IT-Outsourcing/Drum prüfe, wer sich extern bindet

Dienstleister unter Vorbehalt

26.07.2002
Outsourcing-Dienstleister präsentieren sich als Heilsbringer. Doch viele Unternehmen sind unsicher, ob eine Zusammenarbeit mit diesen IT-Profis die richtige Entscheidung ist, und zögern entsprechend. Von Klaus Eitelbuss*

Die Gründe, die für die ganze oder teilweise Auslagerung der IT sprechen, liegen auf der Hand: Immer mehr Unternehmen sehen sich gezwungen, Kosten zu senken und die Flexibilität zu erhöhen. Das deutsche Arbeitsrecht macht allerdings jede mit Personal verbundene, strategische Entscheidung zu einer kostspieligen und unflexiblen Angelegenheit. Hinzu kommt, dass im wachsenden Outsourcing-Markt nicht alles Gold ist, was glänzt. Vor der Entscheidung sind viele mögliche Risiken und Probleme zu bedenken.

Eine Outsourcing-Partnerschaft zählt zu den komplexesten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen. Ein Scheitern kann im Extremfall die Existenz kosten. Dies ist zwar äußerst selten, doch werden mittlerweile vermehrt Stimmen von Unternehmen laut, deren Erwartungen in die IT-Auslagerung nicht erfüllt wurden.

Dies verstärkt die Zweifel der Kunden, die in der vertraglichen Bindung meist eine nicht mehr zu revidierende Entscheidung sehen. Dabei kann der erste Schritt in Richtung Outsourcing auch ganz klein gewählt werden, indem man einen Teil der hausinternen IT-Leistungen herauslöst und von einem Dienstleister erbringen lässt. So besteht die Möglichkeit, diesen zu testen und die Kontrolle über den Großteil der Unternehmens-IT zu behalten. Auch kann man im Erstvertrag eine kurze Laufzeit vereinbaren und gegebenenfalls schnell wieder aus dem Geschäftsverhältnis aussteigen.

Bei der Auswahl der auszulagernden Prozesse zeigt sich jedoch häufig, dass viele Unternehmen nicht einmal einen groben Überblick über ihre internen Abläufe haben. An dieser Stelle offenbart sich häufig eine Hilflosigkeit, die auch ein Outsourcer nicht zu beheben vermag. Die Kettenreaktion, die folgt, ist mit altbekannten Problemen vergleichbar, die Unternehmen aus der Geburtsstunde der Lean Production und der Just-in-time-Fertigung bereits kennen: Die Verantwortlichen sind zwar der festen Überzeugung, dass sich in ihrem Haus etwas ändern muss, doch sie erkennen meist gar nicht oder erst sehr spät, dass es nicht damit getan ist, an der einen oder anderen Stelle punktuell anzusetzen, sondern dass die Probleme viel tiefer liegen, nämlich in der Unternehmensstruktur.

Der Dienstleister kann dem Kunden bei der Suche nach dem "Wie" der Auslagerung helfen, das "Was" wurde und wird vom Kunden häufig falsch entschieden. Die Folge sind Enttäuschung und Irritationen. Hinzu kommt Ungeduld: Vom Outsourcing werden oft viel zu schnell messbare Ergebnisse erwartet, die sich aber nicht nachweisen lassen, weil langfristige Änderungen und Cross-Effekte auf andere Projekte nicht eingerechnet werden können. So jagte insbesondere in der Anfangszeit der Dienstleistung Outsourcing ein Misserfolg den anderen. Die Verantwortlichen auf Kundenseite schoben den IT-Dienstleistern den Schwarzen Peter zu, um von der schmerzlichen Erkenntnis abzulenken, dass viele Probleme hausgemacht waren.

Qualität lässt sich definieren

Viele IT-Leiter fürchten eine unzureichende Servicequalität der Outsourcing-Anbieter. So stehen Termin- und Budgettreue sowie lange Reaktionszeiten beim Support im Brennpunkt der Diskussion. Der Kunde kann sich aber gegenüber dem Diensteleister mit exakten und rechtsverbindlichen Service-Level- Agreements absichern. Sie umfassen Ziele, Kennzahlen, Messverfahren, Maßnahmen und Sanktionen bei Abweichungen.

