Welche Sozialkompetenzen ein Projektleiter benötigt

Die Suche nach Harmonie führt nicht zum Ziel

15.07.2010
Von Björn Schneider
Wer Projekte leiten will, braucht mehr als solides Methodenwissen à la PMI oder GPM/IPMA. Ein guter Projekt-Manager knüpft Kontakte, konzentriert sich auf die dringenden Aufgaben und handelt nach seinen Werten.

Unabhängig davon, ob man als Projektleiter, Scrum Master oder Product Owner aktiv ist, die Anforderungen an die sozialen Kompetenzen bleiben gleich. Wer in diesen Rollen Projekte zum Erfolg führen will, sollte vor allem in den drei Bereichen Kontakt, Fokussierung und Authentizität überzeugen.

1. Persönliche Kontakte aufbauen

Ein Projektleiter muss viele Kommunikationsschnittstellen überbrücken, die sich oft durch scheinbar gegensätzliche Ziele auszeichnen. Die wichtigste Schnittstelle liegt zwischen der Entwicklung und dem Fachbereich. Ist der Projektleiter nicht die letzte, operative Eskalationsstufe, um die Probleme zu lösen, droht Ineffizienz. Kann der Projektleiter jedoch einen persönlichen Kontakt ("Rapport") zu seinem Gegenüber aufbauen, gelingt die Kommunikation: Konflikte können bearbeitet und Netzwerke geknüpft werden. So kann der Projektleiter als Vorbild die Voraussetzungen für ein Hochleistungsteam schaffen und gleichzeitig dem Topmanagement Rede und Antwort stehen.

Björn Schneider, Oose: "Es geht nicht um den besten Fachmann."
Björn Schneider, Oose: "Es geht nicht um den besten Fachmann."

Sollten in einem Projekt Probleme existieren, die sich in mangelnder Kommunikation, fehlender Abstimmung oder Konflikten äußern, so ist dies ein Zeichen, dass der Projektleiter noch mehr Effizienz bergen kann. Techniken, die zu einer guten Kontaktfähigkeit führen, kann jeder Projektleiter erlernen. Die Kontaktfähigkeit selbst kann er aber nicht lernen. Er muss die Techniken anwenden und seine Erfahrungen damit machen. Entschließt sich der Projektleiter also, sich hier weiterzuqualifizieren, so kommt als Weg nur in Frage: erst Komunikation lernen und dann Kontakt üben.

2. Das Wichtige erkennen und Entscheidungen durchhalten

Damit sich Projekt-Manager und Team gut selbst organisieren können, ist es nötig, Unwichtiges von Wichtigem und Aufschiebbares von Dringlichem zu unterscheiden. Diese Kernkompetenz führt zu schlüssigen Werten im Projekt. Solche Werte kann ein Projektleiter nur vorher erworben beziehungsweise gefunden und ausprobiert haben. Sie lassen sich nur in der Praxis entdecken und lernen.

Zudem ändert sich Führung. Es geht nicht mehr um den besten Fachmann, der den anderen Anweisungen gibt. Vielmehr müssen Projektleiter klare Ziele formulieren, motivieren und einen Rahmen gestalten, damit die Mitarbeiter ihre Aufgaben identifizieren, ausführen und überprüfen können. Oft wird auch noch das Entscheiden als eine der Aufgaben von Führung angesehen. Das stimmt aber erst für Situationen, die so weit verstanden sind, dass eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung nötig ist. Der Erfolg des Projekts ist aber nicht mehr von dieser Richtung abhängig, sondern nur davon, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen, mitgeteilt und durchgehalten wird. Um zu führen, bedarf es auch der Fähigkeit, unklare Situationen auszuhalten, zu beobachten und wertschätzend zum richtigen Zeitpunkt einzugreifen. Die gut gemeinte Suche (oder Sucht) nach Harmonie führt ansonsten schnell dazu, dass die Verantwortung von den Mitarbeitern zurück auf den Projektleiter fällt.

3. Nach den eigenen Werten handeln

Wikipedia definiert unter Authentizität: "Als authentisch gilt […], wenn beide Aspekte der Wahrnehmung, unmittelbarerer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden." Hier kommen die Werte des Projektleiters noch einmal zum Vorschein. Handelt der Projektleiter nicht nach seinen Werten oder sind ihm keine bewusst, so wird er als schwach und nicht authentisch wahrgenommen.

Was sind typische Werte, die ein guter Projektleiter verkörpern sollte? Hier die fünf wichtigsten:

  • Wenn etwas nicht funktioniert, tue etwas anderes.

  • Hinter jedem Verhalten steht eine positive Absicht.

  • Jede Kommunikation ist Feedback.

  • Tue Dinge, die wichtig und dringlich sind, zuerst.

  • Handle stets so, dass du nachher mehr Optionen hast als vorher.

Hat ein Projektleiter seine Werte gefunden, ist er sich ihrer bewusst und handelt danach, kann er andere Menschen auch begeistern und motivieren. Er wird auf der Beziehungsebene berechenbar, was zu Vertrauen führt.

Die drei beschriebenen Bereiche haben jeweils zwei Dimensionen. Hat ein Projektleiter etwa keinen Kontakt zu sich selbst, wird er auch nie einen belastbaren Kontakt in die Außenwelt aufbauen können. Kann er sich selbst nicht führen, wird er auch in puncto Mitarbeiterführung Probleme haben. Und ist er schließlich nicht ehrlich zu sich selbst, wird er nie authentisch sein können.

Diese Erkenntnis zeigt gleichzeitig die Entwicklungschancen und -wege auf. Möchte sich ein Projektleiter in den genannten Bereichen nachweislich und nachhaltig verändern, so geht das nur über Selbstreflexion. Um diese Selbstbeobachtung und -anpassung zu ermöglichen, eignen sich Laborsituationen wie Workshops oder Teambuildings genauso gut wie ein persönliches Coaching. Es soll nicht vergessen werden, dass sich Änderungen auch im Alleingang vornehmen lassen. Im Allgemeinen stehen Ergebnis und Aufwand dann aber in keiner guten Relation.