Kolumne

"Die Probleme bei Siemens IC bleiben"

16.07.2004
Gerhard Holzwart Redakteur CW

Auf den ersten Blick sieht alles nach einem genialen Schachzug aus: Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat das Unternehmen nachhaltig umgebaut und auf Profit getrimmt, tritt somit zum optimalen Zeitpunkt ab. Keiner zweifelt daran, dass er ab Januar kommenden Jahres die Rolle eines einflussreichen Aufsichtsratvorsitzenden spielen wird. Die Frage, ob er bis dahin quasi als Auslaufmodell eines Vorstandsvorsitzenden die berühmte "lame duck" sein wird, ist eher müßig. Diesen Begriff aus der Politik hat von Pierer in der ihm eigenen Selbstironie verwendet - wohl wissend, dass sein von ihm selbst auserkorener Nachfolger Klaus Kleinfeld vermutlich ab sofort das ist, was er bis dato nur heimlich sein konnte: der starke Mann im Konzern. Die gesamte Wirtschaftspresse stand jedenfalls vorsorglich Spalier und spendete dem gelungenen Machtwechsel Beifall. Von der "Generation Kleinfeld" war die Rede, und von der beispiellosen Verjüngung der gesamten oberen Führungsetage beim Münchner Elektronikriesen.

So weit, so gut. Doch ob das Feld für die IT-Sparten von Siemens schon bestellt ist, darf in Zweifel gezogen werden. Dass die Bereiche IC Mobile und IC Networks ab Oktober als eine organisatorische Einheit agieren, ist noch kein großer strategischer Wurf. Das Zusammenwachsen der Sprach- und Datenwelt machte diese Entscheidung überfällig. Interessant zu beobachten wird zum Beispiel sein, ob die Verschmelzung auch in den Köpfen der betreffenden Siemens-Mitarbeiter so schnell vonstatten geht, wie es die Blaupausen der Konzernstrategen vorsehen. Auch die Frage nach der Zukunft des Handy-Geschäfts bietet sich an. Siemens produzierte Billigware und wunderte sich dann über geringe Margen. Der Trend zu Klapphandys wurde schlicht verschlafen. Mit knapp zehn Prozent Weltmarktanteil sind die Münchner einerseits längst zu groß zum Sterben, andererseits immer noch entschieden zu klein, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Fest steht nur eines: Der verantwortliche Bereichsvorstand Rudi Lamprecht rückt jetzt in den Zentralvorstand auf.

Entscheidend ist aber etwas anderes: Noch immer sind ICN, ICM und SBS Lichtjahre von der ursprünglich vorgegebenen Gewinnmarge von elf Prozent entfernt. Will man dieses Ziel jemals erreichen, wird man weiter die Kosten senken müssen. Und es dürfte eine gehörige Portion "Wachstumsfantasie" vonnöten sein. Ob sich in diesem Zusammenhang die mehr denn je ungewisse Zukunft von SBS als vorteilhaft erweist? Zerschlagung, Verkauf, Einbringung in ein Joint Venture oder ein großer Zukauf - die möglichen Alternativen liegen seit Monaten auf dem Tisch! Siemens wird die Frage beantworten müssen, ob man im Konzert der weltweit großen IT-Dienstleister mitspielen will. Von Pierer hat die Antwort nie gegeben, vielleicht ringt sich Kleinfeld durch.