Mobile Kommunikation/Vielreisende Notebook-Anwender profitieren von Euro-ISDN

Die Vernetzung mobiler Teilnehmer erfordert ein Gesamtkonzept

03.01.1997

Ein schneller Datenfluß bringt Geld in die Kasse: Je eher Bestellungen oder Verträge vom Kunden zur Zentrale gelangen, desto kürzer die Zahlungsziele. Zudem lassen sich aktuelle Preislisten, Änderungen im Sortiment oder persönliche Nachrichten über die Datenleitung wesentlich schneller und kostengünstiger verteilen als mit herkömmlichem Postversand. Unter diesem Aspekt rechnet sich die Vernetzung von Außenbüros und Filialen, aber auch von mobilen Mitarbeitern in Außendienst und Vertrieb.

Der einfachste und preisgünstigste Weg zum Remote Access ist eine Modemverbindung über analoge Telefonleitungen. Wo lediglich E-Mails oder kurze Texte verschickt und empfangen werden, reicht diese Lösung völlig aus. Bei der Übertragung von Grafiken und sehr großen Dateien jedoch erweisen sich selbst Modems mit 28,8 Kbit/s und Datenkompression als recht langsam. Ein ISDN-Basisanschluß hingegen, der zwei B-Kanäle zu je 64 Kbit/s zur Verfügung stellt, bietet die vierfache Übertragungsleistung analoger Modems der besagten Leistungsklasse. Außerdem gewährleistet das digitale Verfahren eine störungsfreie Übertragung sowie einen fünf- bis zehnmal schnelleren Verbindungsaufbau.

In den meisten Büros zählt ein ISDN-Anschluß bereits zum zeitgemäßen Business-Standard. Es ist daher verständlich, daß auch bei mobilen Anwendern der Wunsch nach einer ISDN-Kopplung zum Unternehmensnetz aufkommt. Um derartige Verbindungen herzustellen, kann das Notebook eines mobilen Anwenders mit einer internen ISDN-Karte bestückt sein.

Eine flexible Alternative sind jedoch externe Router zum Remote Access, die schon im gleichen Preisbereich zu finden sind wie komfortabel ausgestattete analoge Modems. Access Router erlauben es dem Anwender, einen Zugang über analoge Wählverbindungen, Festverbindungen oder ISDN zum Unternehmensnetz herzustellen. Sofern das Unternehmens-LAN über ein Gateway mit dem Internet verbunden ist, kann der mobile Anwender über das lokale Netz auch auf das World Wide Web zugreifen.

ISDN-Verbindungen von unterwegs sind besonders für Geschäftsreisende in Europa interessant: Länderspezifische Steckersysteme und abweichende physikalische Verbindungen bilden ein schwieriges Hindernis zum Einsatz analoger Modems im Ausland. Mit Euro-ISDN hingegen existiert eine europaweite Zugangslösung mit standardisierten Steckern. So haben einzelne Hotelketten bereits auf die Bedürfnisse ihrer Kunden reagiert und bieten Zimmer mit DFÜ-fähigen ISDN-Anschlüssen.

Das verhilft dem mobilen Notebook-Anwender zu den bekannten Nutzeffekten des ISDN: schneller Verbindungsaufbau und hohe Übertragungsraten sowie ein sicherer und fehlerfreier Betrieb. Mit Funktionen zur optimalen Bandbreitennutzung ergeben sich weitere Vorteile an beiden Seiten der Verbindung. So steht dem Benutzer mit Access Routern die erforderliche Bandbreite entsprechend seiner individuellen Anwendung zur Verfügung. Sofern die Anlagen sowohl in der Zentrale als auch beim Außenanwender das Protokoll Multichannel Protocol Plus (MP+) unterstützen, lassen sich Kanäle in Echtzeit zu- oder abschalten, um Schwankungen beim Verkehrsfluß auszugleichen.

