Gigabit-Ethernet-Switches unter der Lupe

Die Switching-Architektur bestimmt die Leistung

12.11.1998
MÜNCHEN (IDG) - Ein Switch ist ein Switch ist ein Switch: Wer diesem Trugschluß aufsitzt, wirft beim Kauf einer solchen Gigabit-Ethernet-Komponente leicht sein Geld zum Fenster hinaus. Neben dem Preis unterscheiden sich die Geräte in der Leistungsfähigkeit oder der Unterstützung vorhandener LAN-Topologien. Eine wichtige Rolle spielt aber vor allem die vom Hersteller eingesetzte Switching-Architektur.

Obwohl seit Juni dieses Jahres der Standard für Gigabit Ethernet in trockenen Tüchern ist, findet das Verfahren derzeit kaum Anwendung. Der Grund: Noch definiert die Norm nur den Einsatz der Technologie über teure Glasfaserleitungen (siehe Kasten "Gigabit Ethernet - Der Standard"). Spätestens mit der für das Frühjahr 1999 zu erwartenden Verabschiedung der Spezifikation für die Übertragung über Kupferleitungen der Kategorie 5 dürfte sich das ändern. Dann können Unternehmen das schnelle Verfahren in ihren Netzen nutzen, ohne ihre vorhandene Verkabelung erneuern zu müssen.

Um die Anschaffung neuer Switches werden viele Anwender jedoch nicht herumkommen, wollen sie das Potential von Gigabit Ethernet voll ausschöpfen. Existierende, auf den Betrieb mit Ethernet oder Fast Ethernet ausgelegte Geräte sind nur bedingt für den Einsatz bei Übertragungsraten im 1000-Mbit/s-Bereich geeignet. Allenfalls läßt sich installiertes Fast-Ethernet-Equipment, beispielsweise von Bay Networks, Cabletron oder Cisco Systems, um ein zusätzliches Gigabit-Ethernet-Uplink-Modul erweitern. Ein so verbessertes Gerät kann dann direkt an einen neu angeschafften Gigabit-Switch angeschlossen werden, um beispielsweise eine schnelle Anbindung an einen Server oder eine Server-Farm zu realisieren.

Diese Lösung ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Die Gesamtarchitektur eines derart aufgebohrten Switches ist nach wie vor nicht auf Gigabit-Geschwindigkeiten ausgelegt. Daher kommen Anwender beispielsweise im Backbone-Bereich nicht um die Anschaffung neuer Geräte herum, wollen sie im Gigabit-Tempo arbeiten. Da eine ganze Reihe von Herstellern von Gigabit-Ethernet-Switches bereits um die Gunst der Käufer buhlt, kann die Orientierung an bestimmten Kriterien dabei helfen, sich im Angebotsdschungel zurechtzufinden.

Es sollte unbedingt sichergestellt sein, daß die neue Komponente bereits vorhandene LAN-Topologien unterstützt. Ein Beispiel: Anwendern ist nicht allein damit geholfen, daß ein Switch eine hohe Durchsatzrate besitzt und zudem billiger als Konkurrenzprodukte ist. Die Geräte sollten sich zudem mit in Unternehmen noch weitverbreiteten Ethernet-Strukturen koppeln lassen. Dies kann jedoch schon daran scheitern, daß der Hersteller keine entsprechenden Adapterkarten im Produktportfolio führt. Nachfragen kann hier vor späteren unliebsamen Überraschungen schützen.

Besonderes Augenmerk sollten Anwender aber auch auf die Leistungsfähigkeit eines Switches richten. Einen groben Richtwert hierfür stellt die Kapazität der Backplane (Rückwandplatine eines Gerätes, die die Verbindung zwischen einzelnen Steckkarten herstellt) dar.

Doch Achtung: Zahlen im zweistelligen Gigabit-Bereich klingen beeindruckend, sind aber letztlich nicht unbedingt ausschlaggebend. Dieser Wert muß vielmehr in Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Architektur der Switches gesehen werden, denn diese entscheidet schließlich über die Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit der Geräte.

Prinzipiell lassen sich drei technologische Ansätze unterscheiden: Shared-Bus-, Shared-Memory- und Crossbar-Verfahren. Shared Bus ist am einfachsten zu realisieren und am billigsten. Es steht allerdings im Ruf, nur schlecht skalierbar zu sein. Von einzelnen Ports werden dabei eingehende Daten über einen Puffer und einen zentralen Bus an die Ausgänge geleitet. Werden später weitere Anschlüsse notwendig, muß folglich auch die Kapazität des Busses erhöht werden. Die Bandbreitenobergrenze liegt knapp über 2,5 Gbit/s, weshalb sich Switches mit dieser Architektur nur für kleine Installationen etwa im Workgroup-Bereich empfehlen. Die führenden Hersteller der Branche weichen daher auch auf eines der beiden anderen Designs aus.

