Dienstleister EDS fuer Realisierung verantwortlich Mit Oracle-Tools erneuert Moebel Walther seine Warenwirtschaft

10.11.1995

MUENCHEN (hv) - Die Moebel Walther AG, Gruendau-Lieblos, wird in den kommenden zwei Jahren mit Hilfe des Ruesselsheimer IT- Dienstleisters EDS Deutschland GmbH ein umfassendes Client-Server- System fuer die Warenwirtschaft entwickeln. "Fuer unsere komplexen Anforderungen sind Standardloesungen nicht geeignet", erteilt DV/Org.-Chef Peter Kauertz eine klare Absage an Fertigware.

"Es gibt hervorragende Standardsoftware auf dem Markt, aber die Bereitschaft der Anbieter, auf Kundenwuensche einzugehen, haelt sich in Grenzen", beobachtet der DV-Leiter. Nur wenn die eigenen Wuensche mit denen anderer Kunden uebereinstimmten, erklaerten sich Hersteller bereit, ihre Applikationen zu erweitern. Die verfuegbare Standardsoftware im grossen Stil anzupassen, sei aber ein Widerspruch in sich. "Darauf koennen wir uns mit unserer Wachstumsdynamik nicht einlassen."

Kauertz weiss, wovon er spricht. Als er vor mehr als vier Jahren bei Moebel Walther anheuerte, lief dort ein BS2000-Mainframe von Siemens mit einer uralten Standardsoftware fuer die Warenwirtschaft. "Wir besitzen die Quellcodes der Diadem-Software und duerfen an diesem Programm beliebig arbeiten", erlaeutert der DV-Mann. Diese Gelegenheit habe man in den letzten zehn Jahren weidlich genutzt; die Software, die ihre Aufgabe im uebrigen hervorragend geloest habe, sei als Standardprodukt nicht mehr wiederzuerkennen. Noch heute steuert das Programm - inzwischen allerdings unter dem Unix-Derivat AIX auf einem RS/6000-Rechner von IBM - die Warenwirtschaft des Unternehmens.

BS2000-Loesung war nicht mehr flexibel genug

Doch die veraenderten Anforderungen durch eine dezentrale Organisation sowie das schnelle Wachstum zwangen das Moebelhaus, ueber eine neue Loesung nachzudenken. Der Konzern hatte seinen Umsatz allein 1994 um 38,5 Prozent auf 757 Millionen Mark gesteigert; in diesem Jahr soll erstmals die Milliardengrenze ueberschritten werden. Diese Entwicklung wird durch eine dezentrale Organisationsstruktur beguenstigt: Acht Einrichtungszentren, weitere acht Moebelmitnahmemaerkte, die unter dem Namen "Sconto" firmieren, und vier "Ticco"-Spezialmoebelgeschaefte fuer Kuechen und Baeder sind einer Holding-Gesellschaft untergeordnet.

Mit einer Mischung aus zentraler und dezentraler Datenhaltung wird diese Organisation kuenftig unterstuetzt. Die Verbrauchsdaten sollen laut Kauertz zentral gehalten werden, damit die Sortimentssteuerung planmaessig erfolgen kann. Auch der Einkauf wird zentral organisiert; er hat Einfluss auf die Warenmengen in den einzelnen Haeusern.

Kritische Informationen auch in den Filialen

In den Filialen vor Ort werden dagegen saemtliche Informationen vorgehalten, die mit dem Absatz zu tun haben. Aus diesen Bestaenden nimmt Kauertz nur ganz bestimmte Daten auf, um sie im Rahmen eines Management-Informationssystems der Geschaeftsfuehrung in hoch verdichteter Form zur Verfuegung stellen zu koennen.

Die Anwendung, mit der Moebel Walther seine Client-Server-Umgebung realisieren will, basiert auf dem Datenbanksystem und der 4GL "SQL/Forms 4.5" von Oracle. Der Softwaregigant konnte sich laut Kauertz wegen der ueberzeugenden Entwicklungswerkzeuge gegen den Erzrivalen Informix durchsetzen. Gegenueber den Vorgaengerversionen sei SQL/Forms 4.5 wesentlich ausgereifter. Fuer Bereiche wie die Archivierung oder das Controlling bindet das aus EDS- und eigenen Mitarbeitern bestehende Team Fertigprodukte ein. Ausserdem sollen bereichsuebergreifend Edifact-Funktionen genutzt werden, die teilweise auch die engere Anbindung von Lieferanten in die Geschaeftsprozesse ermoeglichen sollen. Fuer die Datenkommunikation ist das Protokoll TCP/IP vorgesehen.

Mit entsprechenden Schnittstellen will Moebel Walther die Integration mit den betriebswirtschaftlichen Standardapplikationen herstellen - welche Programme das sein werden, ist noch offen, da zur Zeit erwogen wird, ein neues Rechnungswesen aufzubauen. "Man muss halt fruehzeitig ueberlegen, wer wo welche Information uebernimmt und wo die Schnittstelle ist", zeigt sich der DV-Verantwortliche zuversichtlich.

Die zunaechst auf den Warenwirtschafts-Sektor begrenzte Zusammenarbeit zwischen EDS und dem Kunden sieht vor, dass der Dienstleister das programmiertechnische Know-how sowie - ueber einen Subunternehmer - das noetige Wissen in der SQL/Forms- Programmierung einbringt. Moebel Walther stellt Mitarbeiter zur Verfuegung, die wissen, wie eine moderne Warenwirtschaft fuer die Moebelbranche auszusehen hat.

EDS konnte sich gegen rund 20 Wettbewerber durchsetzen, von denen die Heyde & Partner GmbH, Bad Nauheim, die besten Chancen hatte. Wegen des geringfuegig guenstigeren Angebots machte letztendlich EDS das Rennen. Moeglicherweise erhaelt die General-Motors-Tochter noch weitere Auftraege von ihrem Kunden: Das Outsourcing von Teilaufgaben kann sich Kauertz langfristig durchaus vorstellen.