Die Integration von PC-Netzen

Die PC-Welle hat auch das BS2000-Betiebssystem erfaßt

29.03.1991

PC-Host-Anbindungen sind auch in der BS2000-Welt längst zu einem übliche Verfahren geworden, um den Mainframe zu entlasten. Besonderes Interesse gilt dabei der Integration von heterogenen Rechnerwelten, insbesondere der Integration von Fremdsystemen in herstellerspezifische Netzstrukturen.

Für den deutschen Markt ist die Einbindung verschiedener Betriebssysteme (MS-DOS, Unix, VMS) in die vorhandene DV-Struktur der BS2000-Umgebung von Siemens von großer Bedeutung. Vor allem besteht Bedarf, komplette Rechnernetze in die Siemens-Welt einzugliedern, die losgelöst von der etablierten Transdata-Welt entstehen und daher Insellösungen innerhalb der gewohnten Netzstrukturen darstellen.

Verschiedene Gründe sprechen für den Einsatz lokaler Netze: Zum einen sind bestimmte Applikationen, die auf PCs unter MS-DOS oder Unix angeboten werden, unter BS2000 nicht verfügbar oder auf PC-Basis preiswerter zu realisieren. Zum anderen werden bei Bedarf an weiteren BS2000 Arbeitsplätzen PCs mit einer 9750 Terminalemulation angeschafft, die als komfortables Dialogterminal zu Siemens-Rechnern, aber auch für andere Belange eingesetzt werden können.

Um derartigen Ansprüchen zu genügen, ist ein dreifacher Weg zu gehen. Neben einer geeigneten Ankoppelung an BS2000 sind für diese Netze

Applikationen wie 9750 Terminalemulationen und die Unterstützung eines Filetransfers bereitzustellen.

In der Regel existieren in einem Unternehmen zwei getrennte Rechnerumgebungen. Anhand von Abbildung 1 soll ein typisches Verfahren für die Ankoppelung an BS2000 dargestellt werden.

Die linke Seite der Abbildung stellt die prinzipielle Struktur eines Transdata-Netzes dar. Lokale Dialogstationen sind mittels des Siemens-eigenen Übertragungsprotokolls BAM (Bitorientierte asynchrone Mehrfachsteuerungs-Prozedur) über einen Vorrechner an den BS2000-Mainframe gekoppelt.

Entfernte Stationen werden über Konzentratoren wie MSF (Mehrfach-Steuerung Fern) oder DSR (Daten-Stations-Rechner) verknüpft und mittels der synchronen Übertragungsprozedur MSV1 (Multi Speed Variant), HDLC (High Level Data Link Control), oder mit Hilfe des Übertragungs-Protokolls X.25 über Modemstrecken beziehungsweise Datex-P an den Vorrechner angeschlossen. Hierbei werden Übertragungsraten von bis zu 64 Kbit/s erreicht.

Auf der rechten Seite der Abbildung befindet sich ein lokales PC-Netz, für das die Funktionen BS2000-Ankoppelung, 9750-Terminalemulation und Filetransfer bereitgestellt werden sollen. Da in bestehenden Transdata-Netzen für die zentrale BS2000-Anlage meist noch kein Netzanschluß zur Verfügung steht, muß eine Ankoppelung über die vorhandenen Kommunikationswege und die Siemens-Übertragungsprozeduren gewählt werden.

Dies ist keine triviale Aufgabe, da eine Lösung verlangt wird, die sämtliche NetzwerkTopologien (Stern, Ring, Bus) und die gängigen PC-Netzbetriebssysteme, wie Novell, Banyan Vines, MS-NET, Excelan Arcnet und 3COM-Share unterstützt. In Abbildung 2 wird gezeigt, wie dieses Problem angegangen werden kann. Ein vorhandener PC im Netz wird um eine Kommunikationskarte zum Anschluß an BAM, MSV1 HDLC oder X.25 erweitert. Dieser PC wird als Gateway zur BS2000 eingesetzt.

Öffnung von BS2000 zu ISO und TCP/IP-Protokollen

Hierzu muß auf dem Gateway-PC die LAN-Gateway-Software installiert werden, die die Anpassung an die von Siemens unterstützten Schnittstellen und Übertragungsprozeduren gewährleistet und sich auf Siemens-Seite wie ein Siemens-eigenes Kommunikationsgerät wie MSF verhält. Die Gateway-Software steuert parallel bis zu 32 BS2000-Applikationen, die von beliebigen PCs mit einer 9750-Terminalemulation und Filetransfer im Netz gestartet werden. Außerdem bietet sie die Möglichkeit, das Gateway zu administrieren .

