Warum Service-Level-Vereinbarungen so wichtig sind

Dienstleister gefeuert und wieder angeheuert

27.04.2001
Manchmal klappt es erst im zweiten Anlauf: Nachdem die LBS Bayern den Vertrag mit einem externen Dienstleister auflöste, weil sie mit dessen Leistungen bei der Betreuung und Wartung der hausinternen PC-Arbeitsplätze unzufrieden war, schrieb sie den Auftrag neu aus. Erstaunlicherweise entschied sich die LBS für ihren alten Partner, allerdings unter anderen Vorzeichen. Von Andrea Kihn*

Familie Mustermann träumt vom Häuschen im Grünen. Der Grundstein ist bereits gelegt. Herr Mustermann hat bei der LBS einen Bausparvertrag abgeschlossen und zählt damit zu den rund 1,4 Millionen Kunden der LBS Bayern. Die Finka auf Mallorca, das Loft in der City, die Eigentumswohnung als Steuersparmodell: Die Wünsche der LBS-Kunden sind ausgefallener und vielfältiger denn je und nur mit Hilfe einer leistungsfähigen IT zu bewältigen. Heute lässt sich der klassische Bausparvertrag bei der LBS auch online übers Internet abschließen. Ausfallzeiten der IT-Systeme kann sich das 71 Jahre alte Unternehmen nicht leisten. Eine eigene IT-Abteilung gewährleistet in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern die Funktionsfähigkeit der über 1300 PC-Arbeitsplätze in der Münchner Zentrale sowie den über 120 Beratungsstellen in Bayern.

Schon den Rollout bei der Umstellung von Terminals auf moderne PC-Arbeitsplätze unterstützte eine externe Firma. Zeitgleich wurden für die neue Hardware mit ihr Wartungsverträge abgeschlossen. Die bayernweite Betreuung vor Ort und die Abwicklung von Garantieleistungen sollten damit sichergestellt sein. Störungsmeldungen der Anwender wurden und werden an den User-Helpdesk der LBS gemeldet. Die Behebung der Hardwareprobleme obliegt dem externen Dienstleister, anstehende Aufträge teilt ihm der User-Helpdesk mit.

Bei dieser Neuerung waren Anlaufschwierigkeiten programmiert. Missverständnisse und Verzögerungen in der Bearbeitung traten etwa auf, weil der Dienstleister nur über unzureichende Kenntnisse des LBS-Umfelds (etwa bei Geräteausstattung und Konfiguration) verfügte. Entsprechende Schulungen der eingesetzten Techniker konnten die Situation verbessern, aber nicht bereinigen.

Auswertungen der bearbeiteten Störungen zeigten, dass bis zu 40 Prozent aller Fälle nicht innerhalb der vertraglich festgelegten Zeiten erledigt wurden. Massive Kundenbeschwerden erhärteten dieses Ergebnis. Doch der Auftragnehmer hatte eine etwas andere Sicht der Dinge. Was als Hardwarestörung gemeldet wurde (zum Beispiel Blue Screen) entpuppte sich beim Vor-Ort-Einsatz als ein Fehler, der durch Neuinstallation der Software behoben werden konnte. Der Vertragspartner war allerdings der Meinung, dass diese Fehler nicht in den vertraglich garantierten Wiederherstellzeiten bereinigt werden mussten. Dem Anwender vor Ort, der mit seinem Computer nicht arbeiten kann, ist es jedoch ziemlich egal, ob die Hard- oder die Software schuld ist. Er möchte so schnell wie möglich ein funktionierendes Gerät. In der Folge wurde die Diskussion um Vertragsinhalte zum Dauerbrenner, die LBS Bayern hatte nicht mit derart unterschiedlichen Interpretationen gerechnet.

Unmissverständliche AusschreibungEin weiteres Beispiel soll dies verdeutlichen: Bei Druckerstörungen wurde häufig die Ursache pauschal auf die Verwendung von falschem Papier geschoben. Der Einsatz sollte somit zu Lasten des Servicekunden gehen und erfolgte nicht innerhalb der vereinbarten Zeiten. Der bestehende Vertrag mit seinen ungenauen Service-Level-Vereinbarungen stand einer konstruktiven Zusammenarbeit im Wege. Diese Situation führte letztlich zur Vertragskündigung und Neuausschreibung.

Erfahrung macht klug: In der Ausschreibung formulierte die LBS ihre Anforderungen nun sehr genau und unmissverständlich. Ein wichtiger Bestandteil der Analyse der abgegebenen Angebote war die Auswertung der Referenzen. Dabei kontaktierte die Bausparkasse nicht nur die dort angegebenen Gesprächspartner (von denen erwartungsgemäß kaum kritische Äußerungen kommen), sondern suchte selbst weitere Ansprechpartner. Das so gewonnene Stimmungsbild erschien wesentlich objektiver und hilfreicher für die Entscheidungsfindung.

