Dienstleister steuern Dienstleister

25.08.2006
Spezialisierte Drittfirmen entlasten Anwender von Personal- und Verwaltungsaufgaben.
Immer mehr Unternehmen beauftragen Drittfirmen mit der Suche von Freiberuflern.
Immer mehr Unternehmen beauftragen Drittfirmen mit der Suche von Freiberuflern.

Der Trend zum Multisourcing hält an. Unternehmen erhoffen sich vom Auslagern einzelner Bereiche an verschiedene spezialisierte Anbieter eine bessere Servicequalität und geringere Kosten. Doch je mehr Partner sich der Anwender ins Boot holt, desto größer wird der Aufwand für deren Steuerung und Verwaltung: "Wenn sich ein externer Dienstleister um die Desktop-Verwaltung, ein anderer um das Rechenzentrum und ein dritter um das Application-Management des Anwenders kümmert, herrscht ein hoher Grad an Interaktion zwischen den Anbietern", erklärt Karsten Leclerque, Experte beim Münchner Beratungshaus Pierre Audoin Consultants (PAC).

Hier lesen Sie …

• warum sich Unternehmen beim Anheuern von Freiberuflern und Dienstleistern Hilfe von Dritten holen;

• wie kompliziert die Steuerung eines Geflechts von Dienstleistern für große Konzerne geworden ist;

• dass Staffing-Anbieter sich auch für unangenehme Aufgaben nicht zu schade sind.

Zeitarbeitsfirmen

Eine weitere Möglichkeit, befristet Personal einzustellen, ist die Beauftragung von Zeitarbeitsfirmen. Diese Form der Zusammenarbeit nimmt laut Lünendonk-Umfrage derzeit ein Drittel der deutschen Konzerne in Anspruch. Dabei handelt es sich überwiegend um volumenorientierte Tätigkeiten, die eine relativ geringe Qualifikation erfordern - etwa Wartung, einfache Programmieraufgaben nach klaren Vorgaben, User Helpdesk oder Server- und Desktop-Administration. Damit erhalten Zeitarbeitsfirmen zunehmend Konkurrenz von Offshore-Dienstleistern, die solche Aufgaben in Niedriglohnländern für ihre Kunden erbringen. Im Unterschied zu dedizierten TPM-Anbietern beschränken sich Zeitarbeitsfirmen in der Regel auf die Auswahl und Einstellung der externen Fachkräfte. Auf einen effektiveren Einsatz abzielende Verwaltungsaufgaben übernehmen sie nicht.

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1206321: TPM bei der Goetzfried AG;

1065429: TPM-Services.

Oft fehlt der Überblick

Ein komplexes Beziehungsgeflecht habe eine Vielzahl von SLAs (Service-Level-Agreements) zur Folge - der Dienstleister untereinander sowie zwischen dem Provider-Konsortium und dem Kunden. "Um so schwerer ist es, bei Fehlern oder Problemen den Verursacher auszumachen, weil jeder die Schuld auf den anderen schiebt", erläutert Leclerque das Problem. Hinzu komme das Fehlen von Standards: "Bei SLAs arbeitet jeder Provider mit anderen Metriken. Auch dadurch ist es sehr aufwändig, das Ganze zu überwachen und zu steuern."

Vor allem im Projektgeschäft beschäftigen Großunternehmen für dedizierte IT-Aufgaben eine Vielzahl von kleinen Dienstleistern sowie Freibruflern, die auf bestimmte Nischen spezialisiert sind und geringere Tagessätze als die etablierten Player der Branche verlangen. Der Kunde kann da allerdings schnell den Überblick verlieren, was wiederum zu Überschneidungen von Skills und Leistungsfeldern führen kann.

Immer mehr Großunternehmen entscheiden sich daher, die Auswahl und Steuerung ihrer nichtstrategischen Dienstleister an einen externen Anbieter auszulagern. In einer Umfrage der Beratungsfirma Lünendonk unter 28 deutschen Konzernen erklärten acht der befragten Führungskräfte aus IT oder Einkauf, das so genannte Third-Party-Management (TPM) bereits in Anspruch zu nehmen. Fünf gaben an, es sich vorstellen zu können.

TPM im Trend

Von diesem Trend profitieren Recruiting- und TPM-Anbieter wie die Goetzfried AG oder GFT Technologies, die Kleinlieferanten und Freelancer gemäß vorher vereinbarten SLAs betreuen und dabei die Vertragsverwaltung und das Controlling übernehmen. So konnte die Goetzfried AG, die sich auf das Management von IT-Servicepartnern mit bis zu 20 Mitarbeitern spezialisiert hat, ihren Umsatz im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr von 19,7 Millionen auf fast 30 Millionen Euro steigern. Ein großer Teil der Zuwächse entfiel nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Thomas Götzfried auf das TPM-Geschäft.

