Dauerbrenner-Dutzend

Diese Technologien sind nicht totzukriegen

28.10.2022
Von 
Peter Wayner schreibt unter anderem für unsere US-Schwesterpublikation InfoWorld.com und ist Autor verschiedener Bücher - unter anderem zu den Themen Open Source Software, autonomes Fahren und digitale Transaktionen.
Geht es um Technologie, war früher nicht alles besser – manches aber so gut, dass es bis heute überdauert hat.
Von wegen altes Eisen: Diese 12 Technologien sind - aus guten Gründen - nicht kleinzukriegen.
Von wegen altes Eisen: Diese 12 Technologien sind - aus guten Gründen - nicht kleinzukriegen.
Foto: Militarist - shutterstock.com

Die Tech-Welt wirkt oft wie eine Endlosparade aus erstaunlichen neuen Ideen, Architekturen, Programmiersprachen und Devices. Dabei kommt es allerdings auch vor, dass sich bestimmte Innovationen ungewöhnlich lange halten und dabei kaum abnutzen.

Mit diesem Artikel feiern wir die Artefakte der Computerindustrie, die schon jahrzehntelang zuverlässig ihren Dienst tun und möglicherweise nie von der Bildfläche verschwinden werden. Die folgenden zwölf Technologien haben ihr Debüt vielleicht nicht im Rahmen überbewerteter Börsengänge gefeiert und sie sind auch keine Namensgeber für fancy Konferenzmarathons, aber sie tun was sie sollen: funktionieren - und zwar reibungslos und unauffällig.

Z80-Prozessor

Der Z80-Chip entstand im Jahr 1974 als Ableger des sehr erfolgreichen Intel-Prozessors 8080. Im Vergleich zu diesem bot der Z80 zusätzliche Register und mehr Befehle. Dabei war er weitgehend binärkompatibel mit dem 8080: Entwickler konnten ihren alten Code verwenden oder ihn mit den zusätzlichen Funktionen optimieren.

Während Intel immer größere, bessere und schnellere x86-Chips entwickelte, konnte sich der Z80 von Zilog in bestimmten Nischenbereichen wie Mikrocontrollern behaupten. Heute stehen Herstellern, die einen stabilen Mikroprozessor mit einer umfangreichen Sammlung von Bibliotheken suchen, eine Reihe von Optionen offen - sowohl von Zilog als auch von Zweit- und Drittanbietern.

Spiele-Emulatoren

Wer alte Videogames spielen möchte, kann auf eine Vielzahl von Open-Source-Emulatoren zurückgreifen, mit denen deren Originalcode auf modernen Rechnern läuft. Dabei gibt es solide Implementierungen aller beliebten Plattformen - von Super Nintendo über Neo Geo bis hin zum Commodore Amiga. Retro-Games können vielleicht grafisch und technisch nicht mit modernen Ego-Shootern a la Call of Duty mithalten, versprühen dafür aber zeitlosen, pixelgetränkten Charme.

PuTTY

Erstaunlich viele Programme, die für das ursprüngliche Windows geschrieben wurden, sind immer noch im Umlauf. Zum Beispiel PuTTY, das zum Aufbau einer SSH-Verbindung verwendet wird. Mit PuTTY können Sie sich zum Beispiel bei Cloud-Rechnern anmelden. Die Software kann sogar noch das ursprüngliche SUPDUP-Anmeldeprotokoll aus den 1970er- und 1980er-Jahren initiieren. Eine kleine Gruppe Freiwilliger pflegt den ursprünglichen Code, der erstmals 1999 veröffentlicht wurde.

FreeDOS

Dieses Projekt ist dem Erhalt von DOS, der Kommandozeile und den darauf laufenden Programmen gewidmet. Wenn Sie alte DOS-Software haben, die Sie weiter nutzen möchten, bietet FreeDOS eine einfache Möglichkeit, das zu tun. Die reaktionsschnelle Welt von DOS überrascht Sie vielleicht: Hier wird es nicht vorkommen, dass sich Ihr Cursor in einen Endlos-Kringel verwandelt. Erst 2022 wurde eine neue Version des kommandozeilenbasierten Dateibearbeitungsprogramms Edlin hinzugefügt. Eine Reihe neuer und überarbeiteter Versionen von altem Befehlszeilencode sind inzwischen Teil von FreeDOS.

BSD Unix

Nachdem Bell Labs das Betriebssystem Unix entwickelt hatte, wurde eine ganze Reihe von Klonen veröffentlicht. Als AT&T daraufhin versuchte, Kontrolle über sein geistiges Eigentum auszuüben, machte sich eine clevere Gruppe von Programmierern daran, eigene Versionen der gängigen Befehlszeilenprogramme zu schreiben. Diese wurden unter der inzwischen allgegenwärtigen Berkeley-Software-Distribution (BSD) -Lizenz veröffentlicht. Heutzutage ist dieser Code in der Linux-Welt quasi allgegenwärtig - zum Beispiel in Distributionen von Red Hat oder Ubuntu. BSD lebt darüber hinaus immer noch: OpenBSD, FreeBSD oder NetBSD laufen immer noch schnell und reibungslos.

IBM PC-Tastaturen

Der erste Personal Computer von IBM wurde mit einer Model-M-Tastatur ausgeliefert. Diese zählt nach wie vor zu den beliebtesten Peripherie-Optionen für die Kommunikation mit einem Computer. Als IBM im Jahr 1996 die Produktion der Tastatur einstellte, gründete sich Unicomp, ein Unternehmen, das auf klassische PC-Tastaturen spezialisiert ist.

