Interview

Die Zukunft gehört dem Enterprise Storage

07.02.1997

CW: Sie schienen auf der Pressekonferenz heute morgen sehr überzeugt davon, daß Ihr technischer Vorsprung gegenüber der Konkurrenz so groß ist, daß er in den nächsten Jahren nicht aufgeholt werden kann. Was macht Sie da so sicher?

Ruettgers: Nun, zuallererst kennen wir natürlich die Produkte der Wettbewerber. Die meisten davon sind nicht so gut wie unsere eigenen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, daß wir vor allem bei unserer Software, die wir seit sieben Jahren kontinuierlich weiterentwickeln, der Konkurrenz um mindestens 18 Monate voraus sind.

CW: Wen sehen Sie denn überhaupt hinter sich, wenn Sie über die Schulter schauen?

Ruettgers: Echte Konkurrenten können eigentlich nur aus dem Mainframe-Lager kommen, denn nur dort gibt es ausreichende Erfahrungen mit solch großen Systemen. Die IBM, die derzeit sechs unterschiedliche Speicherplattformen anbietet, hat aber nichts auf Lager, was unseren Produkten nahekommt. Und bei den PCMern sehe ich auch keine ernstzunehmenden Gegner. Wir haben beispielsweise vergangenes Jahr für die Entwicklung mehr ausgegeben, als Amdahl mit seinen Geräten Umsatz machte.

CW: Heißt das auch, daß Ihrer Ansicht nach die IBM die Idee des "Enterprise Storage" noch gar nicht begriffen hat?

Ruettgers: Exakt. Ein IBM-Produkt-Manager wurde kürz-lich gefragt: "Wann wird die IBM die Möglichkeit bieten, auf Da-ten sowohl von Mainframes als auch von offenen Systemen aus zuzugreifen?" Seine Antwort war: "Warum sollten Kunden so etwas tun wollen?" Mein Eindruck ist, daß die IBM sich auf ihre Festplattenlaufwerke konzentriert und das Geschäft mit großen Speichereinheiten zurückfährt.

CW: In Ihrer Ansprache haben Sie Rick Westerman von der Meta Group mit der Aussage zitiert, innerhalb der kommenden drei Jahre werde der Bedarf an Massenspeicher bei den europäischen Unternehmen auf das Dreifache anwachsen. Sehen Sie das wirklich so?

Ruettgers: Ich halte die Einschätzung von Westerman für ein wenig aggressiv. Wenn man allerdings die geballten IT-Probleme der Europäer in den kommenden Jahren betrachtet, also die Euro-Umstellung, die Jahr-2000-Schwierigkeiten, die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte, Inter- und Intranet, dann könnte seine Vermutung auch zutreffen. Mit persönlich erscheint die Zahl allerdings, wie gesagt, etwas überhöht.

CW: Ihre Hauptkunden in Europa sind momentan die Telekommunikationsunternehmen. Sehen Sie für die Zukunft weitere Marktsegmente als Schlüsselbereiche an?

Ruettgers: In der Tat kommen einige unserer größten Kunden aus dem Telecom-Bereich. Praktisch überall auf der Welt wird dieser Sektor derzeit ganz oder teilweise privatisiert. Damit entstehen für die Unternehmen völlig neue Notwendigkeiten im Kundendienst- und Servicebereich. Vor allem die Abrechnungsverfahren müssen viel detaillierter und schneller werden. Die Deutsche Telekom AG ist mit installierten 37 TB unser größter Kunde in Europa. Daneben versorgen wir aber auch etwa 90 Prozent aller Luftlinien weltweit, bei den Banken und in der Medizin liegen wir ebenfalls sehr gut im Rennen. Unsere Geschäftsfelder sind überall dort, wo große Datenmengen anfallen.

CW: Wenn die Konkurrenz Ihnen schon technisch nicht das Wasser reichen kann, dann versucht sie es statt dessen über den Preis. Wie reagieren Sie darauf, müssen Sie sich anpassen?

Ruettgers: Bei unseren Produkten müssen wir darauf nicht besonders eingehen, den Wert unserer Geräte brauchen wir nicht zu rechtfertigen. Sie sind vor allem dazu geeignet, in einem Unternehmen die Arbeitskosten dauerhaft zu senken. Darum sind unsere Produkte von den Total costs of ownership her für den Anwender in jedem Fall günstiger.

CW: Das Ende des Mainframes ist schon oft vorhergesagt worden. Wann ist es für Sie in Sicht?

Ruettgers: Ich denke, der Mainframe als Server wird uns noch lange begleiten. Immerhin schreibt die Industrie seit 35 Jahren Software dafür. Seit etlichen Jahren gehen 70 Prozent der weltweiten Software-Entwicklungen in die Pflege dieser Anwendungen, und diese Werte kann niemand einfach wegwerfen. Deshalb sehe ich kein Ende für den Mainframe. Allerdings müssen die auf den Großsystemen vorgehaltenen Daten auch auf offene Systeme übertragen werden können und umgekehrt. Genau an dieser Stelle setzen wir mit unserer Software an.