Kolumne

"Die Systems leidet"

11.10.2002
Christoph Witte Chefredakteur CW

Eigentlich war die Systems immer eine gute IT-Messe. Die Besucher- und Ausstellerzahlen waren stets solide. Die fachliche Qualität der Besucher wurde in jedem Jahr außerordentlich gelobt. Doch in Zeiten der Krise zählt das offensichtlich nicht mehr. Von vielen Ausstellern wird München links liegen gelassen. Offiziell stellen nächste Woche 1600 Firmen aus, das sind 40 Prozent weniger als im Vorjahr. Gegenüber dem Jahr 2000, als noch 3300 Unternehmen auf der Münchener Herbstmesse ihre Produkte zeigten, bedeutet das einen Rückgang um 52 Prozent. Auch ein allzu starker Ansturm von Besuchern ist nicht zu erwarten, wenn die Systems am Montag ihre Tore öffnet. Die IT-Budgets vieler Unternehmen stagnieren oder sinken sogar. In solchen Zeiten dürfte das Interesse an neuen Produkten eher gering sein.

Der Ausstellerschwund trifft die Systems hart, ist sie doch damit dort angekommen, wo sie eigentlich nicht spielen wollte: ausschließlich in der Region. Sie war zwar nie eine wirklich gesamtdeutsche Veranstaltung, sondern rekrutierte ihre Besucher immer vorzugsweise aus dem süddeutschen Raum, aber zu ihren besten Zeiten wurde sie auch durch die starke IT-Region München als Großereignis überregional wahrgenommen. Diese Zeiten scheinen angesichts der bescheidenen Zahlen vorerst vorbei. Woran liegt das? Sicher hat es mit dem Einbruch der IT-Konjunktur zu tun. Die Branche spart an allen Ecken, und gerade Ausgaben für Messen fallen dem Rotstift besonders schnell zum Opfer, wenn es eng wird. Dabei ist die Systems beileibe nicht die einzige IT-Messe, die Aussteller verliert, aber sie verliert bisher am stärksten. Noch spart sich die Konkurrenz in Hannover jede Häme, weiß sie doch, dass in ein paar Monaten die große Stornowelle auch auf sie zubranden kann, wenn die Nachfrage nach IT-Produkten weiter so vor sich hindümpelt.

Doch die Krise der Systems hat auch hausgemachte Gründe: Das seit einigen Jahren propagierte Konzept von der "Messe in der Messe" gab zwar den Messemachern die Möglichkeit, in Besucher- und Ausstellerschaft verschiedene Zielgruppen anzusprechen und nach München zu locken, verwässerte aber das Profil der Veranstaltung. Die Münchner haben es versäumt, diese unter dem Dach der Systems stattfindenden Themenschwerpunkte stärker als eigenständige Veranstaltungen auszugestalten und sie so zum Anziehungspunkt für die anvisierten Zielgruppen zu machen. Das hat zur Folge, dass die Systems anders als kleine Fachveranstaltungen oder die Großveranstaltung CeBIT sehr schnell auf die Streichliste gerät.

Doch jede Krise birgt eine Chance: Für die Messemacher kann das nur heißen, sich stärker um die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Klientel auf Aussteller- und Besucherseite zu kümmern. Dann kann sie das Profil der Systems schärfen und gestärkt aus der Misere hervorgehen. Leichter würde sie sich damit tun, wenn ihr der zweitgrößte IT-Standort in Europa, also die Münchner IT-Szene, stärker unter die Arme greifen würde. Oder ist Hannover im März wirklich so schön?