Kommentar zum Kartellrecht

Die Strafen für Microsoft und Co. sind überzogen

16.09.2008
Von Florian  Hoffmann

Die Verletzung der grundgesetzlichen Prinzipien hat allzu menschliche Folgen: Die Behörden kassieren selbst die Bußen - die eigentlich Strafen sind -, und die Bearbeiter freuen sich. Die Mitarbeiter beglückwünschen sich gegenseitig ob der finanziellen Erfolge, die sie für das Kartellamt oder die EU-Kommission erzielt haben. Das geht so weit, dass Brüssel mit Argusaugen nach Bonn zum Bundeskartellamt schielt und umgekehrt. Jeder passt auf, dass der eine ja nicht dem anderen die lukrativen Fälle wegnimmt. Die Bußen sind schon seit langem Teil des Brüsseler Etats - Einnahmen, auf die die dortigen Behörden sich verlassen können.

In Deutschland: Strafgeld geht an wohltätige Vereine

Von deutschen Gerichten kennen wir eine andere Praxis: Richterliche Geldstrafen kommen wohltätigen Zwecken und Organisationen zu, werden von den Richtern in entsprechende Schatullen verteilt. Der Staat kassiert das Geld nicht selbst, er fördert Wohltätigkeit zu Lasten der Täter. Unser Staat klopft seinen Richtern nicht auf die Schultern, weil sie seine Einnahmen erhöht haben.

Tatsächlich gibt es keinen Grund, dieselbe Praxis nicht auch in den Kartellverfahren einzuführen. Das böse Spiel mit den exorbitant hohen Bußen hätte schnell ein Ende, wenn in Berlin das Kartellgesetz in diesem Sinne geändert und die Berliner Regierung es schaffen würde, auch die Brüsseler Einnahmen aus den Kartellverfahren nicht der Behörde, sondern Dritten zukommen zu lassen.

Wer sich wehrt, wird noch härter bestraft

Man kann die überzogenen Bußen also kippen, indem man das Bundesverfassungsgericht anruft. Derlei Widerstand ist derzeit jedoch nicht opportun. Die Macht der Behörden gebietet das Wohlverhalten ihnen gegenüber, weil jeder, der sich gegen Maßnahmen der Kartellbehörden auch nur ansatzweise wehrt, Gefahr läuft, noch härter als zuvor bestraft zu werden - was ebenfalls rechtsstaatlich bedenklich ist. Das könnte sich ändern, wenn die Bußen kleiner werden oder die Stimmung dreht. Noch also ist Microsofts Kampf nicht verloren.