Die Zukunft liegt im Netzwerk

10.06.2008
Innovative Produkte zu verkaufen reicht im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr aus. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem passenden Netzwerk aus Lieferanten, Technologie- und Distributionspartnern in Verbindung mit einer modernen ERP-Software. Der Markt befindet sich im Umbruch, die Preise für ERP-Software sind günstig.

"Die nächste Welle des Business Process Redesign beschäftigt sich mit betriebs- und unternehmensübergreifenden Prozessen, so genannten Kooperationsprozessen", konstatierte Petra Schubert, Professorin für Betriebliche Anwendungssysteme an der Universität Koblenz-Landau, beim Blick in die ERP-Zukunft in ihrer Eröffnungsrede zur ERP Initiative 2008 der computerwoche. Rund 120 Teilnehmer hatten sich in Frankfurt getroffen, um sich über ERP-Business-Anwendungen für die Anforderungen des globalen Markts zu informieren. Schubert fasste diesen Trend unter dem Begriff des "Collaborative Business" zusammen, dessen Effekte sie insbesondere in der Verbesserung des Informationsflusses zwischen verschiedenen Beteiligten, in der Optimierung von Prozessen und der engen Integration von Partnern sowie im Erzielen von Netzwerkvorteilen sieht.

Noch kein Standard

Fünf Integrationsszenarien sind dabei vorstellbar: Die parallele Nutzung unterschiedlicher Informationssysteme kann durch manuelle, externe Systemzugriffe erfolgen, durch elektronischen Datenaustausch (EDI) mit Direktanbindung oder über einen Intermediär. Praktikabel ist auch die gemeinsame Nutzung eines eigenen, zentralen ERP-Systems oder das eines Dienstleisters. Unternehmen wie der Schweizer Schokoladenhersteller Chocolat Frey, Sonax, Produzent von chemischen Produkten und Dienstleistungen für die Fahrzeugpflege, die Firma Laumann, Erzeuger von Sirupen, Malzextrakten, Backhonig und Karamellzucker für Großbäckereien, sowie die Musik Hug Gruppe ständen exemplarisch für diese Modelle.

Allerdings, so die Wissenschaftlerin in ihrem Fazit, gebe es derzeit noch keinen Standard für Business Collaborative. Existierende Vorgaben wie GS1 - eine Art Gelbe Seiten der Supply Chain - und Angebote spezialisierter Dienstleister würden selten genutzt. Status quo sei immer noch eine Heterogenität an Integrationslösungen, die bei zunehmender elektronischer Vernetzung nur schwer zu bewältigen sein werde. Die Zukunftsvision sei deshalb eine Geschäftsanwendung mit einer Standard-Schnittstelle für den Versand von strukturierten Geschäftsdokumenten basierend auf internationalen Inhalts- und Übertragungsstandards.

Die ERP-Gretchenfrage ist aber nach wie vor, welches System zu welcher Firma am besten passt. Gerade jetzt, wo sich der ERP-Markt, bedingt durch die Globalisierung und die Überalterung der bestehenden Systeme, im Umbruch befindet. Dass eine moderne ERP-Lösung Vorteile bringt, zeigt eine aktuelle Studie der Trovarit AG. "Die Zufriedenheit nach einem Release-Wechsel hat deutlich zugenommen", erklärt Karsten Sontow, Geschäftsführer des Aachener Software-Beratungshauses. "Allerdings ist das Risiko eines Scheiterns nicht von der Hand zu weisen." Immerhin gaben laut Trovarit, die Firmen an, dass 85 Prozent ihrer IT-Projekte scheitern würden. "Das erscheint auf den ersten Blick ziemlich viel", sagt Sontow. "Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass darunter auch Projekte fallen, die mit Verspätung realisiert wurden." Hinzu kommt, dass ein neues ERP-Projekt ein mittelständisches Unternehmen mit 500 Beschäftigen im Schnitt knapp 50 000 Euro kostet - eine nicht unerhebliche Summe. Außerdem bindet man sich mindestens zehn Jahre an das neue Produkt.