So kann der Anwender beispielsweise eintragen, welche PCs zugelassen werden oder welche Ports für bestimmte PCs, die speziell ausgewählte Applikationen mit hoher Priorität bedienen sollen, zu reservieren sind. Eine Beschränkung der Anzahl der gleichzeitigen Sitzungen ist sinnvoll, um die Verbindungsstrecken vom Gateway in Richtung BS2000 nicht zu überlasten.

Bei mehr als 32 gleichzeitigen Sessions sollte eine zusätzliche Verbindung hergestellt werden.

Ein Gateway auf PC-Basis bietet gegenüber einer dedizierten Hardware die flexiblere und leichter zu installierende Lösung. Ändert sich beispielsweise die Anschlußart, braucht nur die Kommunikationskarte getauscht zu werden; wird die Koppelung an BS2000 nicht mehr benötigt, ist der PC wieder für andere Anwendungen nutzbar.

Einige Anwender haben inzwischen die berechtigte Forderung nach einer leistungsfähigen Lösung unter Verwendung von Standards aufgestellt. Die Öffnung von BS2000 hin zu ISO- und TCP/IP-Protokollen ist die Antwort. Der Effekt: einheitliches Protokoll für alle angeschlossenen Systeme, leistungsfähigere Datenübermittlung durch Unterstützung einer größeren Bandbreite, kein Funktions- oder Leistungsverlust durch Protokollanpassung im Gateway und gleichberechtigte Stationen.

Abbildung 3 zeigt, daß zur Herstellung der hardwaremäßigen Koppelung die Siemens-Anlage mit einem LAN-Kanal Adapter 9632 ausgestattet sein muß, der die Koppelung an ein Ethernet-Segment über ISO oder TCP/IP ermöglicht. Die ISO-Protokolle sind in der BS2000 Systemkomponente DCAM (Data Communication Access Method) ab Version V9.9 standardmäßig enthalten. Für eine Koppelung über TCP/IP wird auf der BS2000-Anlage die TCP/ IP-Version 2.1 von Siemens vorausgesetzt.

Räumliche Trennung der zu koppelnden Systeme kann es erforderlich machen, den LAN-Kanal-Adapter an ein eigenes Ethernet-Segment anzukoppeln. Die Verbindung dieses Segments mit dem PC-Netz kann dann leicht über ein Bridge-System durchgeführt werden.

Die Einordnung der entsprechenden Protokolle und der zur Verfügung stehenden Funktionen in das ISO/OSI-Schichtenmodell wird aus Abbildung 4 ersichtlich. Der Filetransfer kann direkt auf der ISO-Transport, Klasse 4 aufsetzen. Um das Siemens-Terminal zu emulieren hat Conware die Siemens NEA-Protokolle (Netzwerk Ein- und Ausgabe für Siemens Netzwerk-Architektur) entsprechend implementiert.

PCs emulieren das BS2000-Terminal

Um den PC-Benutzern den interaktiven Zugang zur Siemens-Welt zu öffnen, muß jeder PC ein Terminal der Geräteklasse 9750 vollständig nachbilden können, wofür eine 9750-Terminalemulation benötigt wird, die die Funktionen einer Siemens-Dialogstation unterstützt. Erst die Unterstützung weiterer Funktionen macht es sinnvoll, anstatt eines Siemens-Terminals einen PC einzusetzen. So sollte es möglich sein, jederzeit von der BS2000-Umgebung in den MS-DOS-Bereich umzuschalten. Wünschenswert ist auch eine API Programm-Schnittstelle (Application Program Interface) die den Zugriff etwa von C-Programmen auf die Emulation erlaubt.

Symmetrischer Filetransfer

Um Dateien zwischen den gekoppelten Systemen in beide Richtungen übertragen zu können, muß eine Software für das symmetrische Filetransfer-Paket eingesetzt werden. Über Standardfunktionen wie die Umsetzung von EBCDIC- in ASCII-Code und umgekehrt sind auch hier Zusatzfunktionen wünschenswert. Die automatische Folgeverarbeitung einer übertragenen Datei auf dem Zielsystem oder die Möglichkeit, Filetransfers automatisch mittels Batch-Datei oder von einem Unterprogramm aus ablaufen zu lassen, kämen hier in Fragen.

Alle Systeme, von oder zu denen ein Filetransfer durchgeführt werden soll, benötigen eine Filetransfer-Komponente. Die PC Komponente wird also durch ein Produkt auf der Siemens-BS2000-Anlage ergänzt.

Klaus Eppele ist Vertriebsleiter für Rechner- und LAN-Koppelung bei der Conware Computer Consulting GmbH, Karlsruhe.