Die Speichervolumina explodieren Client-Server verursacht den IT-Verantwortlichen Unbehagen

25.06.1995

Von Karl-Ferdinand Daemisch* Von kostengeplagten IT-Verantwortlichen favorisiert, zeigen Client-Server-Architekturen nun Gefahrenstellen, die sich aus der raschen Akzeptanz der Technik ergeben: Die Anwendungen wachsen - mit ihnen explodieren die Speichervolumina. Eine im Maerz '95 abgeschlossene Studie des US-Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Find/SVP zeigt daraus resultierende Probleme und ueberraschende Folgen auf.

Der Titel der internationalen Studie "Managing Information across the Enterprise: A crisis in confidence" nimmt das Ergebnis vorweg: Eine Vertrauenskrise bezueglich Client-Server-Computing (C/S) haben die Marktforscher bei IT-Managern beiderseits des Atlantiks ausgemacht.

Die von EMC, Anbieter von PCM-Speichersubsystemen (Plug Compatible Manufacturer), in Auftrag gegebene Untersuchung ermittelte die Auswirkungen verteilter Systeme bei 600 Firmen. Bei solchen Erhebungen nicht gerade ueblich, wurden genau soviele europaeische wie amerikanische Firmen befragt: Das Marktforschungsunternehmen Find/SVP in New York ist eine hundertprozentige Tochter der franzoesischen SVP.

So haben die Haelfte der befragten Unternehmen - mit durchschnittlich 1450 Mitarbeitern und 400 installierten PCs (Amerika-Durchschnitt: 4200 Angestellte und 800 PCs) - ihren Sitz in einem von sechs europaeischen Laendern, darunter Deutschland.

Besorgnis ueber den von C/S verursachten Trend zur exorbitanten Zunahme unternehmensrelevanter Informationen und seine Negativwirkungen aeusserten (gelassenere?) 68 Prozent der Europaeer gegenueber 85 Prozent der Amerikaner.

Die Studie zitiert uebereinstimmende Aussagen der Befragten, dass - wegen unzureichender Hilfsmittel - ein effektives Informations- Management nicht mehr gegeben ist. Dies gefaehrde jedoch gerade die C/S als Vorteil angerechneten Faktoren wie "Time-to-market", Kostenreduzierung und Kundenzufriedenheit. Unter speziellen IT- Aspekten fordern daher 80 Prozent der amerikanischen IT-Manager und 69 Prozent ihrer europaeischen Kollegen bessere Loesungen fuer die kritischen Punkte Sicherheit, Datenwiederherstellung (Recovery), Datenintegritaet sowie die Betriebssicherheit.

Die Datenvolumina werden in den kommenden zwei Jahren in den USA um durchschnittlich 48, in den europaeischen Staaten um 38 Prozent wachsen. Schwerpunktmaessig sind sich die IT-Chefs hueben und drueben ziemlich einig: Eine Zunahme um bis zu 30 Prozent erwarten 33 Prozent der Amerikaner und 35 Prozent der Europaeer. Immerhin 23 Prozent in den USA - Europa 24 Prozent - vermuten aber, dass die Datenflut in der Zweijahresperiode um 70 bis 100 Prozent steigen werde.

So begruendet die Befuerchtungen sind, so spaet kommen sie: Inzwischen sind in Amerika bereits rund 56 Prozent - 48 Prozent bei den Europaeern - der unternehmenswichtigen, der Decision Support- und der Online Transaktions-Anwendungen vom Mainframe auf C/S-Architekturen verlagert. Die europaeischen DV-Leiter sind eher bereit (85 Prozent), C/S eine entsprechend adaequate Performance zuzugestehen. Die Amerikaner sind mit 61 Prozent deutlich zurueckhaltender. Allerdings haben sie - mit durchschnittlich 100 installierten Servern gegenueber 21 in Europa - auch weitaus mehr Erfahrung. In zwei Jahren sollen es jenseits des Atlantiks bereits 191 Server, diesseits jedoch nur 28 pro Firma sein.

Die Ursache der sprunghaften Zunahme wurde - eine Schwaeche der Studie - nicht nachgefragt. Sie koennte, so wurde indirekt erkennbar, in Standardapplikationen wie etwa SAP R/3 zu suchen sein. Bei einem deutschen Chemiekonzern reiche schon die Installation einer Pilotfirma bereits nahe an ein Datenvolumen von einem Terabyte heran. Da wundert es nicht, dass die Abteilungen ihre neugewonnene Freiheit von alten Glashausdiktaturen gerne wieder abgeben. In Europa zu 66, in den USA zu 71 Prozent wird die Verantwortung fuer das Daten-Management in die heute euphemistisch MIS (Management Information Services) umgetauften DV-Abteilungen zurueckdelegiert.

Dies koennte nun die vormals entmachteten DV-Fuersten zufriedenstellen. Doch bricht offensichtlich eine Verantwortung ueber sie herein, der sie sich nicht gewachsen fuehlen. Bei den installierten, heterogenen Landschaften bereitet vor allem der proprietaere Wildwuchs inkompatibler, da auf unterschiedlichen Technologien basierender Speicherperipherie Probleme. Das schwach entwickelte Daten-Management erzwingt redundante Datenbestaende und inkonsistente Backup-Verfahren. Dagegen fordern die IT-Bosse nun "offene" Speichersysteme, um simultan auch heterogene Server-Welten adaequat verwalten zu koennen.

*Karl-Ferdinand Daemisch ist freier Autor in Loerrach