Digital Workplace entwickelt sich weiter

Die richtige Technologie für erfolgreiche Coworking Spaces

28.09.2016
Von 


Maximilian Hille ist Analyst des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind Cloud Computing, Social Collaboration und Mobile Innovations.
Der Coworking Space wird auch in Deutschland immer mehr zum Hotspot der neuen Arbeitskultur. Um im Wettbewerb mithalten zu können, benötigen die Anbieter einen eigenen Technologie-Stack.

Projekte, Ideen und Innovationen entstehen zunehmend außerhalb des klassischen Büroarbeitsplatzes. Start-ups, Freelancer und vermehrt auch traditionelle Unternehmen nutzen die Chance zum mobilen und flexiblen Arbeiten in den neuen Kreativ-Hotspots in Berlin, Hamburg oder München. Betahaus, We-Work oder Ahoy! heißen die Anlaufstationen für einen flexiblen Arbeitsplatz in cooler Umgebung. Für viele CIOs stellt sich nun die Frage: Wie können unsere Mitarbeiter in diesen Coworking Spaces arbeiten? Haben wir den richtigen „Digital Workplace“, um diese neue Formen des flexiblen Arbeitens zu unterstützen?

Coworking Spaces werden immer beliebter.
Coworking Spaces werden immer beliebter.
Foto: g-stockstudio - shutterstock.com

Neben organisatorischen Voraussetzungen müssen die Unternehmen meist auch technologisch nachbessern. Ein eigener Technologie-Stack, der Management- und Monitoring-Services ebenso umfasst wie neue Endgeräte und mobilfähige Cloud-Services sind dazu Pflicht. Im Ergebnis können die Unternehmen aber auch viel Geld sparen. Lizenzkosten entfallen ebenso wie teure Raumkosten. Dies ergab eine Studie, die Crisp Research gemeinsam mit Citrix im Frühjahr 2016 durchgeführt hat. Mit konservativen Berechnungen konnten jährlich pro PC-Arbeitsplatz über 400 Euro Differenz ermittelt werden.

Kosten pro Mitarbeiter pro Jahr
Kosten pro Mitarbeiter pro Jahr
Foto: Crisp Research AG, 2016

Innerhalb dieser Berechnung wurden die Raumkosten für klassische Büro-Arbeitsplätze auf neue, flexible Modelle wie Home Offices oder Coworking Spaces umgelegt. Die Mitgliedprämien und die Miete für einen Schreibtisch oder ein abgetrenntes Büro in einem solchen Coworking Space variieren je nach Anforderung von 30 Euro für die Mitgliedschaft in einer mittelgroßen Stadt bis hin zu 1.500 Euro für ein ganzes Start-up Office für drei Personen in einer europäischen Metropole.

Um diese Preise zu rechtfertigen, sind auch die Betreiber von Coworking Spaces dazu angehalten, neben einer guten Immobilie und einem Netzwerk aus interessanten Mitgliedern weitere Value Propositions aufzubauen, um auch im steigenden Konkurrenzkampf der innerstädtischen Kreativitätswerkstätten bestehen zu können. Gerade die genutzten und zur Verfügung gestellten Technologien können für solche Coworking Spaces zum USP werden. Daher rüsten auch die Coworking-Anbieter auf und bieten mittlerweile eine Reihe eigener Infrastruktur- und Collaboration-Dienste, inspiriert vom Arbeitsplatz der Zukunft.

So sind die Erfolgsfaktoren der Coworking Spaces, die schon heute in einem massiven Wettbewerbsdruck stecken, kurz zusammengefasst:

  • Immobilie: Architektur, Einrichtung und Style sind das Sinnbild der neuen Arbeitskultur. Industrie-Design, stylische Möbel sowie ein innovatives Raumkonzept gehören zu jedem Coworking Space dazu.

  • Standort: Der Coolness-Faktor der Coworking Spaces wird nicht zuletzt durch seine Lage bestimmt. Nicht nur die Auswahl der geeigneten Metropole, sondern auch das richtige Viertel sind eine wichtige Eigenschaft.

  • Community: Der kreative Austausch, neue Ideen und „Socializen“ gehören im Coworking Space dazu. Nur wenn die Mitglieder und Tischnachbarn ihre spannende Story teilen, wird der Coworking Space lebendig.

  • IT-Infrastruktur und Collaboration Services: Um sich von den anderen Coworking Spaces abzuheben, werden Coworking Spaces einen eigenen Technologie-Stack aufbauen. Neben DSL und Connectivity für den schnellen Zugang in das Internet und zu allen relevanten Informationen und Services sind auch eigene Tools und Endgeräte-Landschaften ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Arbeiten im Coworking Space – was stellen die Coworking-Anbieter bereit?

Coworking Spaces werden sich hinsichtlich des Technologieangebots folglich noch weiterentwickeln müssen. In den kommenden Jahren werden sie einen spezifischen Technologie-Stack anbieten können. Damit wird ermöglicht, dass die Mitglieder in einer Art Firmennetz, ähnlich wie in ihrem eigenen Unternehmen Technologien von einer zentralen Instanz zur Verfügung gestellt bekommen, die ihnen eine optimale Grundlage für die Tätigkeiten gibt.

Die Coworking-Anbieter werden somit zur Technologie-Schnittstelle, die als Nachfrager bei den Providern und als Anbieter bei ihren Mitgliedern fungieren. Doch wie könnte ein solcher Technologie-Stack in der Praxis aussehen?

Co Working Technology Stack
Co Working Technology Stack
Foto: Crisp Research AG, 2016

Neben den Endgeräten, die teilweise auch vom Coworking Space bereitgestellt werden, meist aber von den Mitgliedern mitgebracht werden, geht es beim Aufbau des Technologie-Stacks vor allem um die Software und Services, die einfache Prozesse und neue Ideen fördern sollen.

Auf Basis einer einheitlichen (Cloud-) Infrastrukturplattform als Grundlage für agile und leistungsfähige Abläufe könnte ein Coworking-Technologie-Stack drei verschiedene Einsatzbereiche haben:

  • Die Optimierung der internen Abläufe der Coworking-Anbieter

  • Plattformen für die Interaktion zwischen Coworking-Anbieter und Mitgliedern

  • Tools und Anwendungen für den produktiven Aufgabenvollzug der Mitarbeiter und den Austausch untereinander

Zunächst benötigen auch die Coworking Spaces einzelne Lösungen, um ihre eigenen Arbeitsabläufe zu optimieren. Dazu zählen neben klassischen Lösungen für ERP, CRM, HR auch immer häufiger spezielle Management Suites für solche Spaces, die bei der Verwaltung und Abrechnung der Immobilien, Mitglieder und des Unternehmens helfen können. Diese bilden teilweise auch eine Schnittstelle zu den Mitgliedern, die auf der Buchungsplattform einen Schreibtisch reservieren, die Mitgliedschaft erweitern oder ihre Rechnungen einsehen können.

Darüber hinaus können die Coworking Spaces auch eigene Mobility-Netzwerke aufbauen. Eine Lösung wie ein EMM-System (Enterprise Mobility Management) könnte eine optimale Grundlage sein, um eine zentrale Verwaltung der Geräte und darüber hinaus auch ein eigenes App-Netzwerk zu erstellen. So können die Coworker auch untereinander einheitliche Apps nutzen und Ideen austauschen. Die Daten bleiben dabei sicher und sind getrennt von den privaten Daten und den kritischen Daten der Unternehmen.

EMM-Lösungen sind darüber hinaus eine gute Plattform, um Office-Anwendungen, Collaboration und File Sharing Tools auch auf mobilen Endgeräten bereitzustellen. Denn die Mitglieder im Coworking Space brauchen auch außerhalb des Unternehmenskontextes die geeigneten Anwendungen, um die eigenen Tätigkeiten sowie den Austausch mit anderen Mitgliedern sicherzustellen.

In der Summe agieren Coworking Spaces also unter Umständen wie ein eigenes Unternehmen, dass seinen Mitgliedern wie eigenen Mitarbeitern Rechte vergibt, Tools bereitstellt und für die Sicherheit und den Schutz der genutzten Daten sorgt.

Denkbar ist auch, dass sich einzelne Coworking Spaces auf bestimmte Einsatzszenarien und Technologien fokussieren. So könnte der Lab-Charakter dieser Umgebungen dahingehend ausgeweitet werden, dass beispielsweise Produkte und Tools bereitgestellt werden, die für die Arbeit an bestimmten Problemstellungen dienlich sind. Denkbar wäre zum Beispiel ein Coworking Space, der notwendige Technologien bereitstellt, um Software- und sensorbasierte Produkte in einem Internet of Things-Ökosystem zu entwickeln.

Wie Coworking-Anbieter ihren eigenen TechStack entwickeln

Mit Hilfe von Technologien könnten sich also auch neue Klassen von Coworking Spaces entwickeln. Unabhängig davon stellen Technologien auch allgemein eine neue Value Proposition der Spaces dar. Die Anbieter für Coworking Spaces, die gerade in Deutschland stark expandieren, werden also auch ihren Technologie-Stack im Sinne ihrer Mitglieder ausweiten und professionalisieren.

Heute basieren nämlich viele Coworking Spaces noch auf Lightweight-Lösungen, die Basis-Funktionen bieten, aber noch nicht hinreichend für eine gute Digital Customer Experience sind. Auf der Suche nach den richtigen Lösungen werden aber dennoch Offenheit, Integration und eine Anbietervielfalt im Vordergrund stehen. Denn die verschiedenen Einsatzszenarien der Coworking Spaces erfordern auch ganz unterschiedliche Technologien.

So können trotz Best-of-Breed-Ansatz einzelne TechnologiaAnbieter einen Großteil der Lösungen bereitstellen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie nicht die Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten bieten müssen, um darüber hinaus auch weitere Anwendungen in den Coworking-Technologie Stack zu integrieren. (haf)