Ein Datensammelsystem in der Praxis:

Die Übernahme der Organisation war das Hauptproblem

07.10.1977

Vorreiter der computerisierten Betriebsdatenerfassung sind die Stephan-Werke GmbH & Co. in Hameln, die vor zwei Jahren mit einem kabelmetal Multiplex-80-System ein 1962 installiertes IBM 357 Datensammelsystem ablösten, "das nicht mehr zeitgemäß war", wie Autor Karl-Heinz Berger notiert, Die monatliche Leasingrate für das IBM-System betrug zum Zeitpunkt der Ablösung 3000 Mark, während das ausbaufähige Multiplex-80-System in der von den Stephan-Werken gewünschten Konfiguration bei einem 72-Monate-Vertrag für eine Monatsmiete von 5785 Mark zu haben war. Verbedingung für das neue System war: Die bestehende Organisation mußte 1:1 übernommen werden können.

Die Daten des Stephan-Werkes stammen aus den Sachgebieten:

- Gleitzeit 15 Prozent

- Lagerbewegungen 20 Prozent

- Kontrollen mechanisch und elektrisch 20 Prozent

- Zeitlohn und Arbeitsgänge innerbetrieblich 10 Prozent

- Personalbewegungen gewerblich 10 Prozent

- Fakturierung 10 Prozent sowie ein

- Rest von 15 Prozent, in dem Sachgebiete wie Ausschuß, Endmeldungen für Fertigungsaufträge und innerbetriebliche Aufträge, Korrekturen etc. enthalten sind.

Die Lagerbewegungen beinhalten die Bestandsführung sämtlicher im Hause befindlicher Kaufteile, Eigenteile im Roh- beziehungsweise zu bearbeitenden Zustand, Erzeugnisteile im montagefähigen Zustand und so weiter. Die Meldung enthält neben den Standardmerkmalen wie Kartenart, Uhrzeit und Daten die Angaben:

- Lagerort: Wo liegt das Teil physisch?

- Kostenstellen: Wo liegt das Teil rechnerisch?

- Teilenummer: Was ist es für ein Teil?

- Bewegungsart: Zugang, Abgang, Storno, Korrektur?

- Zu belastende Kostenstelle: Wo befindet sich das Teil jetzt?

- Stückzahl: Wieviel Teile waren es, die in irgendeiner Art und Weise bewegt worden sind?

Bei der Fakturierung gibt die über Multiplex 80 abgesetzte Registrierung den Anstoß zu einem bestimmten Kundenauftrag, die Rechnung zu schreiben, wobei die Möglichkeit der Teillieferung besteht. Informationsgehalt der Registrierung: Kundennummer, Auftragsnummer; Versendungsart; Frachtkosten; Versendungsauslagen; Stückzahl. Die Information über die Versendungsart wird der Registrierung per Zweitkarte beigefügt. Das Erstellen der Erstregistrierungskarte ist ein Zweitprodukt des Schreibens der Versandpapiere. Abgestanzt wird hierbei über eine Multiplex 80 registrierbare, mit dem Codelöscher versehene Erstkarte, die über den normalen Verteiler zur Fakturierung gehört.

Die Konfiguration

Die Anlagenkonfiguration umfaßt folgende Komponenten: Datenzentrale mit Multiplexlogik, PDP-Rechner mit 16 kB (Erfassungsprogramm ständig Kernspeicherresident), Digitaluhr und Bandeinheit. Als Datensicherung dient eine Lochstreifenzentrale, der erfaßte Lochstreifen läßt sich im Normalbetrieb mit niedrigster Priorität einlesen und prüfen.

Über den Betrieb verteilt sind 15 Eingabe-Terminals, davon stehen zwei Ausweisleser im Verwaltungsbereich, ein Sonderzeitenterminal zur Erfassung der Sonder- und Ausfallzeiten, 12 Eingabeplätze sind den Meisterbereichen zugeordnet.

Betriebseigene Elektriker begannen im November 1974 den Datenring zu installieren. Die endgültige Fertigstellung und Herstellung der nötigen Kontaktstellen durch einen Spezialmonteur von kabelmetal erfolgte im Januar 1975. Austesten des Datenringes der Software dauerte bis April 1975 im Echt- beziehungsweise Parallelbetrieb zur IBM 357. Bis zum vollen Einsatz des Systems ergab sich ein Installations- und Umstellungszeitraum von gut fünf Monaten. Rechtfertigend für diesen Zeitraum ist die Tatsache, daß die 1:1-Übernahme in zwei Werken mit teilweise unterschiedlichen Organisationsformen zu realisieren war. Ein Erdkabel von ca. 570 m Länge verbindet beide Werke; der gesamte Datenring ist rund 1,3 Kilometer lang. Dieses Kabel unterquert einen Bahndann der Deutschen Bundesbahn, ein kleines Flüßchen, eine Straße und einen Fabrikhof. Das Kabel diente schon zur Verbindung der IBM 357 Stationen zu Zentraleinheit und Locher. Es wurde, nach anfänglichen Schwierigkeiten, auch für das Multiplex-System verwendet.

Für das Hardware-Material inklusive der 750 m Datenringkabel von kabelmetal war eine Investition von 29 500 Mark erforderlich. In dieser Angabe ist der Lohnanteil für den Monteur des Herstellers in Höhe von rund 4000 Mark enthalten. Im Hause des Anwenders sind bezüglich der Installation 12 000 Mark Lohn angefallen.

Für die Wartung des Systems besteht, nach Angaben der Stephan-Werke, kein spezieller Wartungsvertrag mit kabelmetal. Ein Technik des Hamelner Anwenders wurde im Werk Hannover auf die Wartung des Systems kostenlos eingearbeitet. Seither betreut er das System technisch und organisatorisch in eigener Regie. Für den Ausfall dieses Mannes wurde ein, man kann sagen: Sonderwartungsabkommen abgeschlossen, das Serviceleistungen des Hauses kabelmetal nach Leistung und Aufwand vorsieht; durch den geringen Abstand Hameln - Hannover ist die Beseitigung eines Systemausfalls innerhalb eines Arbeitstages gewährleistet.

Software testet Hardware

Als Hilfe zur Fehlererkennung ist ein Hardware-Testprogramm in der Software eingebaut, das eine sofort austestbare Ausgabe der Meldung ermöglicht. Hierdurch hat der Service ein wertvolles Instrument zur Fehlererkennung.

Das Starten des Terminals erfolgt durch die Kombination: Schlüsselschalter YB 4 Ein bereit und Start. Hierdurch wird ein Codewort gesetzt, das den Hardwaretest aktiviert. Der Datenring ist damit für diesen einen Platz reserviert, der eine Testmeldung abgeben will. Ausgabe der Tastatur sowie der 80stelligen Datenmeldung. Erkennbar durch Meldestellennummer. Abschließen des Hardwaretestes: Schlüsselschalter Aus.

Das Verarbeitungsprogramm ist in 12 kB ständig resident, umfaßt Betriebssystem, Anwendersoftware mit Lochstreifenerfassung, Hardwaretest sowie alle 15 Platzpuffer.

Im Durchschnitt erhält der Anwender zirka 2000 Meldungen pro Tag. Diese Meldungen beinhalten rund 15 Prozent des gesamten Datenanfalles.

* Karl-Heinz Berger ist Mitarbeiter der Stephan-Werke in Hameln. Wir übernehmen seinen Aufsatz mit freundlicher Genehmigung des Verlages aus der "NC-Praxis".