Dienst am DV-Kunden: Durch Feldtraining aus dem RZ-Abseits

20.05.1983

DV-Abteilungen realisieren nach wie vor Projekte, die von den Fachabteilungen als unbrauchbar bezeichnet werden. Meist ist nicht Böswilligkeit daran schuld, sondern ungenügende Kommunikation. Die Folge: Frustration auf beiden Seiten. Um hier Abhilfe zu schaffen, schlägt DV-Leiter Jürgen Unger den Datenverarbeitern "Training on the job" in den einzelnen Unternehmensbereichen vor, während die Sachbearbeiter lernen sollten, den Computer als normales Werkzeug zu sehen. DV-Leiter Hans Meintzschel sieht eine Lösungsmöglichkeit darin, in der Fachabteilung einen Mitarbeiter zu benennen, der als Verbindungsmann und Gesprächspartner den Datenverarbeitern zur Verfügung steht. Nur er könne verhindern, daß sich Fehler in der Interpretation ergeben. ih

Friedrich Edinger, Mitglied der Geschäftsleitung, EDV-Studio Ploenzke, Wiesbaden

Kommunikationsprobleme zwischen Fach- und DV-Bereich gibt es, seit es die Datenverarbeitung gibt. Schmerzlich, da kostspielig,

wird das allen Beteiligten spätestens immer wieder dann ins Bewußtsein gerufen, wenn einmal wieder ein Projekt realisiert wurde, das dann vor Ort keine Akzeptanz findet. Die organisatorische Möglichkeit, diese Gefahr zu verringern, besteht darin, durch den Einsatz von Moderatoren eine Stelle zu schaffen, die die Sprache beider Bereiche spricht und die Übersetzung "vornimmt oder übernimmt". Denkbar ist entweder der Einsatz eines DV-Beauftragten im Fachbereich oder eines fachbezogenen Organisatoren im DV-Bereich.

Mehr Erfolg verspricht es meines Erachtens jedoch, durch den Einsatz eines Software-Engineering-Konzepts eine Kommunikationsbrücke zwischen Fach und DV-Bereich zu schaffen. Bestandteil einer solchen Vorgehensweise muß ein Methodenkonzept sein, das es erlaubt, komplexe Sachverhalte soweit zu untergliedern, daß sie in ihren - allen Beteiligten verständlichen - Einzelelementen abgestimmt werden können.

Wichtig für das Gelingen eines solchen Abstimmungsprozesses ist der Einsatz grafischer Hilfsmittel, die es erleichtern, komplexe Sachverhalte logisch zu durchdringen und transparent zu machen. Fehler und Lücken werden auf diese Weise frühzeitig erkannt, und können bereits in der Konzeptionsphase beseitigt werden.

Im Rahmen unseres Software-Engineering-Konzeptes haben wir in unserem Hause eine Methode entwickelt - wir nennen sie Informationsstrukturanalyse - die es uns erlaubt, neben der Untergliederung einer Funktion in ihre Elemente unter anderem auch den zeitlichen Ablauf in sogenannten Kontrollstrukturen darzustellen und die daraus resultierenden Informationsobjekte zu einem konzeptionellen Datenentwurf weiterzuentwickeln.

Hans Meintzschel

DV-Leiter, Deutsche Vereinigte Schuhmaschinen GmbH, Frankfurt

In der Tat lebt die DV einerseits und viele Mitarbeiter in den Fachabteilungen in täglicher Konfrontation miteinander. Weder Böswilligkeit oder etwa Voreingenommenheit sind schuld an diesen Reibereien, sondern zumeist liegen die Ursachen in ungenügender oder zu flüchtiger Kommunikation. Diese Mängel führen seit jeher in aller Regel zu Ergebnissen, die von den Fachabteilungen als ungewollt bis sogar unbrauchbar bezeichnet werden und dadurch in der DV zu Frustrationen führt.

Will man diesen Dingen vorbeugen (ganz vermeiden lassen sie sich sowieso nicht), müssen klare Verantwortungen geschaffen und eindeutige Aufgabenstellungen erarbeitet werden. Dies beginnt bei der Projektierung einer Aufgabe, deren Zweck und Ziel allen Beteiligten unmißverständlich klar sein muß. Es ist fernerhin unabdingbar notwendig, daß eine ständige Kommunikationsbereitschaft zwischen der Fachabteilung und der DV herrscht, so daß sich ergebende Detailfragen bereits beim Auftauchen klären lassen.

Dabei hat sich eine Form der Kommunikation als besonders vorteilhaft bewährt, die, so einfach sie auch erscheint, die wenigsten Reibungsverluste aufzeigt:

Während in der DV entweder ein Mitarbeiter oder eine bestimmte Gruppe klar für ein Projekt verantwortlich ist, fehlt in vielen Fällen der geeignete und über alle Details informierte Partner in der Fachabteilung. So müssen die Organisatoren, Analytiker und Programmierer aus einer Vielzahl von Informationen, die wiederum von den verschiedensten Stellen gegeben werden, ihre Vorstellungen selbst konzipieren. Ganz zwangsläufig ergeben sich daraus Fehlinterpretationen, die letztlich diese ungewollten Ergebnisse zeitigen.

