Third-party-Hersteller sichern sich mit Allianzengeflecht ab (Teil 2)

Die PDAs erfuellen noch nicht die hochgesteckten Erwartungen

21.01.1994

MUENCHEN - Von Apple ueber Compaq und IBM bis zu Siemens machen die DV-Konzerne auf einem Markt mobil, dem grosse Zukunftschancen eingeraeumt werden. Die PDA-Szene (Personal Digital Assistant) wurde allerdings 1993 mehr von Absichtserklaerungen und Allianzen gepraegt als von Geraeten, die die hochgesteckten Erwartungen erfuellen.

Ein Konkurrent, der dem Newton zumindest in Sachen Kommunikationsfaehigkeit den Rang ablaeuft, ist der "Personal Communicator" der Eo Inc., die mehrheitlich im Besitz von AT&T ist. Groesser und schwerer als sein Rivale, verfuegt er ueber ein integriertes Faxmodem, ein Mikrofon und ein schnurloses Telefon. Letzteres ist fuer die amerikanische GSM-Infrastruktur konzipiert und kann hierzulande nicht genutzt werden.

Als Prozessor verwendet der Personal Communicator den Hobbit-Chip von AT&T. Diese PDA-Architektur unterstuetzen neben Olivetti die japanischen Konzerne Marubeni und Matsushita (zum letzteren gehoert das Unternehmen Panasonic). Das Quartett vertraut auf seine finanzielle Macht, mit der es seine Architektur als Weltstandard faktisch festlegen will. Zudem versuchen die Vier ebenso wie Apple, verschiedene Third-party-Hersteller um sich zu sammeln. Auf dem deutschen Markt erhalten sie Unterstuetzung von SNI. Die Entscheidung fuer Eos System statt einer Kooperation mit Apple, wie sie der Siemens-Bereich Private Kommunikationssysteme anstrebt, fiel laut Horst Nasko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei SNI, aufgrund des besseren Betriebssystems und der ausgereifteren Systementwicklung.

Falls der Personal Communicator ein Flop wird, hat Olivetti als Rueckversicherung noch ein Standbein in der Apple-Welt: Ueber die Acorn Computer sind die Italiener an der ARM Corp. beteiligt, die die RISC-Prozessoren fuer den Newton liefern. Auch Matsushita sichert sich doppelt ab: Der japanische Konzern ist Lizenznehmer der Apple-PDA-Technik.

Mit Compaq, Microsoft, Intel und VLSI formiert sich ein weiteres Konsortium, von dem zwar haeufig gesprochen wird, das bisher jedoch noch keine Produkte lieferte. Der Handheld, der fuer Microsofts Betriebssystem "At Work" konzipiert wird und der mit einem von Intel und VLSI entwickelten 32-Bit-Chipset arbeitet, soll DOS- Dateien direkt einlesen koennen. Aber auch in dieser trauten Runde gibt es Kandidaten, die nicht alles auf eine Karte setzen wollen: An der Entwicklung des im Newton verwendeten RISC-Prozessors war VLSI beteiligt, und Intel liefert Speicherkarten fuer das Apple- System.

Und auch Big Blue hegt PDA-Plaene: Mit der Bell-South Corp. gewann IBM einen potenten Vertriebspartner fuer ihren PDA "Simon", der in den USA im Dezember erscheinen sollte. Das Geraet wird rund ein Pfund schwer und mit einem drahtlosen Telefon ausgestattet sein. Angeblich soll man mit ihm auch E-Mail- und Faxnachrichten ueber den Aether senden und empfangen koennen - allerdings nur ueber das Mobilfunk-Netz von Bell-South.

Konkretere Ergebnisse praesentierte Amstrad mit dem "Penpad PDA 600" bereits auf der CeBIT 039;93. Schon im Vorfeld der Markteinfuehrung wurde die Loesung jedoch als besserer Organizer bezeichnet. Amstrad-Sprecher Alan Sugar gab zu: "Es handelt sich tatsaechlich um einen Organizer. Wir wollen nicht bieten, was Apple und IBM versprechen - aber der Preis von ungefaehr 430 Dollar macht das Geraet doch interessant." Immerhin konnte Amstrad allein in Deutschland bereits 15 000 Einheiten des komfortablen Organizers verkaufen.

Auf der im Oktober 1993 folgenden Muenchner DV-Messe Systems war dann von Unternehmensseite zu erfahren, dass die naechste Generation, mit deren Praesentation zur CeBIT 039;94 zu rechnen ist, um eine Pager-Funktion erweitert wird, mit der dem PDA-User eine Nachricht uebermittelt werden kann.

Der "Zoomer" von Tandy, der gemeinsam mit Casio entwickelt wurde (und bei letzterem Unternehmen unter der Modellbezeichnung "XL- 7000" laeuft), ist im Vergleich mit seinen Konkurrenten ein wahres Sprachgenie: Das integrierte Uebersetzungsprogramm ist in der Lage, 1000 Woerter in 26 Sprachen anzuzeigen. Sein Betriebssystem "Geos" liefert Geoworks; die Software zur Schrifterkennung (Blockschrift) kommt von Palm Computing - beide Unternehmen waren auch an der Entwicklung des Sharp-PDAs beteiligt. Des weiteren sassen die America Online Inc. und die Intuit Inc. am Entwicklungstisch von Tandy und Casio.

Last, but not least ist ein weiterer PDA von Hexaglot, dem Spezialisten fuer Sprachcomputer, verfuegbar. "Touchme" verwaltet einen Wortschatz von mehr als 100 000 Woertern und etwa 400 Redewendungen in zwoelf Sprachen. Zu den Features gehoeren des weiteren Projektplaner, Adressdatenbank, Kalender und Taschenrechner. Das auf einem Motorola-Chip laufende pro- prietaere Betriebssystem hat Hexaglot selbst entwickelt. Fuer den Datenaustausch benoetigt der Anwender eine entsprechende PCMCIA- Karte.

Die Hersteller kaempfen um eine gute Startposition

Zur Zeit scheint die Technik lediglich reif fuer Alleskaeufer. Die hochgesteckten Erwartungen an die Kommunikationsfaehigkeit und die Verarbeitung von handschriftlichen Notizen erfuellt kaum ein Produkt - vermutlich wird das schwer durchschaubare Allianzengeflecht aber die Entwicklung von Soft- und Hardware- Erweiterungen vorantreiben.

Fuer die Hersteller wird der Erfolg auf diesem neuen und zukunftstraechtigen Markt davon abhaengen, welche PDA-Architektur sich am schnellsten etabliert. Durch den fruehzeitigen Start und die umfangreichen Kooperationen hat sich Apple zwar eine gute Ausgangsposition erarbeitet, doch kleben der Company namhafte Konkurrenten an den Fersen. Glaubt man den Marktforschern von IDC und BIS, explodiert der PDA-Umsatz wie gesagt in den naechsten Jahren - deshalb auch das Gerangel der Hersteller um die bessere Startposition, trotz der nur wenig ausgereiften Produkte.