Eclat-Verband legt Ergebnisse einer Branchenumfrage vor

Die Spielregeln im Leasingmarkt werden von der IBM geschrieben

16.03.1990

MÜNCHEN (sec) - IBM baut nicht nur die meisten Rechner für den Leasingmarkt, sondern liefert auch die Schlüsselthemen für die Branche: Preis- und Wiederverkaufspolitik von Mother Blue und ihren Leasingtöchtern haben die unabhängigen Händler am stärksten beschäftigt, selten allerdings zufriedengestellt.

Ergebnisse einer Umfrage des Marktforchungsunternehmens Gartner Group Inc. unter 51 europäischen Leasingfirmen, für den Branchenverband European Computer Leasing & Trading Association (Eclat) im Juni 1989 abgeschlossen, schmeicheln dem Märkteführer keineswegs: 80 Prozent der befragten Firmen, die IBM-Maschinen verleasen, sind mit der Preispolitik der Armonker unzufrieden. Geht es um die Frage der Verfügbarkeit blauen Equipments, hat etwas mehr als die Hälfte der Befragten nichts auszusetzen; ein Drittel fand die Beschaffung benötigten, IBM-Equipments problematisch.

Auch Big Blues Leistungen in den Bereichen Hardwarewartung und allgemeiner Support fanden negative Beurteilungen der Leasinganbieter: 56,1 beziehungsweise 58,5 Prozent sahen sich hier zu grundsätzlicher Kritik veranlaßt.

Die Digital Equipment Corp., als Nummer zwei in der Rechnerwelt, fand gleichfalls nicht durchweg die Gnade der Probanden: 35,7 Prozent äußerten sich unzufrieden mit DECs Preispolitik; für einen gleich großen Anteil der befragten Firmen waren die Maschinen aus Maynard nicht schnell genug in ausreichender Anzahl verfügbar. Hardwarewartung und allgemeiner Support, so urteilten 28,6 beziehungsweise 21,4 Prozent, seien keine Glanzlichter für DEC.

Verstärkt waren Klagen zu hören

Seit die IBM wieder ein eigenes Leasing-Portfolio betreibt, sorgen sich die Unabhängigen: Niedrige Leasingraten und hohe Restwertübernahmen der IBM International Financial Services (IBM/IFS) orientieren sich häufig nicht an realistischen Marktpreisen und machen der Konkurrenz schwer zu schaffen. Klagen dieses Inhalts waren verstärkt während der letzten zwölf Monate zu hören, also nach dem Abschluß der Eclat-Befragung.

Gleichwohl konnten bereits vorher IBM-Leasinganbieter ihre Maschinen den Kunden häufig nicht zu vorher eingeschätzten Restwerten andienen.

So gab die Hälfte der Unternehmen an, daß sie als Reaktion auf IBM-Hardware-Discounting ihre Restwertübernahmen teilweise signifikant nach unten korrigieren mußten.

Andererseits erscheint die Konkurrenzfähigkeit der herstellerungebundenen Leaser in besserem Lichte, wenn es um Situationen geht, in denen sie, entweder als Anbieter oder Nachfrager gebrauchter Hardware, in direkten Wettbewerb zu IBM getreten sind. 45mal war das im ersten Halbjahr 1988 der Fall, 47mal während der zweiten sechs Monate 1988 und 53mal im ersten Quartal 1989. In 17 bis 22 Prozent dieser Fälle, so schätzten die Befragten, mußte man Big Blue beim Vertragsabschluß mit dem Endanwender den Vortritt lassen.

Seit dem Abschluß der Befragung im Juni 1989, so das Urteil des Eclat Director General Geoff Sewell, hat sich der Leasingmarkt verändert; alles sei im Fluß: "Die Politik aller Hardware-Hersteller ist noch aggressiver geworden, was daran liegt, daß die Margen unter wachsenden Druck geraten sind. Ich rechne damit, daß wir (Leasingunternehmen, Red.) künftig häufiger, als Anbieter und Nachfrager, in Konkurrenzsituationen zu den Herstellern stehen werden."

Die stärksten Player auf dem Leasingmarkt sind nach Einschätzung der Konkurrenten im übrigen die IBM auf dem ersten Platz mit 28 Nennungen, gefolgt von Atlantic mit 14, der Meridian-Gruppe mit elf sowie Econocom und Comdisco mit je neun Nennungen.

Während DEC mit vier Nennungen noch Platz neun erreichte, glauben lediglich je zwei befragte Leasinganbieter, daß Amdahl, NAS und ICL beachtenswerte Konkurrenten seien. Memorex und Hewlett-Packard-Finance tauchten nur je einmal in den Antwortbögen auf.

Brückenkopf Leasingvertrag

"Ich will nicht behaupten, daß die IBM uns mit ihrem Leasingportfolio gezielt kaputtmachen will. Aber wenn im Effekt eine Reihe unabhängiger Anbieter auf der Strecke bleiben, wird ihr das auch recht sein. "Diese Aussage eines deutschen Leasing-Geschäftsführers trifft den Kern der Sache: Einerseits könnte Big Blue die Nachfrage nach gebrauchter Hardware wohl kaum allein bewältigen, benötigt also die Leasing-Companies und -Einzelkämpfer als Distributionshelfer. Andererseits ist jeder Endanwender, dem man vom Rechner über die Peripherie und den Service bis hin zur Finanzierung alles liefert, ein Brückenkopf im Sinne einer Option auf Folgeaufträge. So wird verständlich, daß es John Akers nicht sonderlich nervös macht, wenn das Leasinggeschäft derzeit noch auf die Margen des Konzerns drückt, denn: Wer das Rechenzentrum hat, der hat die Firma (vgl. CW Nr. 9 vom 2. März 1990, Seite 6: Interview der Woche). see