Die neue Rolle des CIO/Kommentar

Die verhinderten Titelblatthelden

05.10.2001
Karin Quack Redakteurin CW

"Nilsson von Karstadt zu Aventis": Diese Schlagzeile hat die COMPUTERWOCHE seinerzeit leider verpasst. Dabei hätte uns die Tatsache, dass Ragnar Nilsson die Verantwortung für die IT der Karstadt-Quelle AG gegen die CIO-Position beim Pharmakonzern Aventis eintauscht, durchaus eine Titelgeschichte wert sein müssen. Genau genommen nicht nur uns, sondern auch den Wirtschaftsblättern, die sich weniger mit Informationstechnik beschäftigen.

Alle Welt redet davon, wie stark IT und Geschäft einander bedingen. Entsprechend wichtig sei die Position des Chief Information Officer, heißt es. Doch die Berichterstattung spiegelt das kaum wider. Business-Manager aus der zweiten und dritten Reihe genießen weit mehr Aufmerksamkeit als die Männer und Frauen, die für die IT-Strategie von Weltkonzernen verantwortlich zeichnen.

Sicher, es gibt Ausnahmen: Sue Unger von Daimler-Chrysler und Gisela Wörner von Eon werden als Beispiele für die prinzipielle Gleichberechtigung der Geschlechter gewürdigt. Als Hermann-Josef Lamberti aus der IBM-Geschäftsführung in den Vorstand der Deutschen Bank wechselte, verursachte das mehr als nur ein Rascheln im Blätterwald. Gisbert Rühl verkaufte die IT-Strategie der Babcock Borsig AG auch gegenüber den Medien sehr überzeugend - bis er plötzlich aus dem Unternehmen schied. Ragnar Nilsson hat beinahe Kultstatus erlangt.

In aller Regel wirken die CIOs aber eher im Verborgenen. Vielen von ihnen dürfte das recht sein; nicht jeder fühlt sich zum Medienstar berufen. Andererseits ist ein wenig Selbst-Marketing keineswegs verwerflich. Dient es doch nicht nur der eigenen Karriere, sondern auch der Außendarstellung des Unternehmen und nicht zuletzt - jawohl! - der "Sache" der IT. Um es kurz zu machen: Eine Story wie "Wörner wechselt zu RWE" werden wir uns künftig hoffentlich nicht mehr entgehen lassen.