Was also liegt näher, als auch durch die Fachabteilung einen verantwortlichen Mitarbeiter zu benennen, der als eindeutiger Gesprächspartner und Verbindungsmann (-frau) zur DV dient. Ihm obliegt es, alle Wünsche innerhalb der Fachabteilung zu sondieren und zu koordinieren, die sich daraus ergebende Konzeption mit den Gesprächspartnern der DV abzustimmen und sein Fachwissen in das laufende Projekt einzubringen. Bei geeigneter Auswahl für diese Position wird man mit Erstaunen feststellen, daß durch die ständigen Kontakte mit Mitarbeitern der DV und den gemeinsam erarbeiteten und diskutierten Problemlösungsmöglichkeiten ein sich mit der Aufgabe identifizierender Mitarbeiter herauskristallisiert, der sehr schnell lernt zwischen Machbarem und Unmöglichem zu unterscheiden und der seine Erkenntnisse auch gegenüber den Kollegen in der Fachabteilung vertritt.

Selbstverständlich muß dieser "link-man" aktiv am Arbeitsfortschritt teilnehmen und ständig über alle das Projekt betreffenden Dinge umfassend informiert sein. Ihm obliegt auch das Erstellen der Testdaten und die Prüfung der Testergebnisse. Schließlich hat er persönlich viel zum Erfolg des Vorhabens beigetragen, und die DV sollte ihm ruhig das Erfolgserlebnis, das mit dem Vorzeigen der ersten fehlerfreien Testunterlagen verbunden ist, zukommen lassen. Er allein trägt damit die Verantwortung gegenüber seinen Fachkollegen darüber, daß ihre Anforderungen und Wünsche berücksichtigt worden sind und sich keine Fehler in der Interpretation einschleichen konnten.

Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise bietet sich besonders bei nachträglichen Änderungswünschen der DV. Da unser "link-man" sich mit seinem Projekt identifiziert hat, wird er zum Fürsprecher der DV in der Fachabteilung und blockiert von vornherein einen Großteil oder fast alle Wünsche dieser Art ab, was letztlich dem ungestörten Arbeitsablauf in der DV nur nützlich sein kann.

Jürgen Unger DV-Leiter, Richard Ihle GmbH, Hamburg

Um die Frage, wie die Verständigung zwischen den Fachabteilungen und der Datenverarbeitung gefördert werden kann, beantworten zu können, muß man zunächst den Ursachen der Verständigungsschwierigkeiten auf den Grund gehen. Zu diesen Ursachen gehört fraglos der unterschiedliche Wissensstand über die Möglichkeiten und Aufgaben des jeweils anderen Partners. Insoweit ist dies ein generelles Problem, wie es zum Beispiel auch im wissenschaftlichen Bereich bei interdisziplinärer Forschung auftritt.

Eine weitere Ursache erscheint mir zu sein, daß die Datenverarbeitung als relativ junger Zweig, in der Regel in bestehende Hierarchien und Organisationen eingefügt werden muß. Von den Fachbereichen wird sie daher als Eindringling empfunden, der bestehende Strukturen und Kompetenzen in Frage stellt.

Wenngleich damit nicht alle Ursachen erfaßt sind, wird daran doch deutlich, daß eine Verbesserung der Kommunikation nicht allein durch oberflächlich wirksame Hilfsmittel, wie zum Beispiel anwenderfreundlich gestaltete Bildschirmformate oder Druckbilder, erreicht werden kann.

Vielmehr erscheint mir wichtig, die Funktion der Datenverarbeitung als Dienstleister für das Unternehmen in den Mittelpunkt zu stellen.

Mit der Entwicklung eines solchen Selbstverständnisses, das noch lange nicht Allgemeingut der Datenverarbeiter ist, könnte eine entscheidende Schwelle überwunden werden. Ein übriges täte aus meiner Sicht auch die Entwicklung der Fähigkeit der Datenverarbeiter, unsere eigenen Unvollkommenheiten uns selbst und anderen offen einzugestehen. Wir Datenverarbeiter sind auch nicht allmächtig.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt, sowohl von seiten der Datenverarbeiter als auch von seiten der Fachbereiche, ist die Notwendigkeit der Vertiefung der Kenntnisse über die Möglichkeiten und Arbeitsweisen des jeweils anderen Bereichs. Aus eigener Erfahrung - einst Spediteur/jetzt Datenverarbeiter - kann ich sagen, daß die Kommunikation um ein erhebliches Maß verbessert wird, wenn diese Kenntnisse vorhanden sind. Die Datenverarbeitung scheint mir gut beraten, mit Methoden wie "Training on the Job", den ersten Schritt in diese Richtung zu gehen, und damit auf den Fachbereich zuzugehen. Auf der Ebene der Fachbereiche muß das Verständnis für den Computer als ganz normales Werkzeug, wie zum Beispiel das Telefon oder die Schreibmaschine, entwickelt werden.

