Virtual Reality und Digital Twins

Wie der Baukonzern Xella schneller ans Ziel kommt

31.05.2021
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Der Baustoffhersteller Xella digitalisiert mit Digital Twins und Microsofts Mixed-Reality-Brille HoloLens die Arbeiten auf den Baustellen.

Schon länger setzt die Baubranche auf Digitalisierung, allerdings ist die Aufgabe dort besonders herausfordernd. In Großprojekten müssen mitunter Hunderte von Partnern zusammenarbeiten, der Austausch von Daten und die Kommunikation ist kompliziert. Oft überschreiten Bauvorhaben den Zeit- und Budgetplan, hinzukommt, dass zu spät erkannte Fehler den Baufortschritt behindern und die Kosten aus dem Ruder laufen lassen können. Beispiele wie der Berliner Flughafen oder die Elbphilharmonie in Hamburg sind hinlänglich bekannt.

Mit Microsofts Mixed-Reality-Technologie Hololens macht das Team von Xella auf der Baustelle gute Erfahrungen.
Mit Microsofts Mixed-Reality-Technologie Hololens macht das Team von Xella auf der Baustelle gute Erfahrungen.
Foto: Xella International

Vor diesem Hintergrund setzt die auf Bau- und Dämmstoffe spezialisierte Duisburger Xella International auf die sogenannte Bauwerksdatenmodellierung, auch als Building Information Modeling (BIM) bezeichnet. Das Unternehmen hat es mit einem eigens entwickelten Digitalisierungsservice unter die besten Teilnehmer im COMPUTERWOCHE- und CIO-Wettbewerb "Digital Leader Award (DLA)" geschafft, in dem auch 2021 wieder beispielhafte Digitalisierungsprojekte und -strategien ausgezeichnet werden.

Planungsservice vereinfacht Rohbau-Arbeiten

Mit dem Beispiel Variowohnen, einem Wohnkonzept im Kasseler Martini-Quartier, gelang es Xella, die DLA-Jury zu überzeugen. Gemeinsam mit dem verantwortlichen Investor und Planungsbüro Eisfeld Ingenieure setzt Xella dort auf einen Datenmodellierungsansatz, in dem Planung, Produktion, Bau, Betrieb und Instandhaltung ganzheitlich gesteuert werden. Xella hat dafür den digitalen Planungsservice blue.sprint entwickelt, der verschiedene für den Rohbau relevante Elemente zusammenführt. Das Spektrum reicht von der Beratung in der Entwurfsphase und der Materialberatung über die Vorkommissionierung bis hin zu Just-in-time-Lieferung und Materialverwaltung. Damit erhält der Kunde zusätzlich zum individuell gefertigten Baumaterial ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Zeit- und Projektmanagement.

Durch blue.sprint reduziert sich laut Xella die Rohbauzeit im Durchschnitt um 25 bis 45 Prozent, bereits mehr als 700 Projekte konnten mit dem digitalen Planungstool gewonnen werden. Das Planungsbüro Eisfeld nutzte den Service im Kasseler Projekt, um einen digitalen Zwilling des Rohbaus herzustellen, ein sogenanntes BIM-Modell. Um die 41 Wohneinheiten und zwei Gemeinschaftsflächen eines Studentenwohnheims schnell und effizient umzusetzen, kamen auf der Baustelle 3D-Gebäudemodelle zum Einsatz, die mit Microsofts Hololens-Datenbrille anhand von 3D-Projektionen in einer realen Umgebung dargestellt wurden. So ließen sich Gebäudeteile schnell im Detail überprüfen und bei Bedarf anpassen.

Mehr Planungssicherheit im Bauprojekt

Mit den 3D-Projektionen schließt Xella die Lücke zwischen der digitalen und der analogen Welt. Fehler werden schneller erkannt, die Planungssicherheit im Projekt lässt sich verbessern. Außerdem führt der Einsatz von blue.sprint zu einer effizienteren und transparenteren Zusammenarbeit aller am Bauvorhaben beteiligten Parteien. Xella sieht im Einsatz dieser Technologien im Bereich der Rohbauarbeiten ein Alleinstellungsmerkmal und freut ich über einen wachsenden Umsatz im Digitalgeschäft.

Patrik Polakovic, CEO Xella Middle Western Europe, Michael Eisfeld, Vorstandsvorsitzender der Eisfeld Ingenieure AG und Michael Leicht, CDO der Xella Gruppe bringen die Digitalisierung auf die Baustellen (v.l.n.r.)
Patrik Polakovic, CEO Xella Middle Western Europe, Michael Eisfeld, Vorstandsvorsitzender der Eisfeld Ingenieure AG und Michael Leicht, CDO der Xella Gruppe bringen die Digitalisierung auf die Baustellen (v.l.n.r.)
Foto: Xella International

Im Fall des Kasseler Kunden konnte mehr als die Hälfte der regulär benötigten Arbeitsstunden eingespart werden - durch den Einsatz des neuen Planungsservices in Verbindung mit den modularen Systemwand-Elementen des Baustoffkonzerns. Digitale Modelle werden erstellt, um bereits frühzeitig mögliche Planungsfehler zu entdecken, Kollisionen zu vermeiden und den Rohbau zu optimieren. Bei diesem Projekt ließen sich somit die Kosten gegenüber einer regulären Bauweise um rund 20 Prozent senken. Wie das Unternehmen versichert, verkürzte sich auch die Bauzeit um fast ein Drittel, wobei die durch Planungsfehler üblicherweise eintretenden Verzögerungen noch nicht einmal eingerechnet sind.