25 Jahre Windows

Die Qual der CW-Redakteure

02.08.2010

Windows 3.0 beleidigte die DOS-Fraktion

Er ist alt, vergilbt und fast vergessen: Mein Apple Macintosh 1/20, der 1990 als "Studentenrechner" angeschafft wurde - für das vorletzte Hemd übrigens. Heute fristet er seinen Lebensabend im kühlen Keller. Auf dem Wertstoffhof wird der Knubbel-Mac nicht landen, auch nicht bei Ebay. Dafür bin ich dem Würfel zu dankbar. Er hat mir nur ganz selten die Bombe gezeigt (Systemabsturz) und fast immer zuverlässig geschnurrt, auch wenn dank der lauter werdenden Festplatte später ein Knurren daraus wurde.

"Microsofts Windows-Strategie hat sich gelohnt. Noch heute sorgen die Techies in den Unternehmen dafür, dass nichts anderes als Microsoft-PCs auf die Arbeitstische kommt." Heinrich Vaske, CW-Chefredakteur
"Microsofts Windows-Strategie hat sich gelohnt. Noch heute sorgen die Techies in den Unternehmen dafür, dass nichts anderes als Microsoft-PCs auf die Arbeitstische kommt." Heinrich Vaske, CW-Chefredakteur

Das Betriebssystem Mac OS 6 sorgte für intuitive Bedienbarkeit, die Eingabe komplizierter Systembefehle war nicht vorgesehen. Und mit 1 MB RAM, einer 20-MB-Festplatte und einem FDHD-Diskettenlaufwerk (für HD-Disketten) war man damals bestens bedient, so gut, dass man sich heute immer noch fragt, womit sich die 4 GB RAM im neuesten PC eigentlich den ganzen Tag beschäftigen.

Schade, PC-Anwender haben das Gefühl nie kennen gelernt, ihren Rechner zu lieben. Sie ticken komplett anders als die Apfel-Gemeinde. PC-User sind von Natur aus aggressiv. Glücksgefühle kommen auf, wenn sie mit ihren Rechnern kämpfen und sie bezwingen können. Der Blue Screen of Death war stets der orgiastische Höhepunkt im Ringen mit dem System. Aufschrauben, manipulieren, aufrüsten - das sind Tätigkeiten, die PC-Nutzer lieben. Auf den 286er folgte der 386er, der 486er, der Pentium. Echte Fans haben noch jeden geschafft.

Naturgemäß wollte die PC-Gemeinde nie mit der hermetisch abgeriegelten Apple-Welt zu tun haben, machte diese doch Eingriffe auf Systemebene nahezu unmöglich. Die PC-Community schien sogar beleidigt, als Microsoft Windows 3.0 einführte. Eine grafische Benutzeroberfläche - wer braucht denn so etwas? Windows 1.0 und 2.0 liefen unter der Wahrnehmungsgrenze, aber Version 3 war allgegenwärtig und beleidigte die Intelligenz der PC-Freaks. Sie fühlten sich in der MS-DOS-Befehlswelt heimisch: cd.., del, copy, exit, das war - jetzt mal poetisch gesprochen - das Meer der Möglichkeiten, in dem sie baden wollten. Und nicht in einer Apple-Badeanstalt mit Bademeister und Badekappenzwang.

In Redmond hat man diese ungestüme Freiheitsliebe immer gesehen und Rücksicht genommen. Nur aus diesem Grund blieb Windows bis weit in die 90er Jahre hinein lediglich eine grafische Erweiterung für MS-DOS. Wäre - wie eben bei Apple - mehr daraus geworden, hätte Microsoft sich von Anfang an die Sympathien seiner Kernklientel verspielt. Also behielten Gates & Co. lieber die Nerds im Auge und schufen ihnen so eigenwillige Windows-Konstruktionen wie den Datei-Manager, den Programm-Manager oder den Drucker-Manager. Das alles hat sich gelohnt: Noch heute sorgen diese Techies in den Unternehmen dafür, dass nichts anderes als Microsoft-PCs auf die Arbeitstische kommt. Messen kann man sich an ihnen immer noch.