Die neuen Spielregeln der Arbeit

13.03.2006
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Ambivalente Nachrichten vom IT-Arbeitsmarkt: Die Firmen stellen zwar wieder ein, fordern aber mehr Einsatz von den Mitarbeitern, ohne ihnen eine sichere Perspektive bieten zu können.

Gestiegene Umsätze sind nicht immer ein Garant für viele neue Arbeitsplätze. So erwirtschaftete die deutsche IT- und TK-Branche im vergangenen Jahr mit 137,4 Milliarden Euro um 2,4 Prozent mehr als 2004, schuf umgerechnet aber nur 4000 zusätzliche Arbeitsplätze. Damit blieben die Unternehmen weit hinter den Erwartungen ihres Branchenverbandes Bitkom zurück, der 10 000 neue Stellen vorhergesagt hatte. Auf der CeBIT erklärte Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms diese Kluft mit dem anhaltenden Stellenabbau in den Sparten Hardware und Festnetz. Mit Prognosen ist der Bitkom darum vorsichtig geworden, so rechnet Harms in diesem Jahr mit keinen zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Hier lesen Sie...

  • wo in der IT-Branche die meisten neuen Arbeitsplätze entstehen;

  • wie sich die Arbeitsbedingungen für IT-Profis verändern;

  • welche IT-Jobs mittelfristig eine Perspektive haben und welche eher in Billiglohnländer verlagert werden.

Berater suchen im großen Stil

Noch suchen vor allem Softwarehäuser und IT-Dienstleister Personal im großen Stil. Accenture will in diesem Jahr 1000 neue Mitarbeiter, darunter 750 Hochschulabsolventen, an Bord holen, bei Capgemini sind es 500 neue Berater, IT-Dienstleister Computacenter hat 150 Vakanzen. Allerdings haben viele Beratungen auch eine hohe Fluktuation. Oft verlassen die Mitarbeiter nach drei bis vier Jahren das Unternehmen wieder, weil sie entweder die hohen Anforderungen nicht erfüllen können oder im Beraterdasein mit hoher Arbeitsbelastung und ständigem Reisen keine Perspektive für sich sehen.

Microsoft-Personalchef Rom de Vries: "Die Erwartung, 20 Jahre für ein Unternehmen arbeiten zu können, ist nicht mehr realistisch."
Microsoft-Personalchef Rom de Vries: "Die Erwartung, 20 Jahre für ein Unternehmen arbeiten zu können, ist nicht mehr realistisch."

Die Hoffnung auf langfristige, sichere Arbeitsplätze mag die Branche trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht wecken. Microsoft-Personalchef Rom de Vries sagte bei der Diskussion über die "Zukunft der Arbeit" auf dem CeBIT-Karrierezentrum der COMPUTERWOCHE: "Die Erwartung, 20 Jahre bei einer Firma arbeiten zu können, ist nicht mehr realistisch." Nicht nur vom Streben nach Sicherheit müssen sich IT-Profis in Zukunft verabschieden. Die Unternehmen erwarten deutlich mehr Flexibilität von ihrer Belegschaft, etwa was Arbeitszeit und -orte betrifft. Wenn es das Projekt beziehungsweise der Kunde fordert, sollten IT-Profis auch am Wochenende arbeiten können, so die Forderung. SAP-Personalvorstand Claus Heinrich kritisierte die veralteten Gesetze: "Wir brauchen mehr Ausnahmegesetze. Während Spargelstecher am Wochenende arbeiten dürfen, ist es für Berater nicht erlaubt."

Offen für neue Einsatzfelder sein

Für HP-Geschäftsführerin Regine Stachelhaus ist es selbstverständlich, dass die Mitarbeiter sich selbst ihre Chancen suchen: "Wer auch in Zukunft Jobchancen haben will, darf nicht auf seiner Grundausbildung sitzen bleiben, sondern muss ständig dazulernen." HP versuche immer wieder, Mitarbeiter in Bereiche zu bringen, die nicht ihrer Ausbildung entsprächen. Die gelernte Juristin hat selbst vor Jahren den Wechsel in den Vertrieb gewagt und leitet heute die HP-Sparte Drucker und Bildbearbeitung in Deutschland.