Key User als Bindeglied zwischen IT- und Fachabteilung

Die Sprachlosigkeit überwinden

07.03.2003
Von VON Ina
Konflikte zwischen IT- und Anwenderabteilung gibt es allerorten. Wenn die Zusammenarbeit dennoch klappt, werden zumeist qualifizierte Endanwender (Key User) als Vermittler eingesetzt.

„MISSTRAUEN, Dickköpfigkeit oder grundsätzliche Abwehrhaltung - die Liste der Gründe für Kommunikationsprobleme ließe sich endlos fortsetzen“, erklärt Dieter Sinn, Chef des Münchner IT-Beratungshauses Sinn Consulting. Zu den häufigsten Streitpunkten gehören seiner Meinung nach die Besetzung der Hotline, die unterschiedliche Sprache, das Nichtwissen der IT-Profis um die Probleme der Anwender - sowie ihr teilweise arrogantes Auftreten. Um die Kluft zwischen beiden Lagern zu überbrücken, empfiehlt der Berater: „Prinzipiellmuss dafür gesorgt werden, dass mehr Anwender- Know-how in die ITAbteilung hineingetragen wird. Darüber hinaus ist es wichtig, gemeinsam praktische Lösungen zu entwickeln.“ In einem Fall habe er beispielsweise erlebt, dass vehementüber die Besetzung der Hotline gestritten wurde. Sinn: „Die IT-Profis weigerten sich, genau so früh wie ihre Anwender- Kollegen - nämlich bereits um 7.00 Uhr - in die Firma zu kommen. Man einigte sich später auf die Rufbereitschaft eines IT-Kollegen von zu Hause aus.“
 Einfache Lösungen wünscht sich Marco Kirberg, DV-Leiter bei der Murtfeldt Kunststoffe GmbH & Co. KG in Dortmund, auch. Kirberg und sein Team wachen über 110 PCs und 40 Drucker. Um die Präzisions-Kunststoffteile an den Kunden zu bringen, spielen Vertrieb und Telefonverkauf in dem Unternehmen eine wichtige Rolle.

 Der IT-Chef, der selbst längere Zeit im Vertrieb gearbeitet hat, sieht trotz seiner Anwendererfahrung viele Probleme durch die EDV-technische Brille: „Natürlich weiß ich, was ein Vertriebsmitarbeiter im Großen und Ganzen tut. Aber welche Probleme ihn im Tagesgeschäft wirklich verzweifeln lassen, da stecke ich als DV-Mann nicht mehr drin.“ Um die Probleme seiner Anwender dennoch in den Griff zu bekommen, schwört Kirberg auf die Rolle von Key Usern. Dabei handelt es sich um Kaufleute, die Interesse an der EDV zeigen und von der IT-Abteilung speziell geschult werden. Wie wichtig die Rolle der Key User ist, bekam der Computerexperte während eines Software-Upgrades zu spüren: „Ein Versuch war richtig in die Hose gegangen. Ich hatte mich darauf verlassen, dass die Anwender die Änderungen ausreichend testen. Das war aber nicht der Fall - dementsprechend traten Fehler über Fehler auf.“ Die Stimmung zwischen Anwendern und IT-Profis sank auf den Nullpunkt. Während die User sauer waren, weil sie aufgrund der vielen Fehler nicht richtig arbeiten konnten, warfen ihnen die IT-Profis vor, diese Situation selbst verschuldet zu haben. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, schaltete das IT-Team die Key User ein. Diese Kollegen sind, so Kirberg, wirklich bis an ihre Grenzen gegangen: „Bis spät in den Feierabend hinein haben sie das Programm auf Herz und Nieren geprüft.“

Wissen, wer was macht

 Birgit Schaake, Key User und Sachbearbeiterin im Verkauf, war eine von ihnen: „Als wir die Fehler nach und nach entdeckten, fragten die IT-Kollegen ziemlich verärgert, was wir eigentlich in den Wochen zuvor gemacht hätten. Wir wiederum waren sauer, weil wir endlich wieder unser Tagesgeschäft fehlerfrei erledigen wollten.“ Nicht gerade für eine Stimmungsauflockerung habe auch gesorgt, dass die einen Kollegen Abend für Abend in der Firma saßen, während andere seelenruhig nach Hause gingen. Nach Meinung der Sachbearbeiterin bestand das größte Problem darin, dass die Anwender einfach nicht wussten, wer welche Funktionen testet beziehungsweise wer für was verantwortlich war.

 Beim zweiten Upgrade sei dann alles viel glatter über die Bühne gegangen. Schaake: „Jetzt wurde für alle Beteiligten ein genauer Aufgabenplan erstellt. Das hat gut funktioniert.“ Alle entdeckten Fehler wurden von den Anwendern vermerkt und gemeinsam mit den Programmierern ausgemerzt.

Den größten Vorteil eines Key Users sieht die Verkaufssachbearbeiterin darin, selbst am Softwareprogramm Veränderungen vornehmen zu können. Nur so sei gewährleistet, dass die tägliche Arbeit reibungslos vonstatten gehe. Schaake: „Das ist der Grund, warum ich neben meinem Alltagsjob die zusätzliche Belastung in Kauf nehme.“ DVChef Kirberg, der diese Haltung zu schätzen weiß, hat aus der missglückten Aktion ebenfalls eine wichtige Erkenntnis gezogen: „In Zukunft wird nicht nur mit detailliertem Plan getestet - darüber hinaus müssen alle Testanweisungen noch abgezeichnet werden. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“