So erhöht etwa ein Router während des Downloads einer großen Datei die Bandbreite, indem er einen weiteren Kanal öffnet. Ist der Empfang abgeschlossen, wird der Kanal automatisch für andere Teilnehmer wieder freigegeben. Mit diesen Funktionen übertragen die ISDN-fähigen Access Router einen Datenstrom von 128 Kbit/s, der durch Kompressionsraten bis vier zu eins zu einem maximalen Durchsatz von 512 Kbit/s führen kann.

Bei diesen Übertragungsraten erhält der Anwender den Eindruck, direkt mit dem LAN verbunden zu sein. Außerdem lassen sich bis zu 75 Prozent Leitungskosten sparen, da die Übertragungszeiten direkt mit den Kosten korrelieren. Um beispielsweise via Modem eine Datei von 2 MB mit einer Transferrate von 28,8 Kbit/s zu übertragen, benötigt das analoge Gerät rund neun Minuten. Bei einem Übertragungstempo von 512 Kbit/s durchquert die gleiche Datei das ISDN-Netz in rund 30 Sekunden.

Nicht alle Terminaladapter und internen PC-Karten unterstützen allerdings die Datenkompression oder Multilink-Protokolle wie MP oder MP+. Bei Reisen in die USA oder Kanada kann es zu Schwierigkeiten kommen, weil dort eine Reihe abweichender Zugangsdienste angeboten wird. Als Dienstleister kommen entweder Interexchange Carrier (IXCs) wie AT&T, MCI und Sprint oder Local Exchange Carrier (LEC) für die unterschiedlichen Dienste in Frage. Für überregionale Anwendungen kann ein Teilnehmer Dienste von einem IXC direkt beziehen. Angebote gibt es auch von LECs, die Überlandkapazitäten wiederum bei den IXCs einkaufen. Während Euro-ISDN in Europa fast flächendeckend angeboten wird und den Fernzugriff erleichtert, herrscht in der Neuen Welt eine digitale Kleinstaaterei.

Mobiles Computing bedeutet jedoch nicht nur die Ausstattung von Außendienst und Wartungspersonal mit Notebooks und Access-Produkten. Vielmehr ist auch in der Unternehmenszentrale ein gezieltes Vorgehen zur Integra- tion mobiler Anwender in das Firmen-LAN erforderlich. Es ist dabei sicherlich nicht die Regel, daß durchgängige Lösungen zum Fernzugriff ganz gezielt realisiert werden. In der Praxis finden sich vielmehr gewachsene Netze aus einem Sammelsurium unterschiedlichsten Equipments: Modempools, Terminal-Server, Router, Bridges, Gateways und Multiplexer. Davon abgesehen, daß ein solcher Wildwuchs Platzprobleme schafft, übersteigt er oft auch die Kapazität von Stromversorgung und Belüftung.

Alle Funktionen in einem Gerät

Zeitgemäße Lösungen vereinen die Funktionen all dieser Komponenten in einem Gerät. So sollte ein Remote-Access-Server über die unterschiedlichen, in der lokalen Installation verwendeten Protokolle wie IP und IPX unterstützen. Gleichzeitig sollte die Client-Software für Betriebssysteme wie Windows, Mac-OS oder OS/2 zur Verfügung stehen.

Durch den Einsatz von Remote-Access-Routern am Übergang zum LAN erhalten dezentrale Teilnehmer einen Zugang über analoge sowie digitale Zugangsleitungen. So können mobile Anwender mit Analogmodems die gleiche Zugangsnummer wie ISDN-Teilnehmer wählen, erhalten aber eine wesentlich höhere Performance. Sie resultiert aus weniger Analog-Digital-Wandlungen, einer niedrigen Störanfälligkeit der digitalen Übertragung und einem schnelleren Transfer, da die Verbindung seltener auf 9,6 Kbit/s zurückfällt.

Eine reibungslose Einbindung mobiler Anwender hängt zu einem großen Teil auch von einer funktionierenden Administration ab. Inkompatible Modems und Komponenten, der Einsatz unterschiedlicher Softwareversionen oder Geräte, die sich nicht von einer zentralen Stelle aus verwalten lassen, schaffen bisweilen zusätzlichen Wartungsaufwand. Für Abhilfe sorgen integrierte Access-Komponenten mit leistungsfähigen Management-Funktionen, so daß auch wachsende Netzwerke von einem gleich starken Administrations-Team überwacht werden können.

