Dienstleister managen IT-Freelancer

07.09.2005
Von Thomas Götzfried
Third-Party-Management-Spezialisten kümmern sich um freiberufliche Projektarbeiter.
Der Third-Party-Management-Anbieter analysiert die Anforderungen seines Kunden, ermittelt dessen Bedarf an externen IT-Mitarbeitern und kümmert sich anschließend um die Organisation der Freelancer-Tätigkeiten.
Der Third-Party-Management-Anbieter analysiert die Anforderungen seines Kunden, ermittelt dessen Bedarf an externen IT-Mitarbeitern und kümmert sich anschließend um die Organisation der Freelancer-Tätigkeiten.

Die Veränderung der Märkte und der hohe Wettbewerbsdruck zwingen Unternehmen, ihre Kosten nach Möglichkeit immer wieder zu senken. Als viel versprechende Möglichkeit gilt die Auslagerung kompletter Geschäftseinheiten inklusive zugehöriger Prozesse, das Business Process Outsourcing (BPO). Nach Einschätzung von IDC soll der weltweite BPO-Markt von 406 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf über 680 Milliarden Dollar 2008 wachsen. Vor allem am IT-Personal glauben die Unternehmen, auf diese Weise sparen zu können. Durch das Auslagern von Aufgaben an schnell verfügbare externe IT-Fachkräfte können sie flexibel auf kurzfristig anfallende Projekte und Engpässe reagieren.

Hier lesen Sie …

• warum die Standard Life Versicherung einen Third-Party-Management-Spezialisten mit der Steuerung ihrer externen Fachkräfte beauftragt hat;

• wie das Third-Party-Management im Einzelnen funktioniert;

• und wie sich die Services der Goetzfried AG von den Angeboten der Zeitarbeitsfirmen unterscheiden.

Standard Life Versicherung

Die 1825 in Edinburgh gegründete Standard-Life-Gruppe ist seit 1996 mit einer Niederlassung in Frankfurt vertreten. Zum Konzern gehören die Standard Life Versicherung, die Standard Life Bank, Standard Life Healthcare sowie die Vermögensverwaltung Standard Life Investments. Mit einem Neugeschäft von 321 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2004 zählt die deutsche Niederlassung der schottischen Standard Life Assurance Company zu den größten drei Anbietern im hiesigen Maklermarkt.

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www.computerwoche.de/go/

*66076: Third-Party-Management;

154572: Provider-Management bei der Daimler-Chrysler Bank.

Flexibilität durch Externe

Ein Beispiel ist die auf Lebensversicherungen spezialisierte Standard Life Versicherung, die in Deutschland und Österreich mit rund 450 Mitarbeitern mehr als 400 000 Kunden betreut. Vor einigen Jahren hatte der Konzern mit der kompletten Neustrukturierung seiner IT-Organisation begonnen. Bis zum Jahr 2002 wurden alle IT-Services komplett von der Zentrale im schottischen Edinburgh erbracht. Aufgrund lokaler Rechtsvorschriften und nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Sprachen entschied die Geschäftsleitung jedoch, von der föderalen auf eine lokale Ausrichtung der IT-Ressourcen umzustellen.

Die IT-Verantwortlichen in Deutschland hatten somit die Aufgabe, so schnell und preisgünstig wie möglich eine flexible und sichere IT-Infrastruktur aufzubauen, ohne dabei die laufenden Geschäftstätigkeiten zu beeinträchtigen. Dadurch entstand mit einem Schlag Bedarf an einer großen Zahl von IT-Spezialisten, um die vielfältigen Aufgaben - vom Aufbau des zentralen Netzwerks bis hin zur Entwicklung von maßgeschneiderten Softwarelösungen - bewältigen zu können. Da die eigene IT-Mannschaft hierfür nicht ausreichte, entschied sich der Versicherungskonzern für einen Mix aus internen und externen IT-Fachleuten: Während die fest angestellten Mitarbeiter dafür zuständig sind, die Kontinuität und den laufenden Betrieb sicherzustellen, kümmern sich die Externen auf Basis von Projektverträgen um Spezialaufgaben und kurzfristig angesetzte Projekte.

Für die Organisation der Freelancer-Tätigkeiten beauftragte Standard Life die Götzfried AG aus Wiesbaden, einen Dienstleister für das so genannte Third-Party-Management. Bei dieser BPO-Variante geht es darum, dem Kunden alle Abläufe im Zusammenhang mit der Rekrutierung und Verwaltung von externen Mitarbeitern und Kleinlieferanten abzunehmen. Der Third-Party-Management-Anbieter ermittelt den Bedarf seines Kunden, wirbt entsprechend aushäusige IT-Fachkräfte an und betreut sie gemäß vorher vereinbarten Service-Level-Agreements (SLAs). Auch die Vertragsverwaltung, die Qualitätssicherung und das Controlling gehören zu seinen Aufgaben. Der Kunde wird auf diese Weise entlastet und kann sich besser auf sein Kerngeschäft konzentrieren.