Die Belegschaft wehrt sich oft gegen das Outsourcing. Schließlich ist häufig ein Wechsel - sei es des Arbeitgebers oder der ausgeübten Tätigkeit - damit verbunden. Jüngstes Beispiel ist die Deutsche Bank, die mit dem Gedanken spielt, ihre gesamte IT an einen Dienstleister auszulagern. Dieses Vorhaben hat zu interner Unruhe geführt und die Betriebsversammlung auf den Plan gerufen, denn meist sind die Beschäftigten nicht dazu bereit, zu einem anderen Unternehmen zu wechseln. Auch die Abgabe einzelner Aufgabenbereiche schafft Unfrieden, da sich Mitarbeiter ihrer Aufgaben beraubt und das Damoklesschwert der Kündigung schon über sich schweben sehen. Der Dienstleister wird nur als lästiger Störenfried angesehen.

Fingerspitzengefühl notwendig

Um der IT-Mannschaft die Vorteile des Vorhabens verständlich zu machen und ihre Rückendeckung zu erhalten, brauchen die Verantwortlichen viel Fingerspitzengefühl. Es empfiehlt sich, die Mitarbeiter so früh wie möglich zu informieren und in den Prozess zu integrieren. Wo detaillierte Informationen fehlen, setzt der Flurfunk ein, Gerüchte werden verbreitet, und immer mehr Ängste kommen auf.

Ist die grundsätzliche Entscheidung für Outsourcing getroffen, steht die Wahl des richtigen Partners an. Sie nimmt viel Zeit in Anspruch, vor allem wenn es sich um komplexe betriebliche Prozesse handelt. Häufig vergehen sechs bis neun Monate von der Ausschreibung über die Analyse der eingehenden Angebote und die Verhandlungen bis zum unterschriftsreifen Vertrag.

In dem Kontrakt sollten auch die einzelnen Ziele festgehalten werden. So banal dies klingen mag, aber daran hapert es oft. "Häufig findet sich in der Präambel der Verträge nicht einmal das gemeinsame Ziel der Zusammenarbeit", beobachtet Brian Rogers, Manager Consultant der Meta Group. "Wie können Unternehmen über Details von Service-Level-Agreements verhandeln, wenn das übergeordnete Business-Ziel nicht festgeschrieben ist?"

Wenn eigene IT-Fachleute das Operation-Center des Anbieters besuchen oder Einblick in die Systeme des Anbieters nehmen können, fällt dem Kunden die Entscheidung in vielen Fällen leichter. Der Einblick in die laufende Arbeit des möglichen Outsourcing-Partners kann Vertrauen aufbauen - oder rechtzeitig zerstören. (rs)

*Klaus Eitelbuss ist Manager für Solution Development bei Dimension Data in Oberursel.

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Immer wieder gibt es beim Outsourcing seitens der Anwender die gleichen Vorbehalte. Mangelnde Servicequalität, Termin- und Budgettreue sowie lange Reaktionszeiten beim Support werden am häufigsten genannt. Wer jedoch keine Fehler bei der Vertragsgestaltung macht, kann sich in fast allen Belangen absichern.

Was ein Outsourcer bieten sollte

- Erfahrung in der Kundenbranche, Wissen um die dort typischen Geschäftsprozesse.

- Management-Fähigkeit sowohl technisch als auch im Beratungssektor.

- Regionale und internationale Referenzen.

- Genügende Unternehmensgröße und, falls nötig, internationale Präsenz.

- Global ausgerichtete Unternehmenskultur.

- Finanzielle Stabilität.

- Transparenz der Leistungen und konsistente Einhaltung der festgeschriebenen Service-Level- Agreements.

- Kompetentes und zertifiziertes Fachpersonal.

- Nutzung der fortgeschrittensten Technologien.

- Leistungsabhängiges Preismodell mit Bonus-Malus-System.