Die billigste ist nicht die kostengünstigste Lösung

Eine große Vereinfachung ergibt sich durch die zentrale Verwaltung aller Access-Komponenten, die sowohl beim Anwender als auch in der Zentrale installiert sind. So sollten sich alle Boards, Kopplungselemente und Geräte, die in Datenschränken untergebracht sind, von einer zentralen Konsole überwachen lassen. Die Verwaltbarkeit muß auch dann gewährleistet sein, wenn sich der Administrator von außerhalb einwählt, um Fehler im Netzwerk zu isolieren und zu beseitigen.

Bei der Auswahl von Anlagen zum mobilen Computing darf der Anschaffungspreis auf keinen Fall das entscheidende Kriterium sein. So können anfangs niedrigen Anschaffungskosten später hohe Betriebskosten für Leitungen und Personal gegenüberstehen und umgekehrt. In eine Vollkostenberechnung fließen nämlich auch Aufwendungen für Wartung und Ausfallkosten ein. Langfristig rechnet sich daher die Investition in "intelligente" Geräte, die sich per Fernwartung betreuen lassen und keine Eingriffe durch den Anwender erfordern.

Wer sein Unternehmensnetz für berechtigte Mobilanwender öffnet, muß auch mit ungebetenem Besuch rechnen. Eine Sicherheitsstrategie ist daher unverzichtbar. Die Gefahren sind vielfältig und reichen von der Verbreitung von Computerviren bis hin zum Ausspähen von Daten durch die Konkurrenz. In den meisten Fällen verursachen solche Attacken hohe Kosten, sie stören das Tagesgeschäft und beeinträchtigen damit die Produktivität.

Um Eindringlingen, die sich in ein Unternehmens-LAN einwählen, wirksam zu begegnen, empfiehlt sich die Installation von Anlagen mit zuverlässigem Paßwortschutz, Callback-Verfahren, eindeutiger Identifizierung von Teilnehmern und begrenzten Zugriffsrechten. Derartige Lösungen bieten einen dynamischen Firewall-Schutz in dezentralen Netzwerken jeder Größe. Die Kombination der Herstellerlösungen für die Zentrale halten in Kombination mit den Remote-Access-Lösungen ungebetene Gäste vom Netzwerk fern.

Um mobile Netzteilnehmer optimal in eine LAN-Struktur einzubinden, hilft oft nur eine Radikalkur. Viele Strukturen zum Fernzugriff sind aus den Bedürfnissen einzelner Abteilungen ohne übergreifende Planung entstanden. In einer Zeit, in der sich Unternehmensnetze auf eine immer größere Zahl externer Mitarbeiter ausdehnen, machen sich diese Versäumnisse bemerkbar.

Gerade dort, wo die Einführung von Telearbeitsplätzen oder eine Verstärkung im Außendienst zu erwarten ist, empfiehlt sich eine Radikalkur eher heute als morgen. Durch den Einsatz digitaler Systeme und Techniken kann sich ein fundamentaler Eingriff in weniger als einem Jahr amortisieren. Besonders in wachsenden Netzen mit mobilen Anwendern und vielen vernetzten Außenstellen zahlen sich die Investitionen schnell und vielfach aus.

ANGEKLICKT

Ein wenig beachtetes Einsatzfeld der ISDN-Technik ist die Anbindung mobiler Mitarbeiter. Um Vorteile des digitalen Netzes wie etwa den schnellen Verbindungsaufbau, hohe Transferraten und geringe Fehlerwahrscheinlichkeit zum eigenen Geschäftsvorteil nutzen zu können, empfiehlt sich der Einsatz von Access-Routern. Ein durchgehendes Infrastrukturkonzept beugt zudem Mehraufwand für Administration und Fehlersuche vor.

*Roger Heise ist Geschäftsführer der Ascend Communications GmbH in Weiterstadt.