Verblüffendes ErgebnisDas Ergebnis mag verblüffen, aber die Entscheidung fiel wieder für den alten Vertragspartner aus. Allerdings sind die Vertragsbedingungen völlig überarbeitet und den Bedürfnissen angepasst worden. Herzstück des neuen Vertrags bilden jetzt Service-Level-Vereinbarungen, deren Einhaltung regelmäßig von der LBS ausgewertet wird. Dass die Entscheidung richtig war, zeigt die Statistik: Die heutige Eskalationsrate liegt unter zwei Prozent aller bearbeiteten Störungen. Wichtig ist jedoch nicht nur die zeitliche Einhaltung, sondern auch die Qualität der geleisteten Arbeit. In wöchentlichen Qualitäts-Management-Meetings mit dem Dienstleister werden die bearbeiteten Fälle diskutiert. Lob und Kritik kommen hier von beiden Seiten offen zur Sprache. Gemeinsam wird nach besseren Lösungen gesucht.

Anregungen bezieht die Bausparkasse auch aus Kundenbeschwerden, die nicht als ungewollte Einmischung gesehen, sondern als Chance zur Verbesserung aufgegriffen werden. Außerdem wird das Meeting zum Austausch über relevante Vorhaben (etwa geplante Veränderungen in der Hard- oder Softwareumgebung, Personal etc.) genutzt. Damit kann das Unternehmen fast alle strittigen Fälle sofort aus der Welt schaffen, ohne weitere Eskalationswege beschreiten zu müssen. Das spart neben Zeit auch Geld und Nerven.

Und wie sind die Kunden mit dem Service zufrieden? Auch diese Frage blieb nicht unbeantwortet. Dabei ist längst nicht von allen Kunden ein Feedback zu bekommen. Ob die erbrachte Leistung wirklich den Bedürfnissen entspricht, lässt sich aber nur von der Klientel selbst erfahren. Als Barometer für die Kundenzufriedenheit dient die jährliche Befragung, die die LBS-interne Qualitäts-Management-Abteilung für alle unternehmenseigenen Servicebereiche vornimmt und die als Ergebnis ein Ranking der einzelnen Bereiche liefert.

Die Bausparkasse wollte es jedoch genauer wissen. Deshalb hat sie im User-Helpdesk ein standardisiertes Telefoninterview entwickelt und über mehrere Wochen in repräsentativen Stichproben ihre Kunden zeitnah zu den erlebten Serviceleistungen befragt. Die Resonanz auf diese Aktion war durchweg positiv - und hat Verbesserungsmöglichkeiten gezeigt: Die Kunden berichteten mehrfach, dass die Techniker des Dienstleisters für ihren Vor-Ort-Einsatz Termine nicht mit ihnen absprechen oder vereinbarte Zeiten nicht einhalten. Mittlerweile hat sich das geändert. Die Einsicht der Techniker hat sich nicht zuletzt dadurch eingestellt, dass die Kunden gebeten wurden, Techniker ohne Termin wegzuschicken.

Ein weiterer Wunsch war, umfassender über die angebotenen Leistungen informiert zu werden. Dies deckte sich mit den Überlegungen der LBS, alle IT-Dienstleistungen in einem Servicekatalog zu bündeln und den Anwendern im Intranet zur Verfügung zu stellen. Der Katalog ist ein wesentlicher Eckstein des Service-Level-Managements, das alle Dienstleistungen des IT-Bereichs transparent macht und durch gezielte Auswertungen jederzeit nachvollziehbar ist.

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass eine gute Servicequalität kein Selbstläufer ist. Zwar ist das Outsourcing gewisser Aufgaben heute eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb eines Unternehmens, das sollte jedoch nicht dazu führen, dass sich der Kunde das Heft aus der Hand nehmen lässt. Wer Qualität garantieren muss, kann nicht alles außer Haus geben. Dadurch gehen Gestaltungsfreiräume und Kundennähe verloren. Die LBS ist gerüstet für die vernetzte Zukunft - und schon bald wird Familie Mustermann ihre Bausparauskünfte via Internet abfragen können.

*Andrea Kihn leitet die User-Helpdesk-Abteilung bei der LBS Bayern in München.

LBS BayernDie LBS Bayerische Landesbausparkasse hat mehr als 1,4 Millionen Kunden im Freistaat Bayern. Deren 2,1 Millionen Bausparverträge ergeben eine Summe von rund 40,3 Milliarden Euro. 2000 erreichte die LBS Bayern 187404 Neuabschlüsse über eine Bausparsumme von insgesamt vier Milliarden Euro. Zugeteilt wurden 128000 Verträge mit einem Gesamtvolumen von 2,2 Milliarden Euro. Die Bilanzsumme des 1929 gegründeten Hauses lag bei 7,6 Milliarden Euro. Die LBS ist Marktführer in Bayern. Ihr Marktanteil beträgt mehr als 30 Prozent.

Im LBS-eigenen User-Helpdesk arbeiten drei Voll- und zwei Teilzeitmitarbeiter. Sie betreuen insgesamt rund 1300 LBS-Angestellte, von denen 800 in der Münchner Zentrale und weitere 500 in über 120 landesweit verteilten Beratungsstellen tätig sind. Der User-Helpdesk hilft bei Problemen mit den PC-Arbeitsplätzen samt Peripherie-Geräten sowie den Office-Applikationen und LBS-Eigenentwicklungen.