PAC-Consultant Leclerque hält TPM für sinnvoll: "Durch Einschalten eines Intermediärs, der sich um die Governance kümmert, kann der Anwender die Risiken, die eine Multi-Vendor-Strategie mit sich bringt, erheblich verringern", meint der Experte. TPM-Spezialisten seien mit dem Thema Partnerschaften vertraut und verfügten über "ausgefeilte Steuerungsskills". Vor allem für große Anwenderunternehmen, die globale Vorhaben steuern müssen, sowie für Auslagerungsverträge, die sich auf klar abgrenzbare, standardisierte Bereiche beziehen, bietet sich dieses Modell an.

Freelancer bleiben beliebt

Auch in ihrem traditionellen Geschäft, dem Finden und Vermitteln von Freelancern, verzeichnen TPM-Anbieter und klassische IT-Freiberufleragenturen wie Hays oder Harvey Nash eine steigende Nachfrage. Vor dem Hintergrund der konjunkturellen Erholung werden zwar wieder mehr feste Mitarbeiter eingestellt. Der Lünendonk-Umfrage zufolge arbeiten jedoch nach wie vor 57 Prozent der deutschen Unternehmen mit freien Mitarbeitern - etwa IT-Beratern und Entwicklern - zusammen, um Spitzen bei der Projektabwicklung zu bewältigen.

Häufig wird dabei ein externer Staffing-Spezialist zwischengeschaltet, der Recruiting-Aufgaben wie die Profilerstellung, Suche, Einarbeitung, Bereitstellung und Vertragsgestaltung im Kundenauftrag übernimmt: Neun der 28 befragten Anwender setzen auf diese "organisierte" Form der Zusammenarbeit - Tendenz steigend, meint Hartmut Lüerßen, Geschäftsführer der Lünendonk GmbH. "Große Konzerne fahren die direkte Beschäftigung von einzelnen Freelancern mehr und mehr zurück."

Hintergrund ist der akute Mangel an qualifizierten IT-Fachkräften sowie die zunehmende Flexibilisierung der Personalkapazitäten, um Fixkosten zu reduzieren und schneller auf neue Marktgegebenheiten reagieren zu können. Mit der Hilfe von Recruiting-Spezialisten lässt sich ein spontan auftretender Personalbedarf - etwa in einer kritischen Projektphase - schnell und flexibel decken. Die Datenbank der Goetzfried AG etwa umfasst mittlerweile mehr als 20000 qualifizierte Profile von IT-Experten und Ingenieuren.

Konzentration aufs Kerngeschäft

"Staffing-Anbieter finden schnell das richtige Profil für zu besetzende Positionen", beschreibt Lüerßen den Trend zur indirekten Beschäftigung. "Und gerade im Projektgeschäft ist Schnelligkeit ein entscheidendes Argument." Auch die klassischen Outsourcing-Vorteile kommen bei diesem Modell zum Tragen: "Mit einem Staffing-Spezialisten, der die Konzeption und Verwaltung der Arbeitsverträge übernimmt, hat der Auftraggeber nur noch einen Ansprechpartner und kann sich stärker seinem Kerngeschäft widmen", so der Berater.

Dabei trägt das Auslagern von Recruiting- und Verwaltungsaufgaben dazu bei, die Kosten zu reduzieren - durch die Verkürzung von Reaktionszeiten und das Vermeiden von Fehlengagements oder Budgetüberschreitungen. "Je kurzfristiger die Mitarbeiter eingesetzt werden und je schwieriger sich die Suche im speziellen Fall gestaltet, desto mehr Zeit und Geld kann das Anwenderunternehmen durch die Zusammenarbeit mit einem Staffing-Partner einsparen", fasst Lüerßen zusammen.

Weniger Kosten, bessere Abläufe

Außerdem sind TPM-Anbieter darauf spezialisiert, die Beschäftigung von Dienstleistern und Freelancern regelmäßig zu überprüfen, um Überschneidungen oder Redundanzen ausfindig zu machen und die Fachkräfte effektiver einzusetzen. "Die Vereinfachung der Einkaufsabläufe und der Lieferantenstruktur vermeidet Personalengpässe und sorgt für niedrigere Kosten, aber auch für bessere Prozessqualität", konstatiert Ulrich Dietz, Vorstand des TPM-Dienstleisters GFT, der sich um die gesamte Beschaffung einschließlich des Vertrags- und Lieferanten-Managements, kümmert.

Vor allem Rationalisierungsmaßnahmen kann ein neutraler Drittanbieter einfacher durchsetzen als der Anwender selbst: "Ein TPM-Spezialist tut sich leichter, Verträge mit langjährigen Dienstleistern oder Freelancern auch mal zu kündigen", erläutert PAC-Experte Leclerque. Im Idealfall führt die Beschränkung der Zusammenarbeit mit vielen Externen auf eine Schnittstelle zu weniger Komplexität und Verwaltungsaufwand und damit letztlich zu Rationalisierungseffekten und mehr Transparenz.

Von TPM kann aber auch die Provider-Seite profitieren, meint Götzfried: "In den letzten Jahren sind viele GmbHs entstanden, die sich auf Themen wie Security, Identity-Management oder anwendungsbezogene SAP-Beratung spezialisiert haben. Solche Firmen haben meist keine eigene Schnittstelle zum Kunden, weil sie zu klein sind. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, auch ohne Vertriebskanal für große Konzerne tätig zu werden."