Digitale Kultur

09.12.1988

Ob der Mann an der Spitze der Digital Equipment GmbH Vertriebs- oder Kundendienst-Erfahrung besitzt, ist eine Frage des personalpolitischen Klimas, ein DEC-internes Problem, das jetzt "pro Handwerk" (Kister geht, Rieder wird gekommen) gelöst wurde - für die Kunden ist es keine Frage von großer Wichtigkeit.

Angesichts der Schwierigkeiten auf dem deutschen Computermarkt muß Kisters und Rieders Begründung, sie wollten die Kontinuität bewahren, schlapp und hergeholt erscheinen. Welche Kontinuität denn? Für den Mini-Traditionalisten DEC wurde der Markt zuletzt immer enger, weil man die PC-Power und den Unix-Druck auf den Workstationbereich unterschätzt hatte - Fehler, die Firmenchef Ken Olsen anzulasten sind. Wer Standardsysteme (Unix) mit "russischen LKW" vergleicht (O-Ton Olsen) und den PC für Spielkram hält, muß sich überdies den Vorwurf gefallen lassen, arrogant in bezug auf die eigene (VAX-)Technik zu sein.

Jene Marketing-Konzeption, die den heutigen Schwierigkeiten gerecht würde, ist beim DEC-Management nicht auszumachen. Daß die Kunden anspruchsvoller geworden sind, wie Rieder sagt, ist in dieser Pauschalierung unrichtig. Die Anwender wissen allerdings, weit besser als früher, was sie wollen. Und da genügt es für einen DV-Hersteller eben nicht, mehr "Kultur" (Olsens Leitmotiv) zu haben, wenn das Mehr gleichzeitig eine Marotte ist (siehe Arroganz). Vieles hängt davon ab, ob Digital die Konsequenzen aus geänderten Kundenerwartungen zieht. Daß Personalmaßnahmen allein ausreichend sind, glaubt in München wohl niemand mehr.