Von Viag Interkom über O2 bis zu Telefónica

Die wechselvolle Geschichte von O2

09.11.2012
Von 
Christian Merten ist als freier Journalist in München tätig.

2012: Börsenpläne für Telefonica in Deutschland

2012 bringt die nächste große Änderung für Telefónica in Deutschland. Nicht nur der Start der mobilen LTE-Angebote erweitert das Geschäft, auch mit der Beteiligung an der konzernweiten Start-up-Initiative Wayra zeigt das Unternehmen seinen Willen, in Wachstumsfelder vorzudringen und diese zu fördern. Ausweiten will das Unternehmen sein Geschäft auf jeden Fall im Bereich Bezahldienste. So pusht das Unternehmen mittlerweile das gemeinsame Bezahlsystem mpass, an dem neben Telefónica auch die Deutsche Telekom und Vodafone beteiligt sind. Und für ihre elektronische Geldbörse Wallet, in der Telefónica mehrere unterschiedliche Bezahlfunktionen digital zusammenfassen will, hat sie die Dortmunder Volksbank als Partner gewonnen.

Vor allem aber trifft die Konzernmutter in Spanien eine Entscheidung, die zu einer erneuten Änderung in der Eigentümerstruktur des Unternehmens führt: 23 Prozent der deutschen Tochtergesellschaft bringt der Konzern an die Deutsche Börse. Mit dem Börsengang kommt übrigens ein neuer Name ins Spiel. Er wird eingedeutscht. Das Unternehmen heißt jetzt Telefónica Deutschland. Einnahmen von fast 1,5 Milliarden Euro bringt der Börsengang. Mit ihnen soll vor allem die hohe Schuldenlast der Telefónica SA verringert werden. Nach Angabe der Banken war das Interesse am Börsengang groß und die Aktien mehrfach überzeichnet. Investoren lockte das Unternehmen unter anderem mit einem attraktiven Dividendenversprechen und dem starken Umsatzwachstum der letzten Jahre. Der Aktienkurs steigt gleich am ersten Tag von 5,60 Euro um 4,2 Prozent auf 5,84 Euro. „Der Appetit auf unsere Aktien ist überwältigend, und wir sind hocherfreut", kommentiert René Schuster, der Chef von Telefónica Deutschland, den ersten Börsentag.

Getrübt wird die Freude allerdings durch die große Aufregung, die am Tag des Börsengangs als Reaktion auf Pläne einer Telefónica-Tochter in Großbritannien entsteht: „Telefónica Dynamic Insights“ will mit ihrem Produkt Smart Steps Informationen an Geschäftskunden und Behörden verkaufen: Beispielsweise darüber, wieviele Menschen – möglicherweise unterteilt nach Altersgruppen, Geschlecht oder anderen Merkmalen – sich wo wie lange aufgehalten haben. Doch für deutsche Kunden ist das nichts, entscheidet Telefónica Deutschland nach dem negativen Medienecho nur zwei Tage später. „Datenschutz und Kundenzufriedenheit haben bei Telefónica oberste Priorität. Nach dem Feedback unserer Kunden haben wir uns nun allerdings entschieden, Smart Step in Deutschland nicht einzuführen“, verkündet ein Telefónica-Sprecher.

Die ersten Geschäftszahlen, die das Unternehmen als börsennotierte Firma veröffentlicht, können sich sehen lassen: Im dritten Quartal 2012 steigt der Umsatz im Jahresvergleich um 4,1 Prozent auf gut 1,3 Milliarden Euro. Und auch bei den Kundenanschlüssen legt das Unternehmen um 4,1 Prozent zu, auf 25,32 Millionen. Wie erfolgreich René Schuster mit seiner Mannschaft von Telefónica Deutschland die Wachstumsgeschichte des Unternehmens fortschreiben kann, wird sich zeigen. Der Wettbewerb auf dem deutschen Markt ist hart.

Einen großen Teil der eigenen Einnahmen wird Telefónica Deutschland auch weiterhin an den größten Wettbewerber in Deutschland, die Deutsche Telekom, für die Nutzung von deren Leitungen zahlen müssen. Der Ausbau von LTE- und Glasfasernetz sowie die Erweiterung der Datenkapazitäten im UMTS-Netz werden hohe Investitionen erfordern. Die Preise für klassische Telekommunikationsservices sinken. Neue Erlösmodelle müssen her. Die Herausforderungen wird das Unternehmen nur erfolgreich meistern, wenn es die Wandlungsfähigkeit seiner noch jungen Geschichte bewahren kann. (wh)