Anwender starten ihre Projekte sehr verhalten

Dienstleister machen Bogen um EAI

06.09.2002
MÜNCHEN (jha) - Der EAI-Servicemarkt wird derzeit von Entwicklungsarbeiten für kleine Projekte dominiert. Dass es kaum strategische und ambitionierte Vorhaben gibt, liegt nicht zuletzt an der mangelnden Erfahrung und Engagement der Dienstleister in diesem Segment.

Die Integration von heterogenen Applikationen ist ein komplexes Thema. Obwohl Spezialisten wie Tibco, Neon (jetzt Sybase), Crossworlds (jetzt IBM), Seebeyond und Webmethods vorgefertigte Produkte zur Enterprise Application Integration (EAI) entworfen haben, bleiben Vorhaben zur durchgängigen Verknüpfung von Unternehmensanwendungen und -prozessen aufwändig. Die Analysten des Münchner Marktforschungshauses Pierre Audoin Conseil (PAC) schätzen, dass pro Euro, der für den Lizenzerwerb einer EAI-Produkt-Suite investiert wird, nochmals zwei bis drei Euro für die verpflichteten Dienstleister anfallen. Insgesamt umfasst der deutsche EAI-Servicemarkt des laufenden Jahres laut PAC rund 240 Millionen Euro (siehe Grafik). Zirka die Hälfte dieser Aufwendungen fließen den Dienstleistern zu, damit sie Konnektoren für die Anwendungen ihrer Kunden entwickeln.

Es gibt zu wenige Spezialisten

Nach wie vor nähern sich die Anwender dem EAI-Thema sehr vorsichtig: "Im Servicegeschäft gibt es derzeit viele Machbarkeitsstudien", schildert PAC-Beraterin Simone Sinz ihre Erfahrungen aus den Recherchen zur Kurzstudie "EAI 2002-2005 Germany". Zusammen mit ihren Dienstleistern starten die Anwender damit, die vorhandene Infrastruktur zu analysien, Prozessabläufe zu erfassen und die Frage zu klären, welche Applikationen anfangs sinnvollerweise miteinander verbunden werden sollen. Doch schon bei der darauffolgenden Auswahl der geeigneten Tools sind die Consulting-Leistungen der Externen nicht mehr so zuverlässig und umfassend wie gewünscht: "Es gibt noch zu wenig Spezialisten, die sich mit den Produkten aller wichtigen Hersteller auskennen, denn der Integrationsmarkt ist noch sehr jung. Hier haben die Servicehäuser noch Nachholbedarf", meint Sinz.

Das Gros der Anwender beschränkt sich derzeit auf kleinere Lösungen, bei denen wenige Anwendungen und dedizierte Prozesse miteinander verknüpft werden. Dafür engagieren sie vor allem die etablierten Anbieter, also Häuser wie IBM Global Services, T-Systems, Accenture, CSC Ploenzke und PWC Consulting. "Die meisten Kunden scharen sich zunehmend um die Großen der Branche", beobachtet Sinz. Dies, so die PAC-Beraterin, sei auch keineswegs überraschend, denn die Investitionsentscheider suchten gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten sowie in einem neuen und sich noch entwickelnden Markt den Rückhalt von finanziell starken Servicepartnern mit Reputation. Allenfalls im Bereich Maintenance und Schulung kämen deshalb kleine Anbieter zum Zuge, etwa Produktspezialisten mit ihren Update- und Wartungsdiensten.

Outsourcing-Dienste spielen im EAI-Bereich derzeit noch keine Rolle. "EAI ist ein komplexes und übertragungskritisches Thema. Es gehört zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens", behauptet Tobias Minkwitz, CTO des EAI-Spezialisten SPM Technologies. Die Berliner leisten Beratungs- und Implementierungsdienste im EAI-Umfeld. Den Betrieb einer von ihnen entworfenen und entwickelten Integrationsinfrastruktur übernehmen sie nur vorübergehend. "Wir hosten ein solches System für eine begrenzte Zeit. Sobald der hausinterne Dienstleister in der Lage ist, die Infrastruktur zu übernehmen, wird der Betrieb überführt", erläutert Minkwitz.

Erste Outsourcing-Services

Solange sich die Integrationleistungen auf interne Prozesse und Anwendungen konzentrieren, wird der Markt für EAI-Hosting in den Kinderschuhen stecken bleiben. Doch es ist absehbar, dass sich unternehmensübergreifende Prozesse mehr und mehr etablieren. "Die Unternehmen sind bestrebt, sich ihren Partnern entlang der Lieferkette zu öffnen. In einem solchen Umfeld macht es Sinn, sich einer neutralen Plattform zu bedienen", erläutert Anita Liess, Consultant bei der Meta Group, Ismaning bei München. Erste derartige Angebote gibt es von EAI-Experten wie Descartes Systems, Seeburger und Amadee.

Zudem engagiert sich T-Systems in diesem Bereich. Auf Basis der "B2B Integration Suite" von Webmethods betreibt der Bonner Dienstleister eine Integrationsplattform. Kern dieses Angebots ist ein EAI-Hub mit Adaptertechniken, Workflow-Komponente und Routing-Mechanismen. Dieser Knoten ist Dreh- und Angelpunkt jeglicher applikations- und prozessgestützten Kommunikation zwischen den Geschäftspartnern beziehungsweise zwischen Unternehmenseinheiten. "Es wird grundsätzlich alles über den Hub geleitet", erklärt Jürgen Hardt, Leiter E-Marketplaces bei T-Systems. Zurzeit kann die Plattform 14 Datenformate konvertieren.

Erst intern integrieren

T-Systems richtet sich mit diesem Angebot vornehmlich an große, komplex strukturierte Konzerne, aber auch an mittelständische Kunden. Für Standardprozesse wie den Einkauf und Verkauf sowie für Katalogsysteme, Ausschreibungen und Auktionen gibt es vorgefertigte Lösungen zur Miete). Kunden mit höheren Ansprüchen können die technische EAI-Infrastruktur von T-Systems in Anspruch nehmen, Aufgaben wie die Prozessmodellierung, das Monitoring oder die Kontrolle des Systems aber selbst durchführen.

Allerdings warnt Meta-Group-Beraterin Liess davor, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun: "Mittelständler haben bislang kaum unternehmensintern integriert. Wenn sie sich in dieser Situation einer neutralen Enterprise-Integrationsplattform anschließen und eine ihrer Applikationen als Anwendungsinsel anschließen, dann schöpfen sie das komplette Integrationspotenzial bei weitem nicht aus", so die Expertin. Solange die unternehmensinternen Geschäftsprozesse nicht entsprechend integriert würden, ende die IT-gestützte Lieferkette an der Eingangstür des Unternehmens, so Liess.

Abb.1: Der Markt für EAI-Services in Deutschland

Insgesamt werden die hiesigen Anwender ihren IT-Dienstleistern rund 240 Millionen Euro für Beratungs-, Integrations- und Trainingsservices im EAI-Umfeld überweisen. Verglichen mit dem Gesamtumsatz im Projektservicegeschäft ist der EAI-Markt mit anteiligen zwei Prozent sehr klein. Quelle: PAC

Abb.2: EAI-Serviceanbieter

Im jungen und sich entwickelnden EAI-Markt vertrauen Anwender auf bekannte Namen. Quelle: PAC