Bei Netzwerk-Management und Benutzerunterstützung liegt noch viel im argen:

Die Vernetzung von PCs ist nur die Spitze des Eisberges

25.11.1988

Die Einbindung von Personal Computern in Netzwerke nimmt stetig zu. Für viele Unternehmen gehören weitreichende Vernetzungskonzepte bereits zum Gebot der Stunde - der Wettbewerb zwingt sie dazu! Zur effizienten Nutzung des "Werkzeugs" PC am Arbeitsplatz gehören jedoch aufwendige Unterstützungsmaßnahmen im gesamten IT-Bereich.

Als der Masseneinsatz der Personal Computer begann, war die überwiegende Mehrzahl der installierten Maschinen als sogenannte Stand-alone-PCs zu bezeichnen. Eine Vernetzung untereinander oder mit den im Unternehmen befindlichen Host-Rechnern wurde zwar diskutiert, war jedoch in den wenigsten Fällen zur Realisierung vorgesehen. Inzwischen wird der Trend zur Vernetzung der PCs nicht nur intensiver diskutiert, sondern - insbesondere in Großunternehmen - im großen Stil geplant und realisiert. Die entsprechenden Rechner am Arbeitsplatz werden trendgerecht nicht mehr als PC bezeichnet, sondern umfassender als Workstation. Diese Entwicklung zeigte auch die Butler Cox Foundation, die in der jüngsten Vergangenheit mit insgesamt fünf Studien die Notwendigkeit solcher Schritte darstellte und dabei die folgenden Themen untersuchte:

- Die Workstation der Zukunft

- Die Entwicklung der Datenbanken im Unternehmen

- Netzwerk-Management

- Elektronischer Datenaustausch

- Software-Strategie

Flexible Unterstützung verschiedenartiger Aufgaben

Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Themenbereiche die Nutzung von vernetzten intelligenten Workstations als zentrale treibende Kraft. Die auf den ersten Blick nicht unmittelbar erkennbaren Zusammenhänge und Auswirkungen werden nachfolgend in ihren Abhängigkeiten dargestellt.

Wenn noch bis vor kurzem in den Anwenderkreisen über zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die neuen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik diskutiert wurde, so wird jetzt von den meisten großen Anwendern inzwischen klar bestätigt: Der Wettbewerbsdruck ist bereits da!

Eine unmittelbare Folge in den meisten Unternehmen ist nun, daß die strategisch wichtigen Büroarbeitsplätze - zum Beispiel von Planungsstäben, Ingenieuren, Konstrukteuren und Marketingabteilungen - mit Workstations ausgestattet werden. Diese Workstationnutzung ist nicht mehr mit den Terminalanwendungen zu vergleichen, die bis in die jüngste Vergangenheit hin, hier und da auch auf diesen Schreibtischen bereits (im allgemeinen für nur schmale Aufgabenbereiche) zum Einsatz kamen. Viel mehr liegt der angepeilte Nutzen heute darin, daß mit Hilfe des Werkzeugs Workstation die vielen verschiedenartigen Aufgaben dieser Zielgruppe flexibel unterstützt werden.

Diese Unterstützung bedeutet jedoch, daß der Endbenutzer nicht nur Rechenleistung zur Verfügung gestellt bekommt, sondern über die Workstation als Werkzeug die Informationen, die er zu seiner planenden, strategischen und im allgemeinen kreativen Aufgabenerfüllung benötigt, aktuell und vollständig abrufen und bearbeiten kann. Gemeint sind die an den unterschiedlichsten Stellen im Unternehmen gespeicherten Daten, Texte oder Grafiken inklusive der sogenannten "operationalen" Daten der produktionsunterstützenden Datenverarbeitung, die auf den unternehmensweiten großen Datenbanken gespeichert sind. Mit anderen Worten, dem Endbenutzer muß Zugang zu den unternehmensweiten Daten über seine Workstation verschafft werden (in zunehmendem Maße auch zu extern angebotenen Daten und Informationen).

Vermehrt Disk-Server in den Netzwerken

In den meisten Unternehmen sind diese Produktivdaten allerdings auf Datenbanken der ersten Generation gespeichert. Diese Datenbanken eignen sich jedoch von ihrem gesamten Design her nicht dazu, Endbenutzern sehr flexibel Zugriff zu bestimmten oder allen Datenbereichen zu gewähren. Diese Flexibilität haben erst die relationalen Datenbanken der zweiten Generation. Um nicht in Performance-Schwierigkeiten sowie Probleme zu geringer Rechnerkapazität zu kommen, sind derartige Datenbestände zukünftig zunehmend in lokal verteilten Datenbanken, die sich jedoch wie eine "monolitische Datenbank" verhalten, zu speichern. Als Folge dieser Entwicklung ist eine zunehmende Vernetzung der Workstation (PCs) mit entsprechenden Host-Computern sowie untereinander zu verzeichnen.

