Neue Hard- und Software für die Büroorganisation:

Die Textverarbeitungswelle rollt weiter

17.03.1978

MANNHEIM / ESCHBORN / NEW YORK (ee) - Die Textverarbeitung, weltweit Vehikel zur Rationalisierung im Büro, ermutigt immer mehr Unternehmen, an der Bedarfsdeckung für diesen Sektor zu partizipieren.

IBM bringt für den US-Markt einen Magnetkarten-Composer (Preis: 14 685 Dollar) und erweitert die Modellreihe für das System 6. In der Bundesrepublik versucht die in der graphischen Industrie renommierte Mergenthaler-Linotype mit der "Linotext S 2" einen Markteinstieg, während die Ödav (Gesellschaft für Datenverarbeitung öffentlicher Versicherer) mit dem zunächst nur für die interessierte Organisation entwickelten Softwarepaket, "Texid" das (Wartung eingeschlossen) 15 000 Mark Jahresmiete kostet, Umsatz macht.

Texid ist inzwischen dreimal bei Unternehmen installiert, die nicht zu den öffentlichen Versicherern gehören. IBM-Anwender können das System in etwa drei Tagen installieren. Eine IMS-Version sowie Verfahren für Univac und Siemens sind in Arbeit. Texid bietet, so sagen seine Erfinder, erstaunlichen Komfort für den Sachbearbeiter: Briefe können im Dialog über den Bildschirm veranlaßt werden, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um kurze oder lange Briefe handelt. Durch eine Inklusiv/Exklusivkontrolle werden logisch zusammengehörende Abschnitte automatisch miteinander verbunden.

Vorschußlorbeer gab's für die in Eschborn entwickelte Linotext S 2 bereits bei der konzerninternen Präsentation in Paris: Die US-Bosse "staunten Bauklötze, wie weit wir hier sind", erinnert sich ein Eschborner Mitarbeiter. Mit dem System zielt Vertriebschef Dr. Wolf Dieter Rückert in die "überlappende Zone zwischen Druck und Textverarbeitung", wobei angesichts der Leistungsfähigkeit der Linotext S 2 der Preis von "unter 40 000 Mark" der Konkurrenz - auch IBM - Sorgen bereiten dürfte: Die Grundkonfiguration umfaßt neben dem Rechner mit Eingabetastatur einen 24 X 80 Zeichen-Bildschirm, einen Floppy-Speicher mit 2 Laufwerken und einen Metall-Typenraddrucker mit 45 Zeichen pro Sekunde. Das System wird mit einer Schnittstelle für den Anschluß an Großrechner geliefert.

Die Linotext S 2 hat einen Intel 8080 mit 64 KB als Herz. Rund 50 Prozent der Mikroprozessor-Kapazität verbraucht zwar das Betriebssystem, aber 8000 Zeichen stehen als Bildschirm-Arbeitsspeicher zur Verfügung. Technisch neu ist das von der Linotext S 2 realisierte "Vordergrund - Hintergrund - Konzept", mit dem über den Bildschirm (-Vordergrund) Texte eingegeben werden können, während simultan im Hintergrund der Drucker Texte ausgibt. Mit zwei Floppystationen mit zusammen 1,2 Millionen Zeichen bietet die Linotype S 2 überdies zu vergleichbaren Textsystemen die höchste Speicherkapazität. Besonderen Komfort erreicht das System auch durch die fließende Texteingabe (das Formatieren übernimmt das System) mit automatischer Silbentrennung. Die Bedienung wird durch eine IWT-Taste (immer wiederkehrende Texte) weiter erleichtert.

Über die Marktaussichten der Linotext S 2 mochte Rückert indes keine konkreten Zahlen nennen: "Wir werden nicht mehr absetzen, als wir unserem Vertrieb zumuten können." Rückert hat immerhin warnend vor Augen, daß "auf dem Sektor Textverarbeitung zuviel Hardware-Selling mit zuwenig Rücksicht auf die Kunden getrieben" worden ist.