Ziele und Prioritäten festlegen

Voraussetzung für den Erfolg ist, das Third-Party-Managment genau auf die jeweiligen Anforderungen des Anwenders abzustimmen. Die Goetzfried AG legte zu diesem Zweck in Absprache mit der Standard Life Versicherung strategische Ziele und Prioritäten fest. Daran anknüpfend erfolgte eine Analyse der bestehenden Verträge, Lieferanten, Einkaufsprozesse und Schnittstellen, deren Ergebnisse in einem konkreten Projektplan für die Umsetzung zusammengefasst wurden. Weitere wichtige Elemente dieses Plans sind die Definition des jeweiligen Prozesses, eine Skill- und Preismatrix, SLAs, Eckdaten für Qualitätssicherung und Controlling sowie die Beschreibung der jeweiligen Schnittstellen zur internen Organisation (Einkauf, Fachabteilung).

Bestehende Verträge prüfen

Bei Verträgen mit nicht strategischen Dienstleistern prüft die Goetzfried AG, ob die Vertragsparameter und Preise noch dem aktuellen Marktniveau entsprechen und ob rechtliche Risiken wie Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinselbständigkeit existieren. Auf Basis dessen entscheidet der Provider gemeinsam mit dem Kunden über eine Neuverhandlung, Übernahme oder Auflösung der bisherigen Verträge und setzt diese Maßnahmen um. Ein umfassendes Berichtswesen und der Aufbau effizienter Prozesse für zukünftige Rekrutierungen runden den Service ab.

Auf diese Weise behält der Third-Party-Management-Dienstleister die Fäden in der Hand und wickelt zusammen mit der IT-Abteilung alle Vorgänge rund um die Einstellung und Verwaltung der externen Mitarbeiter ab. "Es ist wenig effektiv, wenn sich die Fachabteilungen selbst auf die Suche machen, um ihren jeweiligen personellen Bedarf zu decken", weiß Joachim Beier, IT-Leiter bei der Standard Life Versicherung, aus Erfahrung. Besser sei es, wenn sich eine zentrale Stelle um die Außenkontakte kümmere und dabei auch die Koordination der extern erbrachten Tätigkeiten übernehme: "Nur dann bleibt die Situation in Bezug auf Verwaltungsaufwand und Einkaufspreise übersichtlich."

Verwaltung durch den Profi

Dem Anspruch, die IT-Infrastruktur in Deutschland möglichst schnell aufzubauen und den Verwaltungsaufwand für externe IT-Dienste im Anschluss daran klein zu halten, wurde die Standard Life Versicherung gemeinsam mit der Goetzfried AG gerecht. "Entscheidend für uns war dabei, dass der strategische Partner technologisch unabhängig ist und das notwendige IT-Know-how mitbringt", begründet Beier den Erfolg. Mittlerweile arbeiten etwa 55 fest angestellte Mitarbeiter in der IT-Abteilung des Versicherers. Hinzu kommt die Gruppe der externen IT-Experten - derzeit sind es 25 - , die je nach Projektaufwand aufgestockt wird, um Engpässe im Tagesgeschäft zu überbrücken. "Egal, wie komplex die Aufgabe ist - Goetzfried findet die passenden freien IT-Fachkräfte", lobt IT-Leiter Beier das Konzept. "Die rasche Vermittlung qualifizierter Experten entlastet uns sofort, gleichzeitig bleiben wir flexibel."

Entlastung bringt das Third-Party-Management auch in rechtlicher Hinsicht: Anstatt zahlreiche Verträge mit den einzelnen Dienstleistern abzuschließen, unterhält die Standard Life Versicherung einen Rahmenvertrag mit der Goetzfried AG, die ihrerseits die bei dem Versicherer eingesetzten externen Kräfte unter Vertrag nimmt. "Von juristischen Fragen - etwa im Bereich Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinselbstständigkeit - sind wir damit befreit", so Beier.

Keine Arbeitnehmerüberlassung

Natürlich kann ein Unternehmen auch eine Zeitarbeitsfirma oder Personalagentur mit der Personalbeschaffung beauftragen. Diese Anbieter verfolgen jedoch einen anderen Ansatz als ein Third-Party-Management-Dienstleister, wodurch insbesondere Freiberuflern finanzielle und steuerliche Nachteile entstehen können. So arbeiten Zeitarbeitsfirmen auf Basis der Arbeitnehmerüberlassung, das heißt, der Freelancer wird in seiner Rolle als befristeter Angestellter sozialversicherungspflichtig. Zudem entfällt für ihn die Möglichkeit, Aufwendungen wie Büroausstattung, Auto oder Betriebsmittel steuerlich geltend zu machen.

Abgesehen davon ist der reine Recruiting-Ansatz wenig strategisch ausgerichtet: Zeitarbeitsfirmen und Agenturen beschränken sich in der Regel auf die Auswahl der externen Fachkräfte; verwalten dieses Projektpersonal aber nicht. Und schließlich fehlt es den Recruitern normalerweise an IT- und Branchen-Know-how, um die Qualifikation und Erfahrung der Bewerber beurteilen und eine fundierte Qualitätssicherung übernehmen zu können. (sp)