Interview mit Val Rahmani, IBMs General Manager E-Server P-Series

"Die Sparmaßnahmen sind abgeschlossen"

12.07.2002
Val Rahmani zeichnet weltweit verantwortlich für IBMs Unix-Server-Sparte. Im Gespräch mit CW-Redakteur Wolfgang Herrmann nimmt sie Stellung zur Entwicklung des Server-Marktes und den Sparplänen der IBM.

CW: Vergangenes Jahr ist der Server-Markt weltweit eingebrochen. Wann erwarten Sie eine Trendumkehr?

RAHMANI: In den einzelnen Industriebereichen gibt es sehr unterschiedliche Entwicklungen. Einige weisen nach wie vor starkes Wachstum auf, beispielsweise die medizinische Forschung und bestimmte Segmente für Hochleistungsrechner, ebenso Teile der öffentlichen Verwaltung. Auf eine Erholung der übrigen kommerziellen Märkte warten wir noch.

CW: Das Geschäft mit Highend-Unix-Servern läuft entgegen den hoch gesteckten Erwartungen besonders schlecht. Warum?

RAHMANI: Von unseren Regatta-Servern haben wir seit Dezember 2001 mehr verkauft als geplant.

CW: Wie schlägt sich das in den Umsatz- und Gewinnzahlen nieder?

RAHMANI: Ich kann Ihnen die Zahlen nicht nennen. Aber unsere Margen und unser Wachstum im Highend sind noch immer gut; unsere Modelle verkaufen sich. Allerdings liegt das nicht unbedingt an der Marktentwicklung, sondern daran, dass wir Anteile von Konkurrenten gewinnen. Einige unserer Kunden hatten vorher Sun- oder HP-Server installiert, die sie nun ablösen wollen.

CW: Ist der Markt für Highend-Server gesättigt?

RAHMANI: Nein, absolut nicht.

CW: Woher soll das künftige Wachstum denn kommen?

RAHMANI: Teilweise aus Projekten zur Server-Konsolidierung. Einige Anwender haben 50 oder 100 einzelne Maschinen installiert. Einer unserer Kunden in den USA arbeitet mit 3000 kleineren Servern eines anderen Herstellers. Er wollte wissen, wie er diese Systeme durch einige wenige Regatta-Server ersetzen kann. Die alten Maschinen verursachen hohe Wartungs- und Personalkosten. Überall dort, wo Kunden Geld sparen können, sehen wir für uns Absatzchancen.

CW: Andererseits ermutigt IBM Kunden aber dazu, dezentrale Unix-Server auf Mainframes unter Linux zu konsolidieren.

RAHMANI: Das geschieht auch. Die z900- und die erst kürzlich vorgestellten z800-Großrechner für den Linux-Betrieb verkaufen sich gut.

CW: Es gibt aber große Überschneidungen mit dem Mainframe-Sektor, gerade im Hinblick auf die Highend-Features der Unix-Server. Müssen Sie nicht einen Kannibalisierungseffekt fürchten?

RAHMANI: Die Unix-Server stehen nicht im Wettbewerb mit Großrechnern. Es gibt verschiedene Kundenmentalitäten. Manche verfolgen eine Mainframe-Strategie, andere entscheiden sich für Unix und die P-Series. Auf Kundenseite sehe ich keine großen Überschneidungen.

CW: Für die Midrange-Server im Unix-Umfeld scheinen die Wachstumsperspektiven derzeit besser sein.

RAHMANI: Wir sehen sowohl im Highend als auch für unser Midrange-Modell "p670", das im April auf den Markt kam, gute Wachstumschancen.

CW: IBM führt noch immer eine sehr breite Server-Palette im Programm. In jüngster Zeit gab es immer wieder Gerüchte, denen zufolge Big Blue einen Universal-Server plant, der mehrere der bisher eingesetzten Betriebssystem- und Prozessorplattformen in sich vereint. Wie realistisch sind solche Überlegungen?

RAHMANI: Ich kann Ihnen sagen, woran wir arbeiten. Wir wollen das, was wir die Persönlichkeit eines Betriebssystems nennen, abtrennen von der bisher damit verbundenen Maschine. Unix beispielsweise ist charakterisiert durch Skalierbarkeit, Leistung und Zuverlässigkeit. Typisch für die Persönlichkeit eines Mainframes sind sehr große Applikationen, für die I-Series-Server (vormals AS/400) sind es integrierte Lösungen. Diese Eigenschaften bestehen fort.

CW: Trotzdem versuchen Sie, die Server-Linien zu konsolidieren.

RAHMANI: Auf der Hardwareseite benutzen wir so viel gemeinsame Komponenten für alle vier Server-Linien wie möglich. Das spart Kosten und bringt Zeitvorteile in der Entwicklung. Gleichzeitig aber erhalten wir die unterschiedlichen Vorteile der Betriebssysteme. Wir werden also keinen Server für alles anbieten, weil wir nicht glauben, dass die Kunden das wollen.

CW: Wie wichtig ist Linux für die P-Series-Division?

RAHMANI: Es ist von hoher Bedeutung. Wir investieren weiterhin massiv in AIX, aber eben auch in Linux. Beispielsweise haben wir sehr viel Geld in "AIX Affinity for Linux" gesteckt, so dass Kunden Linux-Anwendungen nach einer Rekompilierung auf AIX-Servern betreiben können. Daneben haben wir festgestellt, dass auch eine native Linux-Unterstützung in einigen Situationen für Anwender attraktiv sein kann. Bis zum Jahresende werden etliche Kunden P-Series-Server mit AIX- und ebenso mit Linux-Partitions installieren.

CW: Wird Linux eines Tages AIX ersetzen?

RAHMANI: Aus heutiger Sicht glaube ich nicht, dass es dazu kommt. AIX entwickelt sich weiter, unterstützt jetzt 16 und 32 Prozessoren. Bis Linux so weit ist, wird AIX bereits 64 oder 128 CPUs in einem Server steuern können. Ich gehe von einer Koexistenz der Systeme aus.

CW: Zurück zur Server-Division. Im Zuge der Sparvorgaben von Sam Palmisano gab es diverse Restrukturierungsprojekte; IBM hat mehrere tausend Stellen gestrichen. Sind die Kostensenkungsmaßnahmen damit beendet?

RAHMANI: Was die einschlägigen Ankündigungen betrifft, ist das Thema abgeschlossen. Einige der betroffenen Mitarbeiter haben das Unternehmen aber noch nicht verlassen.

CW: Wie viel Geld müssen Sie in Ihrem Bereich einsparen, um die Vorgaben zu erfüllen?

RAHMANI: So wurde das nicht gehandhabt. Im Gegenteil: Palmisano fragte die Divisionen, wo sie Sparpotenziale sehen. Im Bereich der P-Series-Server haben wir nicht viel reduziert. In der Vergangenheit sind wir schnell gewachsen, haben viel junges Personal etwa für den Vertrieb eingestellt. Nun geht es darum, die Gelegenheit zu nutzen, um so viel wie möglich zu konsolidieren und sich notfalls von denjenigen zu trennen, die nicht zu den besten Leistungsträgern zählen. Es ging in den Divisionen nie darum, eine bestimmte Mitarbeiterzahl abzubauen.