Die Notebook-Oberschicht

09.02.2007
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Deutschland ist im Notebook-Rausch, und selbst am Desk sind mobile Rechner inzwischen top. Mit den Geräten verhält es sich jedoch wie mit den Autos auf der Straße: Wo man hinsieht, finden sich langweilige Durchschnittsmodelle aus deutschen Landen oder Asien - rasante Lichtblicke sind leider die Ausnahme. Die jüngsten Absatzrekorde von Premium-Herstellern wie Porsche kommen da nicht von ungefähr: Menschen, die sich ein vermeintliches Statussymbol leisten können, tun das inzwischen immer öfter. Es gilt, sich aus der breiten Masse abzuheben. Um jeden Preis. Vernunft ist hier kein Entscheidungskriterium mehr.

CeBIT-Planer

Längst nicht alle Hersteller von Notebooks sind in Hannover mit einem eigenen Stand oder bei Partnern vertreten. Garantiert fernbleiben werden Apple, Dell, Hewlett-Packard (HP), Lenovo und BenQ. Die drei letztgenannten Anbieter haben sich ohnehin dem vermeintlichen Massengeschmack verschrieben.

Aussteller:

  • Acer: Halle 25, D40 (Planet Reseller);

  • Alienware: auf Partnerständen;

  • Asus; Halle 2, A12

  • Flybook (HDE): Halle 1, A69;

  • Fujitsu-Siemens: Halle 1, G51;

  • Samsung: Halle 1, B41;

  • Sony: Halle 13, C25;

  • Toshiba: Halle 1, L59/L61;

  • Tulip: Halle 2, B20.

Da Porsche keine Notebooks anbietet, müssen andere Hersteller in die Bresche springen. Die gibt es durchaus, auch wenn sie oft im Grundrauschen der Masse untergehen. Automobilkonzerne aus dem Premium-Segment sind mit ihren Marken schon wesentlich tiefer in das kollektive Unterbewusstsein vorgedrungen: Ferrari bietet italienische Verlässlichkeit, sinnlose Kraft und brachiales Design zu einem unverschämten Preis. Trotzdem oder gerade deswegen hängen sich normale Menschen Strickschals und Fähnchen mit dem Ferrari-Logo ins Büro. Hier liegt noch ein weiter Weg vor Fujitsu-Siemens.

Die Münchner haben vergangenes Jahr immerhin den ersten Schritt mit ihrer Notebook-Serie "Lifebook Q" gewagt. Die Fakten des Modells 2010: DIN A4, 20 Millimeter flach, ein Kilogramm Gewicht. Die Geräte sehen nicht nur edel aus, sie fassen sich auch gut an. Ein UMTS/HSDPA-Chip ist integriert, falls gerade kein Wireless LAN in der Umgebung funkt. Wer keine Lust mehr hat, Emails am "Blackberry" zu schreiben, ist hier bestens aufgehoben. Exklusivität ist garantiert: Die Auflage ist begrenzt, und 4000 Euro müssen mindestens im Budget reserviert werden.

Acer hat die Premium-Herausforderung ebenfalls erkannt, aber eine fragwürdige Entscheidung getroffen: Die asiatische Firma mit dem absolut Glamour-freien Image nahm den Markennamen Ferrari in Lizenz und beklebte eine Notebook- sowie Display-Serie mit den Pferde-Logos. Allerdings scheinen die Italiener in puncto Lizenzierung nur einem Entscheidungskriterium zu folgen: Geld. Folglich sind die Gäule weltweit auf den unterschiedlichsten Produkten zu finden, was Acers Notebook-Serie etwas von der erhofften Exklusivität nimmt. Marken wie Bugatti oder De Tomaso wären sicher schöner gewesen, aber es geht ja schließlich um den Erfolg in einer Massennische.

Die Geräte der Ferrari-Reihe haben zwar einen technischen Vorsprung gegenüber der PC-Golf-Klasse, sind aber nicht spektakulär. Ein Aufkleber "Audi A6" wäre daher angemessener gewesen. Dass Acer auf der Website ein 115,4-Zoll-Display für die Notebooks anpreist, passt wiederum ganz gut nach Italien. Die Variante "Ferrari 5000" kostet laut Liste rund 3000 Euro, Abschläge bei Online-Händlern belaufen sich auf bis zu 20 Prozent. Das ist für die gebotene Leistung (15,4 Zoll, AMD Turion 64 X2, 2 GB Arbeitsspeicher) akzeptabel. Immerhin wurde ein modernes HD-DVD-Laufwerk verbaut, was allein schon nicht billig ist.

Konkurrent Asus setzt folgerichtig auf "Lamborghini" als Notebook-Zugpferd, wobei in diesem Fall eher vom Zugstier die Rede sein muss. Während sich die schwarz-roten Ferraris von AMD und ATI beliefern lassen, finden sich in den gelben oder schwarzen Lamborghinis Komponenten von Intel und Nvidia. Gravierende Unterschiede im Ausstattungsniveau sind nicht zu erkennen - ein wichtiges Kaufkriterium dürften folglich Design und Farbe, die Zulieferer der Komponenten sowie der Aufkleber sein.

