektorientierte Groupware an der TU Muenchen und ist als freier Journalist taetig.

SAN JOSE - Dreiundzwanzig fuehrende Hersteller und Anwender von Workflow-Systemen haben sich anlaesslich der ersten Workflow- Konferenz im kalifornischen San Jose zur "Work Flow Management Koalition" zusammengeschlossen um einen gemeinsamen Standard fuer Protokolle und Programmier-Schnittstellen zu entwickeln.

Zu den Gruendungsmitgliedern der jetzt ins Leben gerufenen "Work Flow Management Coalition" zaehlen Action Technologies, AT&T/NCR, Beyond, Cap-Gemini, EDS, Filenet, Groupe Bull, IBM, ICL, Lotus, Quality Decision Management, Reach Software, Recognition, Saros, SNI, Staffware, Verity, Wang und Xsoft. Als Anwender ist zunaechst nur General Motors Europe mit im Boot.

Auf der parallel zur Groupware '93 veranstalteten Workflow- Konferenz diskutierten Hersteller und Kunden ueber die moeglichen Auswirkungen der Workflow-Technik auf die Unternehmensorganisation bei den Anwendern. Hauptthema war dabei die als Business Process Re-Engineering bezeichnete Optimierung der unternehmenskritischen Geschaeftprozesse.

Re-Engineering-Anwender berichteten von deutlichen Leistungs- und Qualitaetssteigerungen, aber auch von Kostenersparnissen. Workflow- Techniken haetten dabei als Analyse- und Dokumentationswerkzeug und oft auch als Implementationsgrundlage wertvolle Dienste geleistet. Kernpunkt der neuen Betrachtungsweise sei allerdings ein aufgaben- und nicht technologie-orientierter Ansatz sowie der Bruch mit alten Traditionen in Produktion und Verwaltung.

Neben Re-Engineering fiel auf der Groupware'93 vor allem das gestiegene Interesse an sozialen und psychologischen Auswirkungen des Groupware-Einsatzes auf. Bezeichnenderweise wurden alle Vortraege zu diesem Themenbereich von Frauen gehalten. Dass der Einsatz von Groupware soziale Veraenderungen mit sich bringt, steht ausser Zweifel. Wie diese Veraenderungen gesteuert und als Chance genutzt werden koennen, gilt aber noch als ungeklaert.

Der Einsatz von Groupware stellt in vielen Faellen die sorgsam gepflegten Grundwerte der Unternehmen auf die Probe. So setzt Workgroup Computing eine offene Kommunikation voraus, um seine Staerken zeigen zu koennen. Hierarchisches Denken und das Ansammeln von Herrschaftswissen fuehren dagegen in die Sackgasse.

Lotus dominierte

die Veranstaltung

Der Groupware-Markt bewegt sich offensichtlich in Richtung Heterogenitaet und Interoperabilitaet. Funktionierende Implementierungen fuer unterschiedliche Systemumgebungen lassen allerdings noch immer auf sich warten. Die Integration von Windows- und Mac-basierten Systemen schreitet zwar voran; die fast ausschliesslich verwendete nachrichtenorientierte Kopplung ist aber fuer anspruchsvollere Aufgaben nicht leistungsfaehig genug.

Auf Workstation-Ebene etablieren sich derweil Komplettloesungen mit Unix-Servern sowie Mac- und Windows-Clients. Auch die ersten Unix-Implementationen mit Replikationsfunktion waren zu sehen. Teammate von MMB Development ermoeglicht die scriptbasierte Steuerung der Windows und SunOS-Benutzer-Schnittstellen von einem zentralen Unix-Server aus.

Darueber hinaus kann das Produkt Aenderungen zwischen Servern replizieren und sowohl Server-Server- als auch Server-Client- Kommunikation ueber Telefonleitungen durchfuehren. Damit bietet Teammate erstmals aehnliche Faehigkeiten, wie sie zur Verbreitung von Lotus Notes gefuehrt haben.

Waehrend die Konkurrenz gerade erst zur Aufholjagd ansetzt, baut Lotus seine Position mit der Unterstuetzung von Drittanbietern aus. So praesentierte Corporate Software auf der Messe ein Gateway zwischen Notes und MS Mail, und Collaborative Technologies stellte ein Notes-Interface fuer die Konferenzsoftware Visionquest aus. Distributed Systems Solution International wartete mit einer ganzen Reihe von Verwaltungs- und Entwicklungswerkzeugen fuer Notes auf: Usage Reporter fuer die Benutzerprotokollieurng, Replication Reporter fuer die Replikationskontrolle und Design Monitor fuer Verwaltung von komplexen Applikationen.

Nach wie vor wenig zu bieten haben die Mitbewerber von Lotus aus den klassischen Anwendungsgebieten. Microsoft versucht mit einer Special Edition von MS-Mail 3.2 die zugekaufte Technologie fuer regelbasierte Mailverarbeitung enthaelt Land zu gewinnen. Wordperfect integrierte gleich fuenf Imaging-Produkte mit Office 4.0, um die Verbreitung von gescannten Dokumenten und Facsimiles zu erleichtern.