Lohn- und-Gehaltsabrechnung - Tips eines Praktikers

Die ungenutzten Rationalisierungschancen

28.05.1976

Die Lohn- und Gehaltsabrechnung ist ein stets erfolgversprechendes Feld für Rationalisierungsmaßnahmen, weil dieses Aufgabengebiet wegen der ständigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und tariflichen Auflagen und Änderungen eine dynamische Anpassung erfordert. Die folgenden Rationalisierungsmöglichkeiten werden von den Betrieben bisher noch nicht oder nur unzureichend genutzt.

1. DÜVO-Verfahren

Das Meldewesen zur Sozialversicherung läßt neben der manuellen Ausstellung der (DÜVO-Verfahren) die Ermittlung der meldepflichtigen Tatbestände mittels maschineller Datenträger (Magnetband, Lochkarten) zu. Dieses DÜVO-Verfahren kann entweder als monatliche Übermittlung (Monats-DÜVO) oder ausschließlich für die Jahresmeldungen (Jahres-DÜVO) mit den Einzugsstellen (Interessenten wenden sich am besten an die Krankenkasse) vereinbart werden. Voraussetzung hierzu ist, daß die Betriebe sich Auflagen über Beitragsermittlung, -nachweisung und Datenübermittlung unterwerfen, was im Rahmen der Zulassung überprüft wird.

Da von den potentiellen Anwendern bislang nur die Hälfte von dieser rationellen Anwendungsmöglichkeit Gebrach gemacht haben, dürften hier Hoch erhebliche Rationalisierungsreserven brachliegen.

2. Datenträgeraustauschverfahren Kindergeld

Nach dem, Bundeskindergeld-Gesetz sind die Betriebe verpflichtet, das Kindergeld für ausländische Arbeitnehmer auszuzahlen, die ihren Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes haben und deren Kinder im Heimatland wohnhaft sind (zwischenstaatliche Abkommen mit Griechenland, Jugoslawien, Portugal, Spanien und Türkei). Die Bundesanstalt für Arbeit hat zunächst ein monatliches Datenträgeraustauschverfahren für Betriebe eingerichtet, die mindestens 1000 Kinder-(...)-Berechtigte führen. Diese automationsfreundliche und problemlose Verfahrensalternative ist weitgehend unbekannt und sollte zur Entlastung der Lohn- und Gehaltsabrechnung umgehend eingerichtet werden. Auch Betriebe mit weniger als 1000 Kidergeld-Berechtigten sollten sich um den Datenträgeraustausch in Nürnberg bemühen.

3. Maschinelle Lohnkontenführung

Vielfach werden zur Erfüllung der normalen Auflagen den Lohnsteuerrechts (Lohnkonto ° 7 LStDV, Ausschreiben der) Lohnzettel nach Abschn. 102 LStR) das Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers und die die Lohnsteuerkarte ausstellende Gemeinde im Klartext erfaßt und gekichert, was vom Erfassungs-, Pflege- und Speicheraufwand her arbeitsaufwendig und kostenungünstig ist. Als kostengünstige Alternative bietet sich an, nur den AGS-Schlüssel für die ausstellende Gemeinde und die Finanzamtsnummer aus den Lohnsteuerkarten zu übernehmen und zu speichern. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden stellt gegen Erstattung der Kosten jedem Interessenten das amtliche Gemeinde-Kennziffernverzeichnis per Magnetband zur Verfügung. Die Tabelle kann mit dieser Datei unmittelbar geladen werden. Die zweite Tabelle kann durch Ablochen des Verzeichnisses der bundeseinheitlichen Finanzamtsnummern (siehe Bundessteuerblatt 1972, Teil 1, Nr. 20 S. 442 ff.) erstellt werden.

In den Programmen zur Erstellung der Nachweise (Lohnzettel, Überweisungsblatt, Lohnkonto) können dann durch tabellarische Übersetzung mit Hilfe der numerischen Schlüssel die entsprechenden Klartexte generiert werden.

4. Auszahlung der Löhne und Gehälter

Von den drei Auszahlungsformen (bar, bargeldlos, Datenträgeraustausch) ist die beleglose Überweisung per Datenträger auf die Lohn-/Gehaltskonten der Arbeitnehmer am vorteilhaftesten. Das seit 1. 1. 1976 durch die Einheitskonvention der Kreditwirtschaft (gleicher Datensatz für Banken und Sparkassen) ermöglichte Verfahren macht nur noch ein Erstellungsprogramm erforderlich, um alle Institute zu bedienen. Dabei ist es gleichgültig, von welchem Konto bei welchem Institut der Arbeitgeber abbuchen läßt; reine Magnetbänder werden von allen Banken, LZB, Sparkassen, Volksbanken, gemeinwirtschaftlichen und öffentlichen Bankinstituten entgegengenommen und maschinell verarbeitet. Zu beachten sind hierbei die Richtlinien "Automatisierter Zahlungsverkehr durch Datenträgeraustausch - Magnetband-Clearing-Verfahren".

