Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Insider-Handel

Die Situation bei Infomatec spitzt sich immer mehr zu

08.09.2000
AUGSBURG (CW) - Nach der Korrektur früherer Ad-hoc-Meldungen und einer massiven Umsatzwarnung ist die Augsburger Infomatec Integrated Information Systems AG heftig unter Beschuss geraten. Von der Staatsanwaltschaft und vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel wird jetzt ermittelt.

Auf einer vor kurzem in Augsburg einberufenen Pressekonferenz erläuterten Finanzvorstand Karl Gruns und der erst seit zwei Monaten amtierende COO Hansjürgen Kipfer die drastischen Korrekturen an der Prognose für das Jahr 2000. Nicht mehr knapp 200 Millionen Mark, sondern nur mehr die Hälfte wird für das Gesamtjahr an Umsatz erwartet. Überproportional soll dagegen der Verlust auf rund 50 Millionen Mark (Ebitda) zulegen.

Auffallend in der Halbjahresbilanz ist der starke Abfluss an liquiden Mitteln in Höhe von 8,5 Millionen Mark (30. Juni 1999: 102 Millionen Mark). Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen erhöhten sich auf 77 Millionen Mark.

Kipfer räumte ein, dass die Nachfrage nach Internet-basierten Endgeräten bislang enttäuschend verlief. Negative Auswirkungen habe diese Entwicklung vor allem auf den Verkauf von Softwarelizenzen. Für den drastischen Umsatzrückgang machte Kipfer außerdem die Ausgliederung des Hardwaregeschäfts verantwortlich.

Aktionärsvertreter wollen Strafanzeige stellenIm zweiten Quartal wurden die Anteile, die Infomatec an der Crosstainment AG hielt, verkauft. Für die Zukunft gelte jetzt das Motto "Back to the roots". Infomatec will sich als Softwareanbieter verstärkt auf den Verkauf von JNT-Lizenzen für ThinClient-Geräte fokussieren.

Das Management des in den letzten Tagen stark unter Druck geratenen Unternehmens gab mittlerweile zu, in drei Ad-hoc-Meldungen unsauber berichtet zu haben (vgl. CW 33, Seite 9). Der COO betonte allerdings, dass man mit den Meldungen "nicht bewusst täuschen wollte."

Die fragwürdige Informationspolitik hat für den einstigen Börsen-Highflyer jetzt erste unangenehme Konsequenzen: Mittlerweile prüft das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel in Frankfurt die Ad-hoc-Mitteilungen. In Aktion getreten ist auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) e.V., die Strafanzeige gegen die beiden Altvorstände Alexander Häfele und Gerhard Harlos stellen will. Beide werden beschuldigt, den Kurs durch manipulierte Ad-hoc-Meldungen gepusht zu haben. Darüber hinaus will die Staatsanwaltschaft prüfen, ob der Tatbestand des Kursbetrugs und Insider-Handels gegeben ist.

Mit der Beendigung ihrer Betreuerfunktion hat auch die Westdeutsche Landesbank reagiert. West-LB-Manager Volker Müller-Scheessel legte vergangene Woche den Vorsitz im Infomatec-Aufsichtsrat nieder.