Für Benutzer mit Oldschool-Bedürfnissen bedeutet das, brandneue Versionen ihrer geliebten Tastaturen erwerben zu können - ausgestattet mit moderner Elektronik, um die Kompatibilität zu aktuellen PCs zu gewährleisten. Neuere, mechanische Tastaturen haben ohne Zweifel ihre Vorzüge und es gibt sie in unzähligen Varianten mit unterschiedlichem Klickverhalten. Aber nichts ist so solide und effizient wie das ursprüngliche Model M.

MATLAB

Diese Software unterstützt seit dem Jahr 1984 Wissenschaftler und Ingenieure bei der Multiplikation von Matrizen. MATLAB wurde im Laufe der Jahre stark optimiert und unterstützt inzwischen objektorientierte Programmierung und grafische Interfaces. Im Kern ist MATLAB jedoch weiterhin eine Programmierplattform, um große Matrizen zu erstellen und analysieren.

Magnetbänder

Man könnte meinen, dass Magnetbandlaufwerke seit den 1960er Jahren aus der Mode gekommen sind. Und auch wenn das Magnetband nicht mehr die Marktanteile früherer Jahre für sich verbuchen kann, gibt es immer noch Anwender, die diese Technologie aus nachvollziehbaren Gründen bevorzugen: Magnetbänder lassen sich nicht nur leicht transportieren und lagern - sie sind auch wesentlich stabiler als Flash-Chips.

Die Technologie hat sich zudem im Laufe der Jahre weiterentwickelt: Die Hersteller von Bandlaufwerken haben viele der Innovationen übernommen, die auch die Hersteller von Festplatten verwenden, um ihre beeindruckenden Speicherdichten zu erreichen. Ein neues Format, das 2017 erschienene LTO-8, kann angeblich 12 Terabyte auf einem Band speichern. Ein anderes Magnetband aus dem Hause IBM, das 3592 Jaguar, bringt es auf 10 Terabyte.

Pager

Lange vor Twitter und SMS waren Ärzte, Börsenmakler und alle anderen, die kurzfristig zuverlässig erreichbar sein mussten oder wollten, auf ein Paging-System angewiesen, das nur ein paar Ziffern übertragen konnte. Moderne Alternativen wie WhatsApp laufen über Mobilfunknetze oder das Internet. Sie bieten zwar "Multimedia-Glanz" und die Möglichkeit, ein Foto oder einen Emoji einzufügen, aber sind bei weitem nicht so zuverlässig.

Pager sind im Vergleich zu modernen Messengern bestenfalls rudimentär - funktionieren aber immer noch zuverlässig.
Pager sind im Vergleich zu modernen Messengern bestenfalls rudimentär - funktionieren aber immer noch zuverlässig.
Foto: maradon 333 - shutterstock.com

Deshalb verwenden etwa Ärzte und Rettungssanitäter auch heutzutage Pager. Auch die Hersteller der zugehörigen Devices sind nicht untätig geblieben: Neuere Pager bieten Verschlüsselung und sind datenschutzkonform - einige ermöglichen sogar die Kommunikation in beide Richtungen. Im Kern handelt es sich aber noch um dieselbe Technologie, die in den 1970er Jahren eingeführt wurde.

SQL-Datenbanken

Im Jahr 1979 veröffentlichte Oracle die erste kommerzielle SQL-Datenbank. Microsoft folgte in den 1980ern, PostgreSQL und MySQL in den 1990er Jahren. Seitdem sind weitere Datenbankmodelle hinzugekommen, die meisten Programmierer schreiben aber immer noch SQL-Queries. Aus diesem Grund verpacken Unternehmen wie Google, Amazon, Neon und PlanetScale - um nur einige zu nennen - klassische SQL-Datenbanken neu: als Service.

Fairerweise muss man erwähnen, dass einige Cloud-Datenbankplattformen weitreichende Änderungen bieten. Dazu gehört etwa die Trennung von Logik und Speicherebene, um bestimmte Abfragearten zu beschleunigen und skalierbare Storage-Systeme zu unterstützen. Aus Developer-Perspektive sieht eine SQL-Datenbank in der Cloud jedoch nicht anders aus als die gleiche alte Schnittstelle, die seit Jahren zum Einsatz kommt. In Sachen SQL von "Liebe" zu sprechen ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber die Technologie ist bekannt und wird verstanden, weswegen immer wieder gerne darauf zurückgegriffen wird.

ARM-Prozessoren

Die ARM-Architektur war eine der grundlegenden Chipdesigns, die im Zuge der RISC-Revolution der 1980er Jahre aufkamen. Knapp 40 Jahre später sind ARM-Kerne ubiquitär und befeuern Embedded Devices wie den Raspberry Pi genauso wie Apples MacBook-Pro-Reihe (wenn auch in einer völlig anderen Form). Dabei hat sich die simple Architektur als bemerkenswert flexibel erwiesen. Sie kommt unter anderem auch bei einigen der effizientesten Chips zum Einsatz.

IBM Mainframes

IBM baute seinen ersten Mainframe im Jahr 1952, also vor sieben Dekaden. Dabei ist es durchaus möglich, dass derselbe Code, der ursprünglich mit Lochkarten erstellt wurde, heute noch in der einen oder anderen Form läuft. Wenn Sie sich jemals gefragt haben, warum COBOL-Entwickler immer noch gefragt sind: Der IBM-Mainframe hat Schuld. Denn viele Unternehmen arbeiten noch immer mit diesem unverwüstlichen Logikpaket. Betriebssystem und Sprachen der Mainframes wurden im Laufe der Jahre optimiert und erweitert, aber viele Codeprinzipien haben sich nicht verändert. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.