Beim Shared-Memory-Prinzip nutzen alle Input/Output- (I/O-) Ports nach dem Store-and-forward-Verfahren den konventionellen Arbeitsspeicher eines Switches. Alle eingehenden Datenpakete werden in den Speicher kopiert, wo das Auslesen der Zieladresse erfolgt. Daran schließt sich die Weiterleitung an den entsprechenden Ausgabeport an. Auch bei diesem Prinzip ist Skalierbarkeit keine Selbstverständlichkeit: Bei voller Auslastung muß der Arbeitsspeicher mindestens doppelt so groß sein wie die Summe aller Schnittstellenkapazitäten, da theoretisch alle Ports des Switches gleichzeitig Daten empfangen können, die dann zwischengespeichert werden müssen). Dieser Speicherhunger schlägt sich wiederum im Preis nieder.

Einige Hersteller setzen dennoch auf dieses Verfahren. Packet Engines etwa versucht über Standard-RAM-Bausteine, den Preis für seine Geräte niedrig zu halten. Foundry Networks nutzt ebenfalls das Shared-Memory-Konzept in seinen "Bigiron"- und "Netiron"-Switches, hat dieses jedoch etwas modifiziert: Jedes eingehende Datenpaket wird in vier Teile zerlegt, die zu separaten Cache-Speichern geleitet werden. Die Fragmente können schneller durch den Speicher geleitet werden als komplette Pakete. Der im Switch vorhandene Speicher teilt sich dabei gleichmäßig auf alle Ports auf (im Bigiron 2 MB pro I/O-Modul).

Anwender, die besonders leistungsfähige Switches benötigen, sollten ein Modell auf Basis der Crossbar-Architektur wählen. Hierbei erfolgt jede I/O-Verbindung durch den Switch über einen fest geschalteten Pfad. Die Gesamtkapazität der Geräte steigt dabei automatisch mit jedem I/O-Modul, das hinzugefügt wird. Allerdings kann es bei Crossbar-Switches zu Störungen kommen, wenn ein Eingangskanal eine Verbindung zu einem Ausgangsport aufbauen will, während dieser noch mit der Verarbeitung von Daten beschäftigt ist (Head-of-line-Blocking). Dem begegnen Hersteller mit Zwischenpuffern und zusätzlichen Switch-Elementen, was die Lösungen aber wiederum verteuert.

In der Regel finden Switches auf Crossbar-Basis Verwendung im Backbone- und Server-Farm-Bereich mittlerer bis großer Unternehmen. Auch Berkeley Systems zielt mit den "Exponent"-Systemen auf dieses Segment, setzt aber mit seiner Crossbar-Version "Distributed Output Buffered Switch" anstatt der zentralen Switching Fabric auf ein verteiltes Modell.

Jedes einzelne I/O-Modul verfügt hierbei über eine Switching-Kapazität von 5 Gbit/s, das Gesamtsystem soll 40 Gbit/s bewältigen können. Außerdem spendiert Berkeley dem Exponent pro Einsteckmodul 50 MB Speicher (insgesamt maximal 400 MB), um den genannten Kollisionen entgegenzuwirken. Das Gerät verfügt über maximal 48 Gigabit- und 384 Ports vom Typ 100Base-TX/FX. Anwender, die noch Ethernet-Segmente einbinden wollen, sollten jedoch die Finger von der Maschine lassen, da Berkeley hierfür keine Adapter anbietet.

Zur Königsklasse der Gigabit-Switches gehört der "Streamprocessor" von Neo Networks. Dieses für Carrier oder sehr große Unternehmen ausgelegte Gerät bietet bis zu 128 Gigabit-Ports, zusätzlich verfügt es über insgesamt 384 Anschlüsse für 10 oder 100 Mbit/s. Die 512 Gbit/s schnelle blockierungsfreie Crossbar-Switching-Fabric verteilt sich auf bis zu sechs Karten, die in eine passive Backplane eingesteckt werden. Anwender können für jeden I/O-Port Routing-Entscheidungen nach vordefinierten Kriterien treffen lassen. Beispielsweise lassen sich laut Hersteller Datenpakete ausfiltern, in denen bestimmte Bit-Muster auftauchen. Diese Leistung hat jedoch ihren Preis: Voll ausgerüstet kostet der Streamprocessor mehr als 300 000 Dollar.

Neben den bereits genannten Aspekten sollten Anwender bei der Switch-Wahl weitere Punkte beachten. Wer etwa plant, im Unternehmensnetz künftig Sprache über Internet Protocol (IP) zu übertragen, braucht unbedingt die Möglichkeit, Datenpaketen verschiedene Prioritäten zuzuordnen. Dies ist auch dann von Interesse, wenn Administratoren sicherstellen wollen, daß SAP-Traffic im Unternehmen störungsfrei übertragen wird.