Open-Source-Software/Programme, Projekte und Kontakte en masse

Die Quellen der quelloffenen Software

27.04.2001
Linux, Apache und KDE sind bekannt. Doch der Fundus quelloffener Software ist viel reicher. Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, die Anwendern auf der Suche nach Applikationen und Projektinfos weiterhelfen. Von Eva-Katharina Kunst*

Die Situation entbehrt nicht der Komik: Ausgerechnet die Open-Source-Gemeinde, bekannt für ihre Vorliebe zu dezentralen Strukturen (in der Entwicklung wie auch anderweitig), setzt bei Management und Programmabwicklung ihrer Projekte im Wesentlichen auf nur ein Pferd. "Sourceforge" (http://sourceforge.net) heißt dieses Forum für Open-Source-Entwickler. Der Name ist Programm. Hier schmieden Abertausende von Entwicklern an mehr als 18 000 Open-Source-Projekten - eine wahre Goldgrube für jeden Anwender.

Sourceforge wurde im November 1999 vom amerikanischen Linux-Dienstleister VA Linux Systems ins Leben gerufen und mauserte sich innerhalb eines Jahres zum weltweit größten Application-Service-Provider (ASP) für Open-Source-Entwickler. Für die technische Seite der Projektorganisation stellt VA Linux Server und Speicher mit insgesamt 35 GB RAM und 4,5 TB Festplatten zur Verfügung.

VA Linux als großzügiger Sponsor

Für das Hosting der Projekte stehen Web-, File-, Datenbank- und Firewall-Server zur Verfügung. Darüber hinaus können die Open-Source-Entwickler auf Administrations-Tools, Projekt-Management-Software, ein Bug-Tracking-System sowie Software zur Archivierung und Dokumentation zurückgreifen. Jedes Projekt verfügt über sein eigenes FTP-Directory, Mailing-Listen und Diskussionsforen.

Der kostenlose Internet-Service erfreut sich großer Beliebtheit. Sourceforge ist eine große Site, die auch gehobenen Ansprüchen genügt. Die Community dankt es mit immer neuen Projekten: Alte Bekannte wie KDE, MySQL, Python oder Tcl sind ebenso anzutreffen wie Linux-Games oder aber Außenseiter wie die Astronomie-Software zur Positionsbestimmung von Planeten und Sternen. Die Nutzerbasis von Sourceforge wächst um durchschnittlich 30 Prozent pro Monat.

Das Portal steht allen offenDas Open-Source-Portal steht aber nicht nur der Community offen. Hier sitzt auch der Anwender an der Quelle der quelloffenen Programme. Wer nach geeigneten Applikationen, Softwarekomponenten oder auch Entwicklern Ausschau hält, sollte seine Suche bei Sourceforge beginnen. Die Projektdatenbank lässt sich dazu komfortabel anhand verschiedener Browse-Optionen durchsuchen. Möglich ist beispielsweise die Anzeige nur stabiler Software beziehungsweise abgeschlossener Projekte oder aber die Auswahl nach Zielgruppen wie dem Endanwender oder Systemadministrator. Doch auch nach Lizenzbestimmungen, Betriebssystem, Umgebung oder Programmiersprache kann selektiert werden.

Welchen Themen die Entwickler die größte Aufmerksamkeit schenken, zeigt ein Blick auf die Verteilung innerhalb der sachlichen Kategorien. Zurzeit sind insbesondere die Bereiche Internet, Communications, Systemsoftware und Multimedia federführend. Gleichwohl warten auch zahlenmäßig schwächer besetzte Sujets wie Datenbanken, Office oder Security mit jeweils mehreren Hundert Projekten auf.

Informationen bis in Projektdetails

Die Projekthistorie ist dank Versionsverwaltung (CVS) vollständig transparent: Jeglicher Quellcode lässt sich in jedem Entwicklungszustand downloaden. Der Anwender erhält zudem eine kurze Einführung über die Funktionalität der Softwarepakete. Wie aktiv die Entwickler an dem Projekt arbeiten, belegen abrufbare Statistiken. Um einen direkten Draht zu den einzelnen Entwicklern zu ermöglichen, hat Sourceforge zu jedem Projekt Entwicklerinformationen hinterlegt. Hier werden Projektbetreuer und Mitglieder mit Namen, E-Mail-Adressen und ihren - leider oft nicht für die Öffentlichkeit freigegebenen - Entwicklerprofilen vorgestellt.

