Digitaler Hoerfunk mit zusaetzlichen Datendiensten Bayern laeutet nach Berlin und Brandenburg neue DAB-Aera ein

10.11.1995

MUENCHEN (gh) - Ist es die zukuenftige Form von Hoerfunk oder eine neue Facette des Information-Highways? Experten sprechen von beidem. Die Rede ist vom sogenannten Datenrundfunk in Form von Digital Audio Broadcasting (DAB). Stoerungsfreier Empfang in CD- naher Qualitaet sowie die Moeglichkeit der gleichzeitigen Nutzung diverser Datendienste - seit Mitte Oktober ist dies nun auch fuer einige tausend Autofahrer in Bayern Realitaet. Nach Berlin wurde auch in Muenchen ein Pilotprojekt zum Empfang des digitalen Hoerfunks gestartet.

Das neue Uebertragungsverfahren DAB soll in den naechsten zwei Jahren ausser in Bayern auch in Berlin und Brandenburg (dort ging man als erstes Bundesland bereits anlaesslich der IFA'95 an den Start; Projektpartner sind die Deutsche Telekom und die Medienanstalt Berlin-Brandenburg) und demnaechst in Baden- Wuerttemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erprobt werden. Allein in der Bundeshauptstadt wurden fuer die zweijaehrige Pilotphase rund fuenf Millionen Mark veranschlagt, die von den Projektpartnern uebernommen werden. Zwischen 2000 und 3000 DAB- Endgeraete sollen zum Einsatz kommen.

4000 Testfahrer gehen in Bayern auf Achse

Etwas ehrgeiziger ist man im Sueden der Republik, wo anlaesslich der Medientage Muenchen '95 der Startschuss fuer das bayerische Pilotprojekt fiel, in dem immerhin 4000 "Testfahrer" das neue System auf seine Tauglichkeit in puncto mobiler Radioempfang pruefen sollen. Verantwortluch fuer das Projekt ist hier die neugegruendete Bayerische Medientechnik GmbH (BMT), die momentan noch mit kraeftigen Zuschuessen aus dem bayerischen Landesetat kalkulieren und operieren darf. Was heisst eigentlich Pilotprojekt? Es bedeutet zum Beispiel fuer das bayerische Versuchsmodell, dass dort zunaechst 70 Prozent der Flaeche mit sieben digitalen Radioprogrammen versorgt werden. So kommen etwa Liebhaber der Rockmusik mit dem neuen Antenne-Bayern-Programm "Rock Antenne" auf ihre Kosten. Die oeffentlich-rechtliche Antwort des Bayerischen Rundfunks heisst "Bayern Digital", ein reines Musikprogramm mit Oldies und Pop-Klassikern. Darueber hinaus sollen in den Staedten Muenchen, Nuernberg und Ingolstadt zusaetzlich bis zu sieben lokale DAB-Radioprogramme auf Sendung gehen.

Soweit zur Hoerfunkseite des neuen Uebertragungsmediums, bei dem Medienfreaks schon von der Abloesung des altehrwuerdigen UKW-Radios traeumen. DAB bietet aber noch viel mehr als Radioempfang in digitaler Qualitaet: Egal ob Bild, Ton, Text oder Daten - im Prinzip kann jede Information in Form von Bits und Bytes dargestellt und verbreitet werden. Erreicht wurde dies durch den Einsatz neuester Techniken zur Datenkompression (unter anderem die Verfahren "MUSICAM" und "CODFDM"), welche die Zahl der benoetigten digitalen Informationen um ein vielfaches verringern, ohne die Klangqualitaet hoerbar zu beeinflussen. Die dadurch gewonnene zusaetzliche Uebertragungskapazitaet kann fuer andere Dienste genutzt werden - entweder fuer Daten, die sich auf das jeweils eingestellte Hoerfunkprogramm beziehen, aber auch fuer Informationen, die programmunabhaengig sind.

Die Zukunft von DAB liegt daher, wie viele Experten meinen, nicht nur im traditionellen Hoerfunk, sondern auch im sogenannten Datenrundfunk. Noch ist allerdings eher Schmalhans Kuechenmeister, was die neuen visionaeren programmbegleitenden Datendienste angeht, die die Hoerer mit einem Zusatzdisplay zusammen mit dem eingestellten Hoerfunkprogramm empfangen koennen. So ist zum Beispiel von der Fraunhofer-Gesellschaft im Raum Nuernberg ein Informationsdienst geplant, gleichzeitig liebaeugeln diverse Programmveranstalter damit, einen Wetterdienst fuer ganz Bayern anzubieten. In naher Zukunft sollen, wie es beim Muenchner DAB- Start hiess, Meldungen ueber Staus, Umleitungen sowie Radarfallen im Auto abrufbar sein. Noch Zukunftsmusik, aber technisch denkbar: Die Kombination von DAB-Verkehrsinformationen mit Strassen- Navigationssystemen, wie sie heute in Luxuslimousinen zu finden sind.

Schwierigkeiten gibt es aber auch noch bei der Versorgung mit Endgeraeten. Diese werden dieser Tage sukzessive von Blaupunkt/Bosch und Grundig ausgeliefert, wobei im Falle Bayern erst Mitte kommenden Jahres mit einer Ausstattung aller 4000 Testteilnehmer zu rechnen ist. Diese werden (vom Land Bayern subventioniert) knapp 1000 Mark kosten und ermoeglichen neben dem DAB- den herkoemmlichen UKW-Empfang. Dabei beherbergt eine kleine Zusatzbox in der Groesse eines Erste-Hilfe-Kastens, der wie ein CD- Wechsler im Kofferraum montiert wird, die digitale Technik. Ausserdem ist eine kleine Zusatzantenne zum Empfang der speziellen DAB-Frequenzbereiche notwendig.