Der Lichtblick: Neben den Boliden hat Asus einige Subnotebooks mit buntem Leder bespannt und die Kollektionen - wenig stylish - "S6F" (11,1 Zoll) beziehungsweise "W6FP" (13,3 Zoll) genannt. Nach ernsthaftem Business sehen die Geräte nicht aus, aber sie machen den Besitzer zum Sympathieträger. Für ein 11,1-Zoll-Handtaschenmodell müssen knapp 2000 Euro angelegt werden. Es bietet die Standardausstattung für Anwender, die nicht wissen, was eine CPU ist, und es im Grunde genommen auch nicht wissen wollen. Leider gibt es das warme Pink nicht mehr, ein echter Hingucker.

Optisch auffällig sind auch die Notebooks von Alienware, die aber in einer anderen Leistungsliga als Acer und Asus spielen. Ihre Rechner sind vor allem in Spielerkreisen bekannt. Die kompromisslose Performance der Systeme hat jedoch ihren Preis: Der mobile Rechner "Aurora mALX" wird auf der Website des Anbieters ab 3500 Euro angeboten. Mit einigen Klicks konfiguriert man das System auf über 4500 Euro. Dafür gibt es duale SLI-Grafikkarten mit bis zu 1 GB Grafikspeicher, Komponenten vom Schnellsten und zwei Festplatten mit insgesamt 320 GB Volumen, die sich als RAID 0 betreiben lassen. Die Notebooks brauchen sich in Benchmarks nicht vor Highend-Desktops verstecken. Müßig zu erwähnen, dass sie für den Einsatz von Windows Vista geeignet sind. Über ihr Design lässt sich indes streiten, denn Alien-Griffel am Gehäusedeckel sind in der Lufthansa-Senator-Lounge nicht unbedingt jedermanns Sache.

Zwei Drittel seiner in Deutschland verkauften Rechner seien inzwischen Notebooks, sagt Christian Wolff, hierzulande Marketing-Chef von Alienware. Lediglich vermeintliche Top-Extrem-Spieler könnten sich nur schwer gegen einen Desktop entscheiden. Hier herrscht noch der Kalte Krieg in den Köpfen der Protagonisten, der auf dem obsessiven Drang zur Aufrüstung der Systeme beruht. Angesichts der finanziellen Herausforderung, die der Kauf solcher Rechner mit sich bringt, ist die Zahl der jugendlichen Daddler mit Alienware-Computern relativ überschaubar. Wolff ficht das nicht an, denn "auch Spieler werden älter, und häufig spielen sie auch mit über 30 noch". Wie wahr. Das größte Problem in dieser gereiften Altersstufe dürfte daher sein, seinem Partner zu erklären, wieso ein Notebook "nur für Textverarbeitung und Surfen" so viel kostet wie ein repräsentatives Ledersofa aus Italien. Auch hier gilt der Grundsatz: Wer nach dem Preis fragen muss, kann es sich ohnehin nicht leisten.

Alienware leisten konnte sich Michael Dell, und zwar gleich den ganzen Laden. Auch der texanische Konzern wollte schließlich eine "richtige" Marke mit Kundenbindungspotenzial vorweisen. Dell hat gleichfalls eine High-end-Rechnerserie für Spieler im Sortiment, die auf den Familiennamen "XPS" hört. Ganz oben steht das Modell "M2010" zum Basispreis von 2900 Euro, wobei sich auch 4200 Euro in weniger als einer Minute zusammenklicken lassen. Allein von ihren Spezifikationen wirken die Renner der Tochterfirma überzeugender (kompromissloser), besonders im Grafikbereich. Hier bietet Dell kaum Auswahlmöglichkeiten. Dafür fühlt sich der texanische Desktop-Ersatz M2010 griffig an und kann die Tastatur ablegen, was dem Status des Besitzers in der Öffentlichkeit sicher nicht abträglich ist. Zudem hat das Gerät eine Bilddiagonale von 20,1 Zoll, umgerechnet 51 Zentimeter. Das muss man erst mal sacken lassen. In Künstler- und Architektenkreisen braucht man mit dem Gerät dennoch gar nicht erst aufzutauchen: Dell ist eben Dell.

Und Apple ist Apple. Das Unternehmen hat kein Image als Billigheimer, im Gegenteil. Mit einem "Macbook Pro" kann man sich eigentlich überall blicken lassen. Da das Angebot an Computerspielen für Macs begrenzt ist, fällt der Verzicht auf die ultimative Tech-Ausstattung zudem leicht. Die gibt es bei Apple auch nicht: 17-Zoll-Bildschirm, Intel-Prozessoren, ordentliche Festplatten, nette Software und ein bisschen technisches Chichi. Dafür kauft man sich in einen vermeintlich illustren Nutzerkreis ein und erhält zudem die Möglichkeit, in schwachen Momenten über Microsoft und seine Steigbügelhalter in der Hardwareszene zu lästern. Knapp 2800 Euro muss man bei Apple für ein großes Macbook Pro auf den Tisch blättern. Der Preis spielt ähnlich wie die gebotene Leistung in der gehobenen Mittelklasse. Dafür wird niemand - bei klarem Verstand - das Design des Rechners kritisieren.

