Interview

"Die Stimmung bei DEC ist heute sehr positiv"

06.02.1998

CW: Es gibt Firmenübernahmen wie die von AT&T und der NCR Corp., die im Vorfeld als sehr aussichtsreich bewertet wurden...

Pfeiffer: Nein...

CW: Doch. Von den Analysten...

Pfeiffer: NCR hat sich bis zum Gehtnichtmehr gewehrt gegen diese Übernahme.

CW: Die Voraussetzungen mit AT&T als einem Telekommunikationskonzern und NCR als Computerunternehmen schienen ideal...

Pfeiffer: AT&T war eine einzige Katastrophe in bezug auf Computer. Die hatten seinerzeit 2,5 Milliarden Dollar Schulden gemacht. AT&T hat sich dann aufgeschwungen, ein gutes Unternehmen zu kaufen, um damit seine sonst unlösbaren Probleme zu lösen. Dagegen hat sich NCR mit Händen und Füßen gewehrt. Daraufhin wurde es zwangseinverleibt. Daß das nicht gutgehen konnte, ist doch naheliegend. Im Falle Compaq und Digital liegen die Dinge aber grundsätzlich anders.

CW: Aber Sie geben doch zu, daß mit Compaq und DEC zwei völlig verschiedene Unternehmen, zwei andersartige Unternehmenskulturen aufeinandertreffen?

Pfeiffer: In meiner Topmannschaft von zehn Leuten sind zwei ehemalige hohe Digital-Manager. Einer führt unser Enterprise-Business, der andere ist unser oberster Finanzverantwortlicher. Ein Teil des Erfolges von Compaq trägt auch deren Handschrift. Unterhalb dieser Management-Ebene arbeiten weitere Spitzenleute, die von Digital kommen.

CW: Es geht eigentlich mehr um die rund 54000 DEC-Mitarbeiter, die jetzt im Compaq-Boot sitzen werden und die Sie noch vor einem Jahr als demoralisiert bezeichnet haben.

Pfeiffer: Mittlerweile haben sich viele Dinge geändert. Die Stimmung bei DEC, so mein Eindruck, ist heute sehr positiv.

CW: Selbst die DEC-Belegschaft glaubt, daß es ein Blutbad geben wird, massive Entlassungen. Dazu sagen Sie jetzt natürlich nichts ...

Pfeiffer: (schweigt, lacht dann): Warum die Einschränkung? Ich wollte gerade loslegen.

CW: Der in Verhandlungen bekanntermaßen ausgesprochen harte Digital-Betriebsrat hat Ihnen gegenüber heute seine Forderungen dargelegt.

Pfeiffer: Für definitive Aussagen zur Personalsituation ist es noch zu früh. Hierzu werden aber von Arbeitsgruppen mit Compaq- und DEC-Leuten Konzepte erarbeitet. Prinzipiell glaube ich aber, daß mit Konfrontationen nichts gewonnen werden kann. Ich bin da sehr optimistisch.

CW: Am meisten interessiert jetzt natürlich alle, was aus der Alpha-Technologie wird.

Pfeiffer: Compaq fährt mit dem Alpha- sowie künftig dem Merced-Chip zweigleisig. Bis letzterer kommt, dauert es ja noch eine Weile. Und da haben wir bereits heute, was Merced erst in zwei Jahren verspricht.

CW: Compaq wird sich mit DEC aber auch die ganzen VAX-Kunden, die Open-VMS-Anwender aufbürden, die nach Unterstützung verlangen. Gibt es Pläne für eine große Kampagne zur Migration dieser Klientel auf Intel und NT?

Pfeiffer: Zunächst einmal gilt, daß die Alpha-Technologie momentan die leistungsfähigste der Welt ist. Wir müssen prüfen, wie sich der Merced-Prozessor verhält. Ein wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang wird das Preis-Leistungs-Verhältnis des Intel/HP-Chips sein. Auf längere Sicht ist es diesbezüglich natürlich denkbar, Digital-Anwendern eine Migration anzubieten.

CW: Mit dem Compaq-DEC-Deal ist ja auch der Verkauf der Alpha-Produktionsstätte in Hudson an Intel wieder völlig unklar. Die US-Kartellbehörde könnte jetzt argumentieren, die kostenträchtige Chipschmiede gehöre nunmehr Compaq, einem wirtschaftlich gesun- den Unternehmen. Damit könnte der zwischen DEC und Intel ausgehandelte Vertrag wieder platzen, und Sie besitzen eine Chipfertigung.

Pfeiffer: Für den Fall, daß Intel die Hudson-Fertigung doch übernehmen kann, wird es die vereinbarten 700 Millionen Dollar an DEC, also uns, zahlen. Das ist positiv. Außerdem wies Hudson eine Unterauslastung auf, das heißt, die Halbleiterfertigung von DEC war eine Verlustquelle. Mit dem Übergang an Intel wäre dieses Problem auch vom Tisch. Wieder etwas Positives in puncto Gewinne. Stimmt das FTC (die US-Kartellbehörde Federal Trade Commission, d.Red.) dem Hudson-Verkauf nicht zu, dann ist Compaq zwar im Halbleitergeschäft. Aber mit unseren Möglichkeiten können wir auch daraus etwas Vorteilhaftes machen.