Der Markt für Systemhäuser

Die Stimmung wird frostiger

24.09.2008
Von 
Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.

Sorgen und Nöte der Systemhäuser

Auch in diesem Jahr haben wir die führenden Systemhäuser in Deutschland nach ihren dringendsten Sorgen und Nöten befragt. In einem Punkt hat sich dabei die Lage im Vergleich zum Vorjahr dramatisch verschärft: Mehr als drei Viertel der Corporate Reseller im Bundesgebiet klagen über den Fachkräftemangel. 2007 war die angespannte Personallage nur für zwei Drittel von ihnen ein Thema. Damit teilen die Systemhäuser das Schicksal mit den Herstellern, die ebenfalls händeringend nach dem richtig qualifizierten Nachwuchs suchen. Übrigens ist dies kein rein deutsches Problem, auch unsere europäischen Nachbarn und die Nordamerikaner haben mit dem Fehlen von IT-Spezialisten zu kämpfen. Um dieser Misere zu entkommen gibt es nur einen Ausweg: selbst ausbilden - und dabei auch fachfremde Kräfte einbeziehen.

Zu geringe Margen und angespannte Ertragslage bekümmern nach wie vor fast zwei Drittel der Systemhäuser. Daran hat sich auch in den vergangenen drei Jahren kaum etwas verändert. Dafür hat der Wettbewerbsdruck abgenommen. Klagte im Vorjahr noch fast die Hälfte (45,4 Prozent) der Corporate Reseller hierzulande über zu viele Konkurrenten, tun dies 2008 nur noch 22,2 Prozent von ihnen. Dass die Systemhäuser eigener Einschätzung zufolge immer noch nicht genug verdienen, könnte am gestiegenen Kostenbewusstsein der Kunden liegen. Die wollen eben immer ganz genau wissen, wozu eine Neuinvestion in die ITK-Infrastruktur gut sein soll. Wenn man ihnen aber den Nutzen schwarz auf weiß zeigen kann, wie etwa bei Green-IT-Projekten, so sind sie durchaus bereit, Geld in die Hand zu nehmen.

Eine Sorge sind die Systemhäuser seit vorigem Jahr auf jeden Fall los: das Direktgeschäft von Dell. Wer möchte, kann sich nun als Partner bei Dell zertifizieren lassen und die Produkte des Ex-Direktvermarkters vertreiben. Natürlich wird Dell weiterhin viele seiner Kunden direkt beliefern, aber das tun andere ITK-Infrastruktur-Hersteller ebenfalls. Dennoch: Beklagten sich im Vorjahr noch 58,6 Prozent der Systemhäuser über das Direktgeschäft der Hersteller, so sank dieser Anteil 2008 auf 42,6 Prozent. Offenbar haben sich die deutschen Corporate Reseller mit dem Gebaren der Hersteller arrangiert. Im Vorjahr hat noch fast ein Viertel (24,1 Prozent) der Systemhäuser über schlechter gewordene Geschäftsbeziehungen zu den Soft- und Hardwareanbietern berichtet und fast zwölf Prozent von allen nahmen dabei explizit Dell ins Visier.

Das hat sich nun gravierend verändert. Zwar konkurrieren Systemhäuser weiterhin mit den Herstellern um Projekte, doch Dell wurde namentlich nur zweimal als Wettbewerber genannt, also genauso oft wie Fujitsu-Siemens Computers (FSC). Da tun sich andere Hersteller schon stärker hervor: Mehr als jedes zehnte Systemhaus konkurriert von Fall zu Fall etwa mit Hewlett-Packard (HP). Damit übernahmen die Böblinger die Führung als Direkt-anbieter vor IBM. Big Blue wird nur von 8,2 Prozent der hiesigen Corporate Reseller als unmittelbarer Mitbewerber wahrgenommen. Im Vorjahr war es noch genau umgekehrt, da führte IBM mit 11,9 Prozent die Liste der direkt vertreibenden Hersteller vor HP (9,5 Prozent) an. Ein Sonderfall ist dabei Siemens inklusive der Tochter "IT Solutions and Services", besser unter dem Namen Siemens Business Services bekannt. Zählt man auch noch FSC dazu, käme der Konzern auf über 16 Prozent an Nennungen als direkt vertreibender Hersteller, ansonsten wird Siemens von 12,2 Prozent der Systemhäuser als Wettbewerber angesehen.

Wie in den Jahren zuvor ist die Bechtle AG ganz klar die Nummer eins in der Wettbewerber-Hitliste. In diesem Jahr sagte jedes zweite von ChannelPartner befragte Systemhaus, dass es mit den Neckarsulmern konkurriert. Allerdings nahm in den vergangenen Jahren Bechtles Bedeutung am Markt ein wenig ab: 2006 haben noch 59,5 Prozent der Systemhäuser die Schwaben als wichtigsten Mitbewerber gesehen, im Vorjahr immerhin noch 57,1 Prozent. Ähnlich reduziert hat sich die Marktstellung von Computacenter. Deutschlands größtes herstellerunabhängiges Systemhaus wird von 40,8 Prozent der Wettbewerber als solcher wahrgenommen, im Vorjahr waren es noch 50 Prozent.