Moderne Konferenztechniken noch auf der Kriechspur:

Direkter Kontakt wird Video vorgezogen

16.06.1989

BONN (CW) - Langsamer als erwartet setzen sich die modernen Formen der Telekommunikation in den Unternehmen durch. Wenn Videokonferenzen durchgeführt werden, entlasten sie das Reisebudget der Firmen nur selten. Die Reisekosten bleiben entweder gleich hoch oder steigen. So das Fazit einer Tagung des Verbundes Sozialwissenschaftliche Forschung in Bonn.

Vor rund 90 Sozialwissenschaftlern dämpfte Rainer Ollmann vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, Köln, die Hoffnungen der Hersteller auf eine schnelle Verbreitung neuer I<ommunikationstechniken wie Videokonferenz und Bildtelefon. Der Wissenschaftler rechnet erst ab Mitte der neunziger Jahre mit einem Durchbruch. Dann würden die Unternehmen, auf Grund der steigenden Anwendung, zur Einführung der Technologien gezwungen sein.

Auch das Versprechen der Anbieter, die Videokonferenz entlaste das Budget für Dienst- und Geschäftsreisen erfüllt sich offenbar nicht. Bisherige Untersuchungen deuten auf gegenteilige Erfahrungen hin: In Unternehmen, die das neue Medium nutzen, sind die Reisekosten der Mitarbeiter entweder gleichgeblieben oder sogar gestiegen.

Für diese Ergebnisse sehen die Kölner Experten verschiedene Gründe. Sich wiederholende Arbeitsvorgänge werden standardisiert und mit den herkömmlichen Kommunikationsmitteln Telefon und Telefax bewältigt. Videokonferenzen zwingen auf Grund ihrer Kosten zur starken Strukturierung; Themen werden wegen der Kosten schnell abgehandelt, zwischenmenschliche Kontakte kommen nicht auf. Die sind aber zur Kundenpflege notwendig. Das gilt besonders, wenn Unternehmen ihren Kundenkreis durch Berücksichtigung spezieller Wünsche erweitern wollen. Hier ist, so die Sozialwissenschaftler, der direkte, persönliche Kontakt nach wie vor unerläßlich.