5. Bescheinigung des Regellohnes für Kranken- und Übergangsgeld

Durch das Reha-Angleichungsgesetz vom 7. 8. 74 wurde das Verfahren zur Feststellung und Bescheinigung des Brutto- und Nettoregellohnes vereinheitlicht, den die Krankenkassen und Rentenversicherungsträger zur Berechnung des Kranken- bzw. Übergangsgeldes der Versicherten benötigen. Die Sozialversicherungsträger haben hierzu umfangreiche Formulare entwickelt, die die Betriebe auszufüllen haben was erheblichen manuellen Aufwand bedientet. Als Verfahrensalternative bietet siech an, die Regellohnrate maschinell zu ermitteln, das Programm von der RV-Träger- bzw. Einzugsstelle abnehmen zu lassen und nur noch die maschinell gewonnene Regellohnrate in die Bescheinigung einzutragen, womit die Träger einverstanden sind.

6. Arbeitsbescheinigung nach ° 133 AFG

Die Neufassung des ° 133 des Arbeitsförderungsgesetzes per 1. 1. 76 brachte eine aufwendige Erweiterung des Arbeitspapierumfanges bei ausscheidenden Arbeitnehmern. Die Betriebe müssen jedem ausscheidenden Arbeitnehmer die Arbeitsbescheinigung nach ° 133 AFG aushändigen, die neben Angaben zum laufenden Beschäftigungsjahr Angaben über Unterbrechungstatbestände der letzten drei Jahre zu beinhalten hat. Es sollten daher umgehend separate Speicherfelder in der Abrechnungsdatei mit historischer Tiefe angelegt und die Werte im Zuge der maschinellen Entlassungsroutine ausgedruckt werden, was den manuellen Aufwand erheblich einschränken wird. Eine sofortige EDV-mäßige Lösung des Problems für die zurückliegenden Jahreszeiträume dürfte allerdings zu aufwendig sein, so daß der erforderliche dreijährige Zugriffsspeicher erst nach und nach gefüllt wird und zur Verfügung steht.

7. Auslauf der tariflichen Vermögensbildung

Mitte dieses Jahres dürfte die Masse der 1970 abgeschlossenen Anlageverträge erfüllt sein, so daß auf die Betriebe eine Flut von neuen Anträgen und Verträgen auf bzw. über vermögenswirksame Leistungen zukommen wird. Das wird die Verwaltungskapazität in den Betrieben übermäßig strapazieren, wenn nicht sogar überfordern. Es bietet sich daher an, umgehend mit den hauptsächlichen Anlageinstituten Vereinbarungen zu treffen. die automationsfreundlich sind - d. h. keine neuen Anträge über den Arbeitgeber, sondern Einführung entsprechender Kontenseriennummern (alter Vertrag: Konto-Nr. 4711/0 - neuer Vertrag: Konto-Nr. 4711/1), die DV-mäßig übersetzt und abgeglichen werden können.

8. Formular- und Arbeitshilfen

Um zeit- und kostenaufwendige Eigenentwicklungen zu vermeiden, sollte geprüft werden, ob

- bei Einrichtung des DÜVO-Verfahrens für die Entgeltbescheinigung das Standard-Endlosformular mit 8 Sprachversionen - NCR 2fach DIN A4 der BDA übernommen werden kann, das mit dem Bundesarbeitsministerium und den Sozialversicherung abgestimmt ist (erfüllt -zudem die Auflagen des BDSG);

- bei Erstellung der Lohnzettel für die Finanzämter das Standard-Endlosformular NCR 1fach mit anhängender Lohnsteuerbescheinigung, verwendet werden kann, das EDV-gerecht und mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt ist.

Als Arbeitshilfen für die Sachbearbeitung und die Programmierung bieten sich an Leitfaden "DEVO/DÜVO-Anwendung - Systematik des Meldewesens" und Leitfaden "Lohnsteuer abzugsverfahren - Systematik der Besteuerung" (Verlag J. P. Bachem, 5 Köln 1).

9. Mikroverfilmung der Abrechnungsunterlagen

Das COM-Verfahren ermöglicht gerade bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung erhebliche Verbesserungen in der Ablaufgestaltung und Archivierung. Insbesondere im Hinblick auf die formalen Erfordernisse des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, der ab 1. 1. 1977 in Kraft tretenden neuen Abgabenordnung, der .Verjährungsvorschriften des, Sozialgesetzbuches und des anstehenden Bundesdatenschutzgesetzes sollten hier umgehend die Weichen gestellt werden. "Computer Output Microfilm" (COM) ist auch im Service möglich, wenn sich keine eigene Anlage lohnt.

* Bernd Hentschel ist Leiter der Lohn- und Gehaltsabrechnung bei den Ford-Werken AG, Köln.