Sieben Fragen erleichtern die EIS-Einfuehrung

Die richtige Datenpflege ist bei Informationssystemen das A und O

19.03.1993

So mancher IV-Chef erinnert sich noch an die vollmundigen Versprechungen der Prediger fuer ein allumfassendes Informationssystem, das alle bestehenden Informationsluecken der Manager schliessen sollte. Was folgte, war ein ziemliches Desaster. Tausende von Blaettern wurden mit Modellen beschrieben, und der finanzielle Aufwand ging in die Hunderttausende - der Wunsch blieb dennoch ein Traum.

Was hat sich geaendert, was vermittelt den heutigen Anwendern die Sicherheit, es diesmal besser zu machen? Dazu sollte man drei Komponenten zu beachten:

- die methodische Nutzung der Client-Server-Technologie,

- die evolutionaere Systementwicklung mit kurzen Feedback-Schleifen sowie

- den ganzheitlichen Einfuehrungsprozess unter aktiver Einbeziehung der Fuehrungskraefte.

Welche Manager sollen EIS nutzen?

Unter welchen Bedingungen koennen wir davon sprechen, ein EIS erfolgreich eingefuehrt zu haben? Sicherlich dann, wenn Fuehrungskraefte sich Informationen aus dem EIS beschaffen und sie fuer ein adaequates Fuehrungsverhalten einsetzen.

Dabei faellt sofort der eklatante Unterschied zwischen einem operativen System und einem EIS auf. Ein Sachbearbeiter ist auf ein operatives System konventioneller Bauart angewiesen und kann in den meisten Faellen ohne es nicht mehr sinnvoll arbeiten.

Ein EIS dagegen wird entweder genutzt oder ignoriert, gefuehrt wird das Unternehmen in beiden Faellen.

Das EIS haengt also besonders stark davon ab, ob es akzeptiert wird. Wie laesst sich ein EIS erfolgmreich im Unternehmen implementieren? Sieben Schluesselfragen gilt es dabei zu beantworten:

- Wer sind die Betroffenen?

- Welche Informationen werden benoetigt?

- Woher kommen die Daten?

- Wie werden die Informationen dargestellt?

- Wie wird die Aussagefaehigkeit der Daten gesichert?

- Wie sieht die technologische Konzeption des Systems aus?

- Wie laesst sich der Erfolg sichern?

- Wer sind die Betroffenen?

Zu Anfang sollten die Verantwortlichen in einer Analyse klaeren, welche Fuehrungskraefte das EIS nutzen sollen. Dabei ist es ein erheblicher Unterschied, ob das System den Beduerfnissen einiger Topmanager aus dem Vorstand oder denen des mittleren Managements mit allen Gruppenleitern entsprechen soll.

Die zweite, nicht weniger relevante Eingangsfrage ist: Ueber welche Daten soll das EIS Auskunft geben? Dabei kann es nicht nur um formale Fragen des Datenschutzes und der Einbindung des Betriebs- oder des Personalrates gehen. Vielmehr muss grundsaetzlich anerkannt sein, dass die Betroffenen ein Recht auf Einbeziehung und Mitsprache haben. Die Qualitaet der Daten und damit letzlich der Fuehrungsinformationen haengt hiervon entscheidend ab.

Welche Informationen werden benoetigt? Eine unnoetige Frage, moechte man spontan sagen. Jeder Manager weiss, mit welchen Informationen er fuehrt und welche ihm permanent fehlen - zum Beispiel Kosten, Ertraege und Umsaetze. Geht es aber wirklich einmal um die relevanten Kennzahlen, so stellt sich schnell heraus, dass ein neues EIS auch haeufig die bestehende Fuehrungsphilosophie oder zumindest die aktuellen Fuehrungsrichtlinien und -praktiken hinterfragt.

Ist es richtig, nur nach den monetaeren Kennzahlen wie Kosten und Ertraegen zu fragen? Spielen nicht auch Qualitaet, Ressourcenproduktivitaet und Durchlaufzeiten eine Rolle?

Aber natuerlich, wird jeder engagierte Manager antworten. Die Konzentration auf wenige, aber umfassende Kennzahlen ist die eigentliche Kunst. Befreien wir den Manager von der Informationsflut, konzentrieren wir seine Faehigkeiten auf den wesentlichen Wissensbedarf. So muessen beispielsweise in Workshops die entscheidenden Kennzahlen herausgearbeitet und durch Szenarien auf ihre Aussagefaehigkeit geprueft werden.

Woher kommen die benoetigten Daten?

Ein typischer Fall: Der Haupkonkurrent hat gerade Ihr Hauptprodukt kopiert und bringt es mit aggressiver Werbung in den Markt.

Was muessen Sie wissen, um zu handeln?

Bevor der Systementwickler graue Haare bekommt, wenn er die Anforderungen durch die neuen Kennzahlen sieht, sei lieber ein Blick in die bestehende Datenwelt empfohlen. Es mag ueberzogen klingen, aber die Praxis hat gezeigt: Die Daten sind meist verfuegbar, und es ist erstaunlich, wie viele Daten in den Unternehmen herumliegen, die, verdichtet zu aussagefaehigen Kennzahlen, dem Management erhebliche Dienste leisten koennten.

Mit anderen Worten: Es bedarf keiner jahrelangen Konzepte und Implementierungen mehr, um ein EIS inhaltlich zu versorgen. Zumeist kann man ueber 80 Prozent der Informationsbeduerfnisse aus den bestehenden Datenbestaenden selektieren und zu Management- Informationen verdichten.

Wie werden die Informationen dargestellt? Ergonomie ist der Schluessel zum Erfolg. Genau hier macht sich die neue Client- Server-Technologie hilfreich bemerkbar. Bildschirme im 3270-Format sind nicht geeignet, den Manager zur aktiven Nutzung des Systems zu motivieren. Grafik ist in diesem Fall keine Spielerei, sondern eine Frage der Effizienz.

Einfache und klare Anweisungen

Zur Verdeutlichung draengt sich ein Beispiel aus einem voellig anderen Lebensbereich auf: Erhielten alle Autofahrer die Information "Achtung anhalten, der von links oder rechts kreuzende Verkehr hat Vorfahrt, nach einer kurzen Wartezeit duerfen Sie fahren, und der von links und rechts kreuzende Verkehr wird warten muessen" in dieser Form auf einer Anzeigetafel im Strassenverkehr, waeren unsere Werkstaetten ueberfuellt. Einfache, klare Signale mit der Moeglichkeit der Detailinformation und -analyse sind das Erfolgsrezept eines einsatzfaehigen EIS.

Die Client-Server-Technologie bietet hierfuer die Workstation mit grafischer Oberflaeche an, deren Gestaltung nimmt sie uns aber nicht ab.

Renaissance der Datenmodellierung

Wie wird die Aussagefaehigkeit der Daten gesichert? " Wir haben im letzten Quartal zehn Prozent mehr Umsatz gemacht", frohlockt der Vertriebschef. "Falsch", ruegt ihn der Controller, " bezogen auf das Inlandsgeschaeft, unseren Hauptmarkt, und unter Abzug der Umsaetze aus Immobilienverkaeufen haben wir 20 Prozent weniger Umsatz gemacht!" "So nicht", kontert der Vertriebschef, " zunaechst muessen wir beruecksichtigen, dass ...." Wieviel Management-Energie wird darauf verwendet, die Richtigkeit der vorliegenden Daten zu verifizieren und ihre Bedeutung zu erfassen?

Es waere eine Effizienzsteigerung ersten Ranges, gelaenge es, diese Energie zur Problemanalyse und -loesung einzusetzen. Die Datenmodellierer unter uns koennen in diesem Sinne auch eine Renaissance feiern.

Nicht nur, dass ihr unternehmensweites Datenmodell als Grundlage neuer Anwendungsarchitekturen gebraucht wird, sondern auch das Management benoetigt es wie ein Woerterbuch zur Kommunikation ueber die Spartengrenzen hinweg. Ein Unternehmen, das sich ueber die Kernbegriffe und die Kennzahlen nicht mehr streiten muss, gewinnt viel Potential.

Wie wird das System technologisch konzipiert? Fuer die Umsetzung bietet die Client-Server-Technologie zwar keine Wunderwaffe, erleichtert aber die benutzeradaequate Realisierung erheblich. Unter dem Begriff Client-Server wird noch zu haeufig eine reine Hardware-Architektur verstanden. Die Verbindung verschiedener Workstatimons ueber einen Server zu einem vernetzten System schafft allerdings nur den einen Teil des neuen Systems. Den komplexeren Teil stellt die Software-Architektur dar. Hierbei geht es darum, Funktionen und Daten sinnvoll unter Nutzung der jeweiligen Systemstaerken zu verteilen. Die funktionale Verteilung verlagert die Auswertungsfunktionen auf den Client und die Versorgungs-, Verdichtungs- und Administrations-Funktionen auf den Server.

Beim EIS wird in der Regel der Datenbestand auf dem Server bereitgestellt. Um die Aktualitaet der EIS-Daten zu gewaehrleisten, sollten sie mindestens taeglich auf den neuesten Stand gebracht werden.

Wie wird der Erfolg gesichert? Entscheidend fuer die erfolgreiche Implementierung eines EIS ist der Einfuehrungs- und Entwicklungsprozess selbst. In ihm spielen organisatorische, technologische und arbeitssoziologische Aspekte zusammen. Entscheidend ist aber auch die Anpassungsfaehigkeit des gesamten Systems nach der ersten Einfuehrung. Dabei muss es gelingen, technologische, inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklungen vorzunehmen. Die technologischen Anpassungen im Rahmen einer Client-Server-Architektur gelingen, wenn das System von Beginn an auf einer auf Verteilung und Erweiterung angelegten methodischen Vorgehensweise beruht. Eine Synthese aus Objektorientierung und Datenmodellierung weist hier den Weg.

Ideen von gestern mit der Technologie von heute

Die inhaltlichen Anpassungen haengen von der Qualitaet der Datenpflege des jeweiligen Unternehmens ab. Wird der Rohstoff, die Daten, gut gepflegt, laesst sich der Veredelungsprozess zur Management-Information effizient und flexibel gestalten. Die organisatorischen Anpassungen haengen von der Veraenderungsbereitschaft des Managements selbst ab.

Nur wenn es gelingt, die guten Ideen von gestern mit der Technologie von heute und den Anforderungen an die Fuehrung von morgen zu verknuepfen, entsteht ein relevanter Nutzen fuer das Unternehmen mit dem neuen EIS-Ansatz. Ansonsten entstehen nur Kosten, Kosten und noch mehr Kosten.

*Hartmut Skubch ist Geschaeftsfuehrer der Plenum Management GmbH, Wiesbaden. Norbert Skubch ist Geschaeftsfuehrer der JSC Management- & Technologieberatung GmbH, Wiesbaden.