Doch so groß die Akzeptanz von Sourceforge durch die Community auch ist: Eine derartige Konzentration der Projektentwicklungen auf nur ein Forum ruft bei manchen Unbehagen hervor. Gerät die Open-Source-Entwicklung in Abhängigkeit, da Sourceforge durch VA Linux betrieben wird? Neuen Zündstoff erhielten die Kritiker, als die weltweite Krise der Linux-Dienstleister auch Sourceforge-Sponsor VA Linux beutelte. Nach der Ankündigung der Firmenzentrale, man werde 25 Prozent seiner gesamten Belegschaft entlassen, wurden Befürchtungen laut, Sourceforge könne sterben.

Eric Raymond, Vorsitzender der Open-Source-Initiative (OSI) und Aufsichtsratsmitglied bei VA Linux Systems, versuchte daraufhin die Wogen zu glätten: "Sollte VA Linux wirklich morgen von der Bildschirmfläche verschwinden, haben wir mehrere Mirror-Sites bei unabhängigen Organisationen, die darauf aufsetzen werden."

Ein Spiegel der Open-Source-Projekte

Umgekehrt ist Sourceforge selbst Spiegel-Server diverser Großprojekte aus der Open-Source-Szene, darunter das Perl-Archiv, die Distributionen von Debian, Red Hat und Suse, die Desktop-Umgebungen KDE und Gnome, der Open-Source-Web-Browser Mozilla sowie die Linux-Kernel-Archive.

Zu Sourceforges Spiegelungen zählt überdies die Linux-Software des früher unter "metalab.unc.edu" erreichbaren, in der Szene sehr geschätzten "Meta-Lab"-Archivs. Meta-Lab gilt als einer der Vorläufer von Sourceforge, auch wenn es nicht dazu diente, die aktive Entwicklungsarbeit zu unterstützen. 1992 wurde Meta-Lab durch die Universität von North Carolina in Chapel Hill gegründet - wegen der Subventionen durch Sun Microsystems ursprünglich unter dem Namen "Sun-Site".

Die Softwarekollektionen Meta-Labs beschränken sich allerdings nicht auf Open Source - obwohl der Anwender hiervon eine Menge finden kann. Ein buntes und riesiges Sammelsurium aller möglichen, frei verfügbaren Codesammlungen und Infos nennt Meta-Lab sein eigen.

Inzwischen tritt Meta-Lab unter dem neuen Namen "Ibiblio" auf: So wie die einstige Umbenennung von Sun-Site zu Meta-Lab den Wunsch nach Herstellerunabhängigkeit signalisierte, beweist die Umtaufe zu Ibiblio das neue Selbstverständnis als Online-Bibliothek, die angelehnt an den Open-Source-Gedanken jegliches Wissen freizugeben und zu teilen gedenkt. Sourceforge profitiert durch die direkte Zusammenarbeit mit Ibiblio von dessen Fähigkeiten zur Archivierung, Katalogisierung und Dokumentation.

VA Linux hat noch verschiedene andere Eisen im Feuer. Mit dem Erwerb von Andover.net im Februar 2000 hat der Linux-Dienstleister ein großes Stück vom unabhängigen Linux-Kuchen eingekauft. Andover ist eine weitere beliebte Anlaufstelle, wenn es um das Auffinden von Open-Source-Software geht (siehe Kasten "Links"). Ohne seinesgleichen ist hierbei vor allem das 1997 gegründete Andover-Portal "Freshmeat", das größte Web-Verzeichnis für Open-Source-Software überhaupt. Zigtausende Anwendungen sind mitsamt Beschreibungen der Software in der Datenbank hinterlegt. Links verweisen zur Homepage des Projektes oder führen zum Download der Pakete.

Ein Katalogisierungssystem setzt sich durch

Freshmeat hat inzwischen auf das "Trove"-Kategorisierungssystem umgestellt, das von Sourceforge wie auch von vielen anderen Archiven verwendet wird und folglich eine Zusammenarbeit mit diesen erleichtert. Der Anwender wiederum stößt auf die gewohnten Rubriken, die per URL zu den einzelnen Applikationen verweisen. Optional kann man sich per E-Mail über bevorstehende Updates der Programme oder Kommentare zum Produkt unterrichten lassen. Bei manchen Projekten veranschaulicht ein Screenshot die Ansicht.

