Großes Interesse an Entwicklerkonferenz Java-One

Die Programmiersprache Java begründet neuen Software-Markt

14.06.1996

"Wir hatten mehr Besucher als die Developer-Konferenz von Microsoft", behauptete ein Organisator des Veranstalters Javasoft. Er bemühte den Vergleich nicht zufällig. Die Bedeutung von Java liegt derzeit vor allem in seiner Hardware- und Betriebssystemunabhängigkeit. Dadurch, so die Hoffnung von Entwicklern, entsteht ein Markt für Desktop-Anwendungen jenseits von Windows. Dort nämlich zieht der Marktführer Microsoft immer mehr lukrative Bereiche an sich und verengt so den Spielraum für Mitbewerber. Außerdem setzt im Windows-Umfeld die Office- Philosophie mit ihren großen monolithischen Anwendungen die Einstiegsschwelle so hoch, daß kleinere Anbieter nur schwer bestehen können. Das Java-Konzept spezialisierter Software-Module, die sich über das Netz laden lassen, verspricht diesen Firmen dagegen leichten Zugang zu neuen Märkten.

Tatsächlich entsteht derzeit rund um Java eine neue Industrie, an der Hardware-Produzenten ebenso beteiligt sind wie Tool-Hersteller und Applikationsentwickler. (siehe Kasten). Für erstere war die Vorstellung von Java-OS besonders interessant. Es handelt sich dabei um ein Betriebssystem mit geringem Ressourcenbedarf, das auf diversen Internet-Geräten ablaufen kann und das in der Lage ist, Java-Applets auszuführen (Siehe Computerwoche 23, S. 12)

Bei Javasoft hat man die Ansprüche an das eigene Erfolgsprodukt inzwischen höher geschraubt. Es soll nicht bloß das Fundament für einen Nischenmarkt von WWW-Applets bilden. Nach Vorstellung des Java-Erfinders James Gosling hat die Pogrammiersprache dieses Stadium bereits überwunden und ist nach seiner Meinung mittlerweile auf dem Weg zum universellen Entwicklungswerkzeug.

Einen wesentlichen Beitrag dazu soll Javasofts Initiative mit dem Codenamen "Beans" leisten. Es handelt sich dabei um eine neue Komponenten-Architektur, die es Java-Applets erlaubt, innerhalb fremder Komponenten-Modelle wie Microsofts "Component Object Model" (COM) oder dem von der OMG zum offenen Standard gekürten "Open Doc" abzulaufen. Solche "Java Beans" können außerdem in Anwendungen wie Net- scape Navigator, MS Office oder Visual Basic eingebettet werden. Technisch gesehen handelt es sich bei den Beans um eine Reihe von APIs, die ihrerseits vollständig in Java entwikkelt wurden.

Mehrere Hersteller kündigten mittlerweile ihre Unterstützung für das Konzept an, darunter Borland, IBM, Netscape und Oracle. Big Blue arbeitet im Rahmen des "Arabica"-Projects an der Integration von Java und Open Doc. Ziel ist es dabei, Java-Applets über das Internet mit Standard-Anwendungen verknüpfen zu können. Nach Ansicht von Marktbeobachtern könnte dies Open Doc Auftrieb verschaffen und gleichzeitig den Nutzen von Java-Anwendungen erhöhen. Die Beta-Tests für Arabica sollen im vierten Quartal 1996 beginnen.