Perspektivisch muß bereits die berufliche Bildung der Aufgabe gerecht werden, ein breit angelegtes Grundwissen zu vermitteln, aus dem heraus dann, trotz weiterer Spezialisierung, Reibungsverluste und Einäugigkeiten vermeidbar sind. Datenverarbeiter und Fachabteilungen müssen sich der Tatsache bewußt sein, daß sie nur miteinander - nicht gegeneinander - die Unternehmensziele realisieren müssen. Diesem Konsens müssen sich alle Bereich unterordnen.

Günther Welzel

Abteilung Org./DV, Westdeutscher Rundfunk Köln

Die Wirksamkeit der möglichen Hilfsmittel ist abhängig von den Menschen in den betroffenen Abteilungen, den "Endbenutzern", allgemein; dem bisherigen Kontakt der betroffenen Abteilung (Erstkontakt?) und den auf EDV umzustellenden Arbeiten.

Ich will kurz über den Aufbau und den Einsatz einer Musik-DB beim WDR berichten. Die rund 250000 Musikbänder waren bis 1978 über Karteien maximal nach drei Kriterien verwendbar. Durch den Aufbau einer Musik-DB (Datenbanksystem: SESAM) wurden die Redaktionen bei ------Recherchen und

- Belegerstellung unterstützt.

Die Aufgabenstellung war klar, aber es war nicht möglich, mit den Musikredaktionen die Detailanforderungen systematisch zusammenzustellen. Im Gegenteil - es wurde vielfach die Meinung vertreten, daß eine EDV-Unterstützung für diese Arbeiten gar nicht möglich ist, weil sie zu vielseitig und individuell vom einzelnen Redakteur geprägt sind. Die Arbeit der Redakteure grenzt eng an künstlerisches Schaffen, zumindest verlangt es große Kenntnisse, in diesem Fall der Musik, und Einfühlungsvermögen. Die Arbeitsweise und -ergebnisse selbst von Redakteuren einer Musiksparte, zum Beispiel U-Musik, Kammermusik und andere, stimmen nicht überein und sind nicht miteinander vergleichbar.

Die Versuche, die Anforderungen zu fixieren, brachten kaum Ergebnisse, sie endeten meist mit der Aufforderung "stellt uns ein Terminal hin, dann werden wir sehen".

Es mußten also andere Wege gesucht werden. Ich versuchte, mich sehr gründlich in die Arbeitsweise und Arbeitsergebnisse einzuarbeiten.

Die EDV-Unterstützung für die Recherchen war relativ leicht zu erarbeiten, weil es keine einzuhaltenden Vorschriften gab und die Möglichkeiten der vorhandenen Karteien überwiegend durch die DB übertroffen werden konnten.

Anders sah es bei der EDV-Unterstützung für die Belegestellung (Schreibung der Sendelaufpläne") aus. Sie haben immer folgende Aufgaben:

- Unterlage für das Schallarchiv zur Bereitstellung der Tonträger

- zum Teil Meldebeleg an die Verwertungsgesellschaften (GEMA/GVL). Aus diesen Aufgaben ergeben sich bereits Anforderungen hinsichtlich des Datenumfangs, klarer Gliederung und guter Lesbarkeit der Texte (für den Sprecher), das heißt, Groß- und Kleinschreibung und die Verwendung der wichtigsten diakritischen Zeichen.

Bei der Schreibung der Laufpläne sollten die Angaben zu den Musiktiteln aus der Musik-DB (aufgrund der eingegebenen Archivnummer) übernommen und zusätzlich freie Texte (für sogenannte "erweiterte Ansagen") eingegeben werden können.

Bei der Eingabe der freien Texte mußte die gute Lesbarkeit (zeilen- und seitenweise) für den Sprecher unterstützt werden.

Schließlich war - zumindest für die eingesetzten Musiktitel - die Zeitüberwachung notwendig (zur Einhaltung der geplanten Sendezeit).

Da nach dem (ersten) Andruck der Sendelaufpläne oft noch Änderungen notwendig sind, mußten die EDV-Programme also auch die üblichen Probleme der reinen Textverarbeitung - Hinzufügen, Löschen und Ändern - beinhalten.

Fazit:

Wenn bei der Ermittlung von Anforderungen Hilfsmittel versagen, "setzt" der WDR auf folgende Voraussetzungen bei sich:

- Personalauswahl in der DV-Abteilung. Als Organisatoren werden nur Diplomkaufleute mit mehrjähriger Erfahrung eingestellt, damit sie in den verschiedensten Abteilungen des Hauses als adäquate Gesprächspartner und Berater auftreten können.

- Vollkommene Einarbeitung in Abläufe und Ergebnisse der Fachabteilungen, wenn kein profundes Anforderungsprofil aufgestellt werden kann.