Benutzeroberfläche als kostenrelevantes Problem

Mit dieser Vernetzung gehen dann sowohl bestimmte physikalisch/technische Ausprägungen hinsichtlich der Workstation der Zukunft einher, als auch logische Anforderungen hinsichtlich der Benutzerschnittstelle. Es ist bereits heute abzusehen, daß die Workstations, in lokalen Netzen miteinander verbunden, mittelfristig selbst keinen eigenen externen Speicher mehr besitzen. Diese werden über entsprechende Disk-Server im Netz bereitgestellt ebenso wie auch die gemeinsamen Printer-Server. Der Preis einer solchen intelligenten Workstation wird sich auf eine Marke um 1000 Mark zu bewegen.

Auf der logischen Ebene wird das Thema der Benutzeroberfläche zum beherrschenden kostenrelevanten Problempunkt werden. Kein Unternehmen wird es sich mittelfristig mehr leisten können, den heute notwendigen Schulungsaufwand zu erbringen, der erforderlich ist, um die vielen Anwender und potentiellen Nutzer auf die Unzahl von unterschiedlichen Benutzeroberflächen in den verschiedenen Anwendungen von verschiedenen Herstellern auszubilden. Benötigt wird eine Art Standard, wie er unter anderem in IBMs SAA-Konzept mit dem Common User Interface vorgesehen ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich eine Benutzeroberfläche durchsetzen, entsprechend der WIMP-Schnittstelle (Windows, Icons, Mouse and Pull-down Menue) von Apple-Macintosh.

Unabhängig von den bisher angeschnittenen, sicher nicht leicht zu lösenden Problemfeldern tut sich inzwischen ein weiteres noch völlig unterschätztes auf, nämlich das Netzwerk-Management. Die letzten Untersuchungen von Butler Cox haben hier ergeben, daß noch auf absehbare Zeit die Anwender mit gravierenden Problemen zu kämpfen haben werden:

- Es gibt sehr wenige ausgebildete und erfahrene Leute, die diesen Bereich beherrschen. Das notwendige Wissen und die notwendige Erfahrung muß inzwischen Hard- und Softwareprodukte von sehr vielen Herstellern umfassen, meistens in einer Mixed-Konfiguration eingesetzt, zum Teil beeinflußt von Regulierungen der PTT's, und zusätzlich erschwert durch die Probleme internationaler Vernetzung.

- Hinsichtlich der Benutzerunterstützung sind die meisten Organisationen schlichtweg schlecht oder falsch organisiert. Der Benutzer weiß im allgemeinen gar nicht mehr, an welche der vielen Help-Desks er sich noch wenden soll.

- Zur Unterstützung eines effektiven Netzwerk-Management gibt es noch keine ausreichend funktionsreichen Tools, von Standards ganz zu schweigen.

- Die Hersteller und Anbieter sehen die gesamte Tragweite und Problematik des Netzwerk-Management-Themas offensichtlich auch erst seit kurzer Zeit und können noch auf absehbare Zeit nicht mit entsprechend umfassenden und leicht anwendbaren Softwareprodukten für Tools aufwarten. Verfügbar ist allenfalls ein "Fleckerlteppich" an unterschiedlichen, nicht kompatiblen, sich zum Teil überschneidenden Inselprodukten.

Integriertes Bündel von Maßnahmen tut not

Den Anwendern, die aufgrund des eingangs erwähnten Wettbewerbdrucks gezwungen sind, ihre Netze zu vergrößern - nicht zuletzt auch durch das immer mehr realisierte Electronic Data Interchange (EDI) mit Kunden und Lieferanten - hilft über absehbare Zeit daher überhaupt nur ein integriertes Maßnahmenbündel in den Bereichen Personal, Verfahren, Tools und Organisation.

In den entstehenden Notstand hinein werden zunehmend sogenannte Third-Party-Anbieter ihre Dienste vermarkten. In einigen unserer europäischen Nachbarländer sowie in den USA sind entsprechende Dienstleistungsangebote bereits verfügbar. Sie reichen von branchenneutralen Value Added Services (VAS) bis zu branchenspezifischen Dienstleistungsangeboten, die zur Zeit noch unter dem Sammelbegriff "Facilities Management Services" laufen. In Anspruch genommen werden diese Dienstleistungen natürlich auch wieder über vernetzte PCs.