Die Zukunft in der IT

02.11.2005
Von 
Senior Communication Managerin bei der Content Marketing Agentur Evernine
Die Marktforscher von Gartner erwarten für die Zukunft gravierende Umwälzungen in der IT-Industrie. Vier wichtige Trends bestimmen die Zukunft der IT: "Consumerisierung", Virtualisierung, der allgegenwärtige Zugang zu Informationen und die Verlagerung von unternehmenseigener IT hin zu verstärkter Inanspruchnahme von Dienstleistungen.

Gartner sieht das Wachstum der Consumer-Industrie als größten Einzelfaktor, der in der nächsten Dekade die Nachfrage in der Halbleiterindustrie antreiben wird. Der Endkundensektor werde aber auch andere Bereiche der Informationstechnik massiv beeinflussen. "Bis 2013 werden mehr als 200 Milliarden Prozessoren weltweit im Einsatz sein", davon geht Steve Prentice, Chef-Analyst bei Gartner, aus. Gesteigerte Performance und neue Produktionstechnologien sollen in den kommenden Jahre zu weiter erhöhten Bandbreiten führen und die Vorteile ausschöpfen, die dem Medium Glasfaser noch innewohnen. "Schon heute werden pro Tag mehr Informationen über ein einziges Kabel geschickt, als noch 1997 in einem Monat über das gesamte Internet übertragen wurden", erklärt Prentice.

"Und permanent fallende Preise für Speicher (um 32 Prozent pro Jahr) schüren den Hunger auf immer mehr Speicher", so der Analyst. Prentice erwartet, dass die Speicherlieferanten ihren Output von 21 Millionen Terabyte im Jahr 2004 auf 220 Millionen Terabyte im Jahr 2009 erhöhen. "Gleichzeitig fällt der Preis von rund einem Dollar pro Gigabyte auf 20 Cent pro Gigabyte.

1. Consumerisation

Der Trend zur "Consumerisation" wird die IT laut Prentice in den nächsten zehn Jahren am stärksten beeinflussen. Im Jahr 2013 sollen beispielsweise über 50 Prozent aller Chipverkäufe in Produkte für den Endkundenbereich gehen. "Die Grenzen zwischen Endverbraucher- und Unternehmenstechnologie verschwinden. Der Consumer-Markt gewinne in den kommenden zehn Jahren im Vergleich zum klassischen IT-Markt immer mehr an Bedeutung. Deutlich werde dies beispielsweise daran, dass neue Technologien zuerst im Endverbrauchermarkt Einzug halten und erst anschließend im gewerblichen Bereich zum Einsatz kommen. "Die meisten neuen Technologien, die von Unternehmen im Zeitraum zwischen 2007 und 2012 eingesetzt werden, entstammen dem Endverbrauchersegment." Die Aussicht auf hohe Verkaufszahlen mit entsprechenden Gewinnen habe viele Hersteller davon überzeugt, ihre Ressourcen in Produktentwicklungen und Dienstleistungen für Privatkunden zu investieren.

Die IT-Manager müssten lernen, wie mit solchen Konsumentenprodukten, beispielsweise Skype oder Google-Desktop, umzugehen ist. Denn diese würden den Arbeitsalltag und Workflow durchdringen, so wie dies schon in der Vergangenheit mit Wi-Fi, Smartphones oder Instant Messaging der Fall war. Widerstand dagegen sei sinnlos, stattdessen gelte es, den Mehrwert zu nutzen.

2. Virtualisierung

Prentice geht auch davon aus, dass die Virtualisierung von IT-Komponenten rasant zunimmt. Virtualisierung erlaubt, Daten zwischen verschiedenen Umgebungen auszutauschen. Mit Hilfe virtueller Speicher lassen sich die vorhandenen Ressourcen nicht nur besser verwalten, sondern auch besser nutzen. Die Virtualisierung erlaubt die Trennung von Applikations-Server und physikalischem Datenspeicher. Anwendungen kann Speicherplatz "just in time" zur Verfügung gestellt werden, was sowohl die Speicherkosten als auch die Kosten für die Administration verringert.

"Die Virtualisierung kann die Verwendung von IT-Ressourcen verbessern und die Flexibilität sowie Verfügbarkeit steigern. Der Infrastruktur wird es damit ermöglicht, sich schneller auf veränderte Anforderungen und Workloads einzustellen", erklärt Prentice. Virtualisierungskonzepte seien auf Netzwerkebene bereits weitgehend ausgereift.

Auch die Virtualisierung bei Speicher und Servern sowie das Einrichten verschiedener virtueller Maschinen oder Partitionen auf einem einzigen Rechner nähmen zu.

3. Immer online

"Bis 2012 wird die Zahl der drahtlosen Netzgeräte, die in den Fortune-1000-Unternehmen zum Einsatz kommen, mindestens um den Faktor fünf steigen", erklärt Prentice zum Trend des permanent möglichen Zugriffs auf Informationen im Netz. Er rät den DV-Verantwortlichen, schon heute die Möglichkeiten strategischer Applikationen im Bereich drahtlose Technologien auszuloten. "Funknetze wie RFID und andere Techniken werden enorme Mengen an nackten Daten liefern, die in wertvolle Informationen umgesetzt werden müssen. Die Explosion der Datenmenge wird neue Speicher- und Verarbeitungssysteme verlangen sowie neue Management-Anforderungen und Compliance-Verpflichtungen fordern."

Die Ära der heute üblichen handbuch-basierenden Management-Anweisungen sei dann auch vorüber. Vielmehr werden automatisierte Systeme Einzug halten: Prentice nennt diese "self cognisant" - für sich selbst zuständig. Die Vision: "Sie konfigurieren sich selbst, reparieren sich selbst, managen sich selbst und können sich sogar selbst zerstören." Im Mittelpunkt dieses starken Zuwachses an Geräten für die drahtlose Kommunikation steht laut Prentice "die Annahme einer fast freien Kommunikationsinfrastruktur - das Internet".

4. Hybride Infrastrukturen

"IT-Manager sollten davon ausgehen, dass ihre künftige IT-Infrastruktur hybrid aufgebaut ist: Sie besteht dann nicht mehr nur aus unternehmenseigenen Systemen und Lösungen. Daneben wird es eine Infrastruktur geben, die als Service genutzt wird", sagt Prentice. Er sieht eine Tendenz der Abkopplung vom Unternehmen - "weg vom physikalischen Besitz und hin zu einer virtuellen Infrastruktur, die in bestimmten Bereichen flexibler und agiler ist".

Das Konzept des "Utility Computing" oder auch "Power on demand" ist laut Prentice noch unvollständig. Eine perfekte "Realtime-Infrastruktur" (RTI) dagegen ist eine IT-Infrastruktur, die von jenen Nutzern, Geschäftseinheiten oder Applikationen geteilt werden kann, die eine dynamische und automatische Optimierung der IT-Infrastruktur benötigen. "Damit lassen sich Kosten senken und gleichzeitig die Agilität und der Faktor Quality of Service verbessern."

Wohin geht die Reise? Entstehen wird laut Prentice ein "globales virtuelles Dorf". In dieser Netzwerk-Ära werden die Mitglieder der Gesellschaft durch "smart networked objects" vernetzt, und die Informationstechnologie wird grundlegender Bestandteil der "realen" Welt sein. Wer in diesem Zukunftsszenario erfolgreich sein will, muss die richtigen strategischen Entscheidungen treffen, um sich auf den Zukunftsmärkten positionieren zu können. Die entscheidenden Faktoren für den Erfolg sind laut Gartner sinkende IT-Kosten, höhere Flexibilität und eine verbesserte Qualität der Services. Ein Erfolgsgarant heißt für Prentice RTI. Damit lasse sich nicht nur Geld sparen, sondern es werde auch eine neue Unternehmensphilosophie etabliert - mit neuen Definitionen von IT-Infrastruktur und -Architektur.

"Die Organisationen müssen ihre Unternehmens-IT als Voraussetzung für Dienstleistungen sehen, die mit der Unternehmensstrategie verbunden sind, und diese erst möglich machen", erklärt Prentice. Traditionelle Definitionen der Unternehmens-IT spiegeln jedoch eine geschlossene, nach innen gerichtete Perspektive eines Unternehmens wider, die mit den heutigen schnellen und immer im Fluss befindlichen Unternehmensallianzen und -partnerschaften nicht mithalten könne.

Extrovertierte IT

Vielmehr müsse die Unternehmens-IT mehr nach außen gerichtet sein und das gesamte Ökosystem einbeziehen, in dem das jeweilige Unternehmen tätig ist, sagt Prentice. Die Entwicklung einer agilen und effizienten Echtzeit-Infrastruktur reflektiere diese neue Rolle: Sie werde den permanenten und schneller Veränderungen gerecht. "Ohne Agilität oder behindert durch Faktoren wie Trägheit, veraltete Systeme, unflexible Prozesse wird die IT zum Hemmschuh für ein erfolgreiches Geschäft." (he)