In Apples Revier wildert nicht unerfolgreich der japanische Konzern Sony mit seinen "Vaio"-Modellen. Sie sind ebenfalls optisch sehr gefällig und bieten ausgewogene Technik. Vergangenes Jahr hat der Konzern zudem an der Preisschraube gedreht, so dass die Zusatzkosten gegenüber einem äußerlich traditionell gehaltenen Notebook guten Gewissens zu vertreten sind. Samsung hingegen gibt sich ebenfalls Mühe mit dem Design, kann aber in der Leistung nicht immer mithalten. Grund ist, dass die Koreaner gleichzeitig an ihrem Image als "kostengünstiger" Anbieter feilen - einen Tod muss man sterben.

Deutlich kleiner, aber auch teurer sind die IT-Schmuckstücke des italienisch-asiatischen Herstellers Holbe Dialogue, die unter dem Markennamen "Flybook" bekannt sind. Das Unternehmen stellt dieses Jahr in Hannover vermutlich das neue Sub-Subnotebook "V5" vor, von dem bis Redaktionsschluss nur wenige Features bekannt waren. Die bislang verfügbaren Geräte sind hübsch aufbereitet, technisch ansprechend ausgestattet (etwa optional mit einem HSDPA-Funkmodul) und kosten in einer akzeptablen Ausbaustufe ab 2000 Euro. Flybook hatte zur CeBIT 2006 eine halbe Hundertschaft Models eingeflogen und über den Catwalk in Halle 1 flanieren lassen. Das Interesse an den Spielzeugen war dementsprechend groß.

Abgerundet wird das Feld durch das "Portégé R400" von Toshiba, einem ganz auf die Funktionen von Vista Ultimate zugeschnittenen Gerät. Über die "Active Notifications" des Betriebssystems lassen sich E-Mails und Nachrichten auch im abgeschalteten Zustand empfangen. Ein kleines "Edge-Display" mit OLED-Technik an der Schmalseite informiert den Träger über neue Post - Vorsprung durch Technik! Inoffiziell soll der Preis bei 3000 bis 3500 Euro liegen. Die Ausstattung ist Premium, und schön (weiß) ist das Notebook, das sich zudem als Tablet-PC verwenden lässt, auch noch.

Leider nicht in Deutschland erhältlich (nur über den Online-Shop www.expansys.de) sind Ultra-Mobile-PCs aus dem Hause OQO. Die älteren Generationen der Winzlinge kosten dort ab 1200 Euro, mit dem passenden Zubehör steigt man jedoch schnell in höhere Regionen auf. Brandneu ist OQOs "Model 2", mit dem Bill Gates im Januar die Messe CES in Las Vegas eröffnete. Das knapp 500 Gramm leichte Gerät gilt als der kleinste Windows-Vista-PC der Welt. Die Festplatte umfasst 60 GB, der Arbeitsspeicher 1 GB, und der Prozessor ist von Via. Neben dem Betrieb mit Touchscreen und Stift kann auch eine Tastatur herausgeschoben werden. Die Preise in der Alten Welt dürften ab 1500 Euro beginnen, nach oben ist viel Luft.

Einen preislichen Spitzenplatz nehmen portable Computer der niederländischen Firma Tulip ein. Deren Edel-Notebook-Marke "Ego" bietet hübsche und handliche Mobilrechner (12,1 Zoll) mit verschiedenen Bezügen an, Default ist Alcantara. Als technische Details meldet der Hersteller auf der Homepage, dass ein USB-Stick sowie Kabel zur Stromversorgung im Basispreis des Rechners von knapp 4000 Euro enthalten sind - umgerechnet ein Jahr Hartz IV. Der Informationsgehalt ist klar auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten. Egos Miniserie "Otazu Diamond" ist mit Leder bespannt und Edelsteinen verziert - preislich dürfte bei diesem Modell mit einem Aufschlag kalkuliert werden. Nach exklusiven Ausstellungen wie etwa der "Millionaire Fair" in Cannes kommt das Unternehmen auch wieder auf die CeBIT. Die Messe in Hannover gilt bei vielen inzwischen ja auch schon als eine Art Luxus.

Die interessantesten Notebooks stammen allerdings vom Non-Profit-Projekt "One Laptop Per Child" (OLPC; www.laptop.org), an dessen Spitze Nicholas Negroponte steht. Seine kleinen Geräte, auch als "100-Dollar-Laptops" bekannt, sollen in Schwellen- und Entwicklungsländer an Kinder verteilt werden, um die schulische Erziehung zu unterstützen und so die digitale Kluft zu überbrücken. OLPC-Rechner laufen unter Linux, haben nur einen Flash-Speicher, verfügen aber über WLAN-Funkmodule, mit denen sich Ad-hoc-Netze spannen lassen. Sie werden lediglich an Regierungen abgegeben, um den Notebook-Markt in den Industrienationen nicht zu ruinieren. Beste Features neben der guten Idee sind das peppige Design, der Preis sowie bei einigen Modelle die Handkurbel zur Stromerzeugung. (ajf)