Kalkulierte Entscheidung

Die Wahl will also gut überlegt sein. Sontow plädiert für eine kalkulierte Entscheidung - einem Mittelweg zwischen der "akademischen Übung", die zwar hohe Sicherheit bietet, jedoch zu viel Aufwand mit sich bringt, und der "Golfplatz-Entscheidung", die wenig Aufwand bedeutet, dafür aber ein hohes Risiko darstellt. Basis für jede Entscheidungsform ist das Lastenheft, in dem ein Unternehmen so genau wie möglich die Anforderungen an das künftige ERP-System formuliert.

ERP in der Praxis - Von der grünen Wiese bis zum internationalen Rollout.

In vino veritas - im Wein ist Wahrheit: Für die JF Hillebrand Group gilt dieser Spruch im ganz besonderen Maße. Das 1844 in Mainz gegründete Unternehmen verschifft den edlen Rebensaft über alle Ozeane der Welt - 2007 waren es 230 000 Container. Die Internationalität des Unternehmens nahm ab Mitte der 90er Jahre sprunghaft zu. Aufgrund der verschiedenen IT-Systeme gab es keine einheitliche Betriebssoftware und keine Standards. FLOW hieß die Logistiklösung, in die das Unternehmen eine Finanzlösung von CODA integrierte. Mit CODA eFinancials vereinfachte JF Hillebrand die Finanzbuchhaltung, Excel-Tabellen sind Geschichte.

ERP in sechs Monaten - die Herausforderung an IT-Profi Frank Siebken war sportlich. Innerhalb eines halben Jahrs sollte der Jungheinrich-Profishop mit 28 000 verschiedenen Produkten online sein. "Für uns war es wichtig, eine Unternehmenssoftware zu finden, die sich schnell implementieren ließ und über Standards verfügte, die unsere Prozesse möglichst komplett erfassten", erklärt Siebken. Nach kurzer Auswahlphase entschieden sich die Verantwortlichen für die Lösung Nvinity des Software-Anbieters Nissen & Velten. Die Standards sollen auch künftig so weit wie möglich eingehalten werden. Schließlich wolle man, so Siebkens Fazit, "keine Rillenoptimierung".

Zentral oder dezentral? So lautete die Frage für Frank Smolka, verantwortlich für das Application Management bei Friwo Power Solutions, einem international aufgestellten Hersteller von Netz- und Ladegeräten. Dass das IFS-System zentral umgesetzt wurde, hatte seine Gründe in den einheitlichen Systemeinstellungen für alle Niederlassungen, in der zentralen Administration mit Datensicherung und den konsistenten Daten, obwohl man sich der Nachteile wie dem Fehlen eines einheitlichen Unicodes und der Kosten für Internet-Leitung sowie den externen Support bewusst war. Sichergestellt sein mussten auf jeden Fall eine ausfallsichere und hohe Verfügbarkeit sowie die speziellen gesetzlichen Anforderungen in den jeweiligen Ländern.

Spielend einfach eine hohe Benutzerakzeptanz erreichen war das erklärte Ziel von Markus Hirth, Leiter IT und Controlling der John Handels GmbH & Co KG. Und Semiramis von SoftM erfüllt diese Bedingung. Für das Web-basierte System sprachen die Möglichkeit, E-Mail und Fax direkt aus dem System zu verschicken, die Anbindung an das Dokumenten-Management-System und an die Office-Welt sowie ein verbessertes Reporting und Informations-Management.

Weniger Softwareinseln - mehr Effizienz. Mit dieser Maxime hat Kai Sievers, CFO und CIO bei der Argo-Hytos GmbH, den internationalen SAP-Rollout in Angriff genommen. Das 1200 Mitarbeiter zählende Unternehmen baut Filtertechniken für Land- und Baumaschinenhersteller. Wichtig für die Auswahl eines ERP-Systems war dem 47-jährigen technische Unterstützung für eine "saubere" gemeinsame Materialstammdatenhaltung bei den elf Schwestergesellschaften. "Das konnte uns nur SAP bieten", erklärt Sievers. Teil der erfolgreichen Umsetzung des Projekts war ein begleitendes Marketing in Form einer Zeitung, das die Anwender über Status, Ziele und Vorteile genauestens informierte. Trotz verspätetem Go-live in Deutschland und "Anfangswehen" in der Produktionsversorgung lag die Einführungszeit mit neun Monaten für ihn durchaus im Rahmen.

Übrigens: Wer sich jetzt für eine neue Software entscheidet, könnte ein paar Euro sparen. Die Einstiegspreise sind, laut Trovarit, zurzeit im Keller.