Die Wunschliste für das iPhone ist lang

07.11.2007
Am 9. November bringt T-Mobile Apples "Jesusphone" nach Deutschland. Eine Bestandsaufnahme.

Es war schon immer etwas teurer, einen guten Geschmack zu haben. Dass es dennoch genug Menschen gibt, die sich diesen leisten können oder wollen, ist Basis des wachsenden Erfolgs von Apple. Mit ihrem einzigartigen Mix aus Funktionalität und Design gelingt es der Company aus dem sonnigen Cupertino seit Jahren immer wieder, Trends zu setzen und das nicht nur bei Desktops und Notebooks, sondern auch bei Musik-Playern und verschiedenen Softwareprodukten.

iPhone Plus/Minus

Elegantes Design, gute Verarbeitung, einfache Bedienbarkeit, stabile Grundfunktionen

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Teure Vertragsbindung, fehlende Offenheit (Speicher, Datenformate, Drittapplikationen), unausgereifte Detaillösungen, fehlende UMTS-Unterstützung, schwache Kamera, keine Dritt-Applikationen, mangelnde E-Mail- und Office-Funktionalität, kein Speicherkartensteckplatz.

Mit dem iPhone kommt nun das nächste Kultobjekt auf die stetig wachsende Anhängerschar zu. Knapp vier Monate nach dem Verkaufsstart in den USA ist das Gerät ab dem 9. November auch hierzulande zu haben. Als Marktführer scheute T-Mobile weder Kosten noch Mühen, um das iPhone als einziger autorisierter Mobilfunkanbieter in Deutschland anbieten zu dürfen. Die Telekom-Tochter ließ sich sogar auf ein unangenehmes Provisionsmodell ein, über das Apple angeblich mit bis zu 30 Prozent an den erzielten Umsätzen beteiligt wird.

Da die Kunden die Zeche mitbezahlen, erscheint der Verkaufsstart kurz vor der Überweisung des Weihnachtsgeldes gut gewählt: Das nicht subventionierte Gerät kostet bei T-Mobile 399 Euro, außerdem kann es nur in Verbindung mit einem Zwei-Jahres-Vertrag erworben werden. Zur Auswahl stehen die T-Mobile-Tarife "Complete M", "L" und "XL" für 49, 69 und 89 Euro im Monat. Sie enthalten 100, 200 beziehungsweise 1000 Inklusivminuten für Telefonate in alle Netze, jede zusätzliche Gesprächsminute kostet 39 Cent und im XL-Tarif 29 Cent. Außerdem inkludiert sind 40, 150 oder 300 (Inlands-)SMS, für jede weitere Kurzmitteilung werden 19 Cent fällig. Einen Haken gibt es bei den vermeintlichen Daten-Flatrates: Anders als in den USA wird ab einem Datenvolumen von 200 MB (Complete M), 1 GB (Complete L) oder 5 GB (Complete XL) die Bandbreite im jeweiligen Monat auf maximal 64 Kbit/s (ISDN-Geschwindigkeit) gedrosselt.

Wer sich in den Tarifen nicht wiederfindet, kann dennoch hoffen. So wird spekuliert, dass T-Mobile sich ein Schlupfloch gelassen hat und bei unzureichender Nachfrage mit "Complete S" einen günstigeren Tarif nachreicht. Die Chancen, ein hiesiges iPhone günstig zu erwerben und das Simlock anschließend zu knacken, sind dagegen gering: Nach den schlechten Erfahrungen in den USA, wo laut Apple über 18 Prozent der rund 1,4 Millionen verkauften Geräte gehackt wurden, ist das iPhone in Deutschland ausschließlich in den T-Punkt-Läden und in Verbindung mit einem Mobilfunkvertrag zu haben.

Wer auf anderen Wegen zu einem iPhone gelangen will, dem bietet sich neben den bereits bekannten Beschaffungswegen über Freunde in den USA oder dem Erwerb in Online-Auktionshäusern (mit dem Risiko, dass das Gerät später via Firmware-Update gesperrt wird) eine Reise nach Frankreich an. Der dortige Partner von Apple, die France-T?©l?©com-Tochter Orange, muss eine Version ohne Simlock anbieten, da das französische Verbraucherschutzgesetz eine Exklusiv-Vermarktung verbietet.

Geniale Benutzerführung

Lohnt sich die nicht unerhebliche Investition? Für das iPhone spricht zunächst einmal das minimalistische, aber elegante Design: Während andere Handys unzählige Nummern- oder gar Buchstabentasten benötigen, genügt dem Gerät eine einzige Taste sowie ein großer, berührungsempfindlicher Bildschirm. Ein weiterer Pluspunkt ist die kinderleichte Benutzerführung über das Multi-Touch-Display. Nicht nur, dass man alle Funktionen mit dem Finger ansteuern kann. Mit Daumen und Zeigefinger lassen sich zudem Fotos oder ganze Websites auf dem Bildschirm in der Größe verändern und bei Bedarf heranzoomen. Die Bedienung verblüfft mit solcher Einfachheit, dass Marktbeobachter nicht ohne Grund erwarten, dass das mobile Internet mit dem iPhone in Deutschland massentauglich wird. Zu den netten Details zählen außerdem die automatische horizontale und vertikale Bildschirmausrichtung sowie die Anpassung der Display-Beleuchtung an das Umgebungslicht.

"Erfindung des Jahres"

Selbst wenn Hersteller wie LG oder HTC mit neuen Modellen dem iPhone nacheifern, weist das "Time Magazine" zurecht darauf hin, dass Apple die Funktionen zwar nicht neu erfunden, aber bestehende Technologien im iPhone erstmals sinnvoll zusammengeführt habe. Das Magazin hat das iPhone in seiner neuen Ausgabe als "Erfindung des Jahres" ausgezeichnet. Als Erklärung führt Autor Lev Grossman fünf Gründe an: Trotz aller Kritik sei das iPhone schön, berührungssensitiv und werde dazu beitragen, andere Handys zu verbessern. Außerdem stelle das Gerät kein Mobiltelefon, sondern vielmehr eine Plattform dar und sei nur der Beginn einer ganzen Reihe von künftigen iPhones.

Allgemein kann man sagen, dass Apple manche Details im iPhone Version 1.0 genial einfach (oder einfach genial) gelöst hat, bei anderen hätte etwas mehr Komplexität nicht geschadet. Bricht etwa während des Surfens die WLAN-Verbindung zusammen, wechselt das Gerät automatisch und ohne Warnung auf eine mobile Datenverbindung bei einer Roaming-Verbindung im Ausland ein teures Vergnügen! Nachbesserungsbedarf besteht auch bei der virtuellen Tastatur, deren einzelne Tasten erst nach der Berührung vergrößert angezeigt werden.

In manchen Details ging Apple offensichtlich Kompromisse zugunsten des eigenen Profits ein. So wirkt die integrierte Kamera mit 2-Mexapixel Auflösung und ohne Zoom-Funktion angesichts im Markt existierender 5-Megapixel-Geräte altbacken. Außerdem ist es dem Nutzer nicht möglich, MP3-Dateien als Klingeltöne zu verwenden, sondern nur Apple-Töne. Vermisst wird auch ein Steckplatz für Micro-SD-Karten, um den vorhandenen 8-Gigabyte-Speicher zu vergrößern und die Verwendung des iPhone als Musik- oder Video-iPod deutlich zu erweitern.

Während das iPhone dank Imap-Unterstützung und Drittanbietern wie Synchronica Push-Mail-fähig ist, hält sich die Mail-Funktionalität des Geräts doch in Grenzen. So lassen sich im Anhang befindliche Word- und Excel-Dateien zwar anzeigen, aber nicht bearbeiten. Daneben werden Business-Nutzer vermutlich die Fülle an Dritt-Applikationen vermissen, die sie von Geräten mit Windows Mobile, Symbian oder Blackberry-Betriebssystem gewohnt sind. Streng genommen ist das iPhone im aktuellen Zustand kein Smartphone, sondern allenfalls ein "Feature-Phone". Was nicht heißen soll, dass es für das Handy keine Fremdanwendungen gibt. Das erst vor kurzem vorgenommene Firmware-Update 1.1.1 hatte sämtliche Programme Dritter allerdings deaktiviert und die Funktionalität des Telefons gestört. Erst zwei Wochen später konnten Hacker neue Lösungen präsentieren. Um dem Katz-und-Maus-Spiel ein Ende zu bereiten, hat die Jobs-Company inzwischen für Februar ein Software Development Kit (SDK) angekündigt.

Vermeintlicher Datenturbo

Etwas länger wird es dauern, bis Apple die fehlende UMTS-Unterstützung nachliefert. Während HSDPA-Mobilfunknetze schon bald eine (theoretische) Bandbreite von 7,2 Mbit/s bereitstellen, bedient sich das iPhone des 2,5G-Standards Edge, der Download-Raten von maximal 220 Kbit/s bietet. Nicht ohne Grund erklärte der frühere T-Com-Vorstand und amtierende Chef von Microsoft Deutschland, Achim Berg, auf einer Podiumsdiskussion, dass Edge eine alte Technik sei. T-Mobile macht indes aus der Not eine Tugend und will den "Turbo für GPRS" bis Ende des Jahres großflächig in seinem GSM-Netz ausrollen.

Wie nachfolgende Generationen des iPhone aussehen müssten, darüber haben sich unter anderem die Redakteure der US-amerikanischen CW-Schwesterpublikation "Macworld" Gedanken gemacht. Sie stellten gleich mehrere Wunschlisten zusammen: für die Hardware, die Benutzerführung und allgemeine Features, für Mail, Telefonie und Ruflisten, für den Safari-Browser sowie die Text- und Chat-Funktion. Ein Anforderungskatalog für die Kamera und andere Elemente ist noch in Arbeit.