Eine Sonderstellung nimmt seit jeher die Software der Free Software Foundation (FSF) ein. Obwohl freie Software, insbesondere die leistungsstarken GNU-Tools und diverse Anwendungen, auch in den Archiven von Freshmeat und Konsorten auftaucht, ist ihr angestammtes Zuhause das GNU-Portal (www.gnu.org). Sämtliche GNU-Softwarepakete stehen inklusive kurzer Beschreibung zum kostenlosen Download bereit. Zusätzliche Kategorien enthalten freie Java-Pakete und -Anwendungen sowie weitere Applikationen, die mit der hauseigenen GNU General Public License (GPL) ausgestattet sind.

Spezialkataloge für GNU-Fans

Noch in der Vorbereitung ist "Savannah", benannt nach dem Terrain, auf dem die Gnus leben. Hierbei handelt es sich um einen Hosting-Service für Entwickler von GNU-Paketen. Das Savannah-Projekt orientiert sich nicht nur an dem Vorbild von Sourceforge, sondern basiert auch auf dessen Code 2.0, der frei verfügbar ist.

Obwohl Quellcode von Sourceforge also einen Großteil der Arbeit für mögliche weitere Anbieter von Open-Source-Hosting-Services bereitstellt, gibt es kaum ähnliche Projekte. In Teilbereichen, beispielsweise zum Thema Embedded Systems, findet man kleinere Hosting-Services für dedizierte Open-Source-Communities, doch nach etwas in den Dimensionen von Sourceforge sucht man vergeblich.

*Eva-Katharina Kunst ist freie Journalistin in Kempen.

Links

Open Source Development Network (OSDN)

http://osdn.com

Sourceforge

http://sourceforge.net/softwaremap

Softwarearchiv Freshmeat

http://freshmeat.net/browse

Ibiblio (früher Meta-Lab)

www.ibiblio.org/metalab/collection

GNU-Software/Free Software Foundation

www.gnu.org/software

oder über Savannah

http://savannah.gnu.org

Linux-Software

www.linux.org, www.ibiblio.org/pub/linux

Andover

www.andover.net

Open Source Development Network (OSDN)

Dank des gewachsenen Prestiges von Open-Source-Software (OSS) als feste Größe in der IT-Landschaft hat sich in den vergangenen Jahren die Entwicklung quelloffener Software professionalisiert und institutionalisiert. Als eine zentrale Koordinierungsstelle dient das "Open Source Development Network" (OSDN). Mit einem Dutzend Portals widmet es sich schwerpunktmäßig dem Ziel, die Open-Source-Entwicklung zu unterstützen, den Entwicklern bei der Verbreitung der Software zu helfen und die Diskussion über Open-Source-Entwicklungen zu ermöglichen.

Dementsprechend ausgerichtet sind die Herzstücke des OSDN: die Portal-Sites Sourceforge, Freshmeat und Slashdot. Sourceforge bietet als Application-Service-Provider nicht nur notwendige Entwicklerressourcen wie Plattenplatz, Webspace oder CVS-Archive, sondern darüber hinaus eine vollständige, für die verteilte Softwareentwicklung notwendige Kommunikationsinfrastruktur in Form von Mailing-Listen und Diskussionsforen.

Eine weitere wichtige Komponente für die Programmierung professioneller Software sind die Compile-Farmen. Diese bieten den Entwicklern den Remote-Zugang zu Hardware, die ihnen sonst nicht zur Verfügung steht. Mit dem PC auf Pentium-Basis lassen sich so per Internet Programme für Alpha-Rechner oder auch Sparc-Maschinen entwickeln.

Freshmeat ist das größte Verzeichnis quelloffener Software. Nahezu sämtliche freien Applikationen werden im Archiv aufgeführt. Man kann gezielt nach bestimmten Programmen suchen oder durch einen Katalog der einzelnen Programmbeschreibungen blättern. Die Software ist über Links direkt abrufbar.

Der Internet-Szenetreff Slashdot stellt die Diskussionsplattform des OSDN